von Tobi Dahmen
schwarzweiß mit Farbcover
Schon seit einiger Zeit erfrischen junge deutsche Comiczeichner die
hiesige Comicproduktion mit ihren autobiographischen Geschichten, die
nicht nur innerhalb der Szene gut ankommen, sondern auch ihren Weg ins
Feuilleton gefunden haben. Der Düsseldorfer Zeichner Tobi Dahmen, der als einer der kreativen Köpfe des renommierten und preisgekrönten Magazins "Herrensahne"
gilt, hat nun seinerseits seine gesammelten autobiographischen Comics
1999-2007 unter dem Titel "Sperrbezirk" beim Verlag Schwarzer Turm
verlegt. Damit beweist erneut ein deutscher Zeichner, dass dem Subgenre
der Autobiographie noch viele Facetten abgerungen werden können.
Tobi Dahmen schildert kleine Episoden und Anekdoten aus dem
eigenen Leben. Doch dabei zerkleinert er nicht tagebuchartig den
Alltag, sondern er sucht sich exemplarisch Geschichten heraus, die sein
Leben bestimmten. Und als Comiczeichner hat er es da nicht so einfach.
Er muss sich zunächst eine Figur ausdenken, die ihn im Comic darstellt.
Dann müssen die Geschichten so geschrieben sein, dass sie zu der Figur
passen und dass sie den Leser in den Bann ziehen.
Wovon erzählt also der Comiczeichner? Er erzählt Geschichten aus der
Kindheit, die ersten Discobesuche und er erzählt über die erste, die
ganz große Liebe. Das Leben in den Comics ist nicht so fern, wie es
scheinen mag. Es ist direkt und trifft den Leser unvermittelt. Es ist
manchmal lustig, manchmal albern und hin und wieder zutiefst traurig.
Der Comic hält das Leben fest. Zwischen den Panels weht der Hauch der
Vergänglichkeit.
Und im besten Fall berühren die Comicgeschichten, nehmen einen mit in
die eigene Vergangenheit, und mit einem Mal ist man mitten drin und
diese Comicfigur ist mehr als nur ein Comic, sie lebt noch einmal vor,
was man selbst schon fast vergessen hatte. Auch "Sperrbezirk" von Tobi Dahmen nimmt
einen noch einmal mit zurück. Mal charmant, mal bösartig betrachtet er
seine Umwelt. Dabei ist er ein sehr genauer Beobachter, der den
Jugendkulturen gerne einmal auf das Maul schaut.
In klaren, vom französischen Funny-Comic geprägten Bildern erzählt er,
wie er das Leben sah und wie das Leben ihn sah. Er erzählt vom
Aufwachsen, Heranwachsen und vom Erwachsenwerden. Tobi Dahmen schildert
prägnant ein Leben zwischen cool und uncool, zwischen zärtlich und
einsam und vor allem schildert er sein Leben so, wie er es erlebt hat –
mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge. Und damit zeigt er,
dass autobiographischen Erzählungen im Comic weit über den Alltag
hinausreichen und etwas Allgemeingültiges erzählen können, worin sich
jeder wiederfindet, der auch einmal jung war.
Klaus Schikowski
Zur Person
Tobi Dahmen wurde 1971 in Frankfurt am Main geboren und wuchs in
der Kleinstadt Wesel am Niederrhein auf. Für sein Studium der
Visuellen*Kommunikation zog er 1991 nach Düsseldorf, machte 1997 sein
Diplom mit einem illustrierten Buch zu einem Text von Jack Kerouac
und*arbeitet seitdem als Illustrator und Comiczeichner.
1999 gründet er mit befreundeten Zeichnern das Comicmagazin
"Herrensahne", das später den ICOM-Preis für das beste Fanzine gewinnt.
Bisherige Veröffentlichungen finden sich in diversen Zeitschriften
und*"Herrensahne" auch in "Panik Elektro" 2-5, "Hurengeschichten"
(letztere*beide beim Verlag Schwarzer Turm) und seinem Album "Scoot
Riders" im*Motoretta Verlag. Zur Zeit arbeitet er an seinem
Sixties-Subkultur-Epos "Fahrradmod".
|