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Comic-Besprechung - Thor 8: The Siege - Die Belagerung

Geschichten:

Ragnarök Teil 1 - 3
Autor: Kieron Gillen; Zeichner: Richard Elson, Billy Tan; Tuscher: Matt Banning, Richard Elson; Farben: Paul Mounts, Christina Strain, Matt Hollingsworth, June Chung

Ich bin Lady Sif
Autor: Kelly Sue Deconnick; Zeichner: Ryan David Stegman; Tuscher: Victor Olazaba, Tom Palmer jr.; Farben: Juan Doe




Story:

Die Belagerung trifft die Asen vollkommen unvorbereitet, denn der allsehende Heimdall wird in seinem Turmzimmer von dem hinterlistigen Loki eingesperrt. Kurzerhand ist die Schlacht im vollen Gange und die Götter sehen sich den Schergen Osborns gegenüber. Währenddessen hat sich Volstagg, der als Sündenbock Osborns für den Angriff herhalten musste, freiwillig in Polizeigewahrsam begeben, wird aber von den Polizisten, die an seine Unschuld glauben, wieder auf freien Fuss gesetzt. Unter Umständen keine so gute Idee, denn kaum streckt Volstagg die Nase raus, wird er von dem Thor-Klon Ragnarök angegriffen. Einer ganz andere Mission hat sich Kelda verschrieben. Sie muss den Eltern Bills die Nachricht von dessen Tod bringen. Aber der Sturz Asgards bringt sie wieder zurück zu den Ereignissen von The Siege.

Im One-Shot kämpft die Kriegerin Sif mit ihren inneren Dämonen und ihren Erinnerungen an die Gefangenschaft ihrer Seele, während Loki ihren Körper raubte. Noch in ihre trübsinnigen Grübeleien versunken, sucht Beta Ray Bill sie auf und bittet sie sein Schiff Skuttlebutt von einer Horde untoter Piraten zu befreien. Sif muss sich ihren Ängsten stellen, denn die Piraten infizieren ihre Opfer und versklaven deren Körper.



Meinung:

"Se Sietsch" – Die Belagerung rückt stundenweise an Asgard heran und dreht die heile Götterwelt durch den Schredder des Großereignisses und erneuten Mega-Crossovers. So langsam wird einem klar, warum J. Michael Straczynski da nicht mitmachen wollte. Weder kann groß eine Geschichte erzählt werden, die spielt sich nämlich in The Siege 1 - 4 ab, noch hat die titelgebende Figur viel Präsenz in Thor 8: The Siege - Die Belagerung.

Muss aber nichts Schlechtes sein, wenn auch die Nebendarsteller mal prominenter auf der Bühne vertreten sind. Wenn man nur nicht die ganze Zeit meinen würde, dass wirklich bedeutende Ereignis spielte sich ganz woanders ab. Im Wesentlichen bestreiten drei Figuren die aktuelle Nummer. Da wäre einmal Balder mitsamt seinem Gefolge, der sich Osborns Truppen, allen voran der Wrecking Crew um The Hood, stellt. Als nächstes kommt Kelda, die immer noch um ihren geliebten Bill trauert und jetzt bei dessen Eltern Abbitte leisten will. Doch auch hier kommen ihr die Soldaten von Hammer in die Quere. Und schließlich dreht sich eine in jedweder Beziehung große Portion der Geschichte um Volstagg, der als Sündenbock für Osborn herhalten musste, damit Norman Osborn die Heimstatt der Götter angreifen durfte.

Die anrührendste Geschichte, jedenfalls zu Beginn, ist diejenige Volstaggs, der gar nicht so recht weiß, wie ihm geschieht. Mit seiner Körperfülle eher für den tapsigen und behäbigen Charakter der Serie geeignet, der nicht schnell von Begriff ist, bemüht er sich auf beinahe schon kindlich naive Art um eine Deeskalation. Er stellt sich nach dem Vorfall in Chicago den örtlichen Gesetzeshütern von Broxton und lässt sich von diesen sogar in eine Zelle sperren. Aber einem illegalen Krieg ist mit solchen legalen Mitteln nun mal nicht beizukommen, was auch die Gesetzeshüter selbst erkennen und Volstagg bei der Wiederherstellung seines Rufes behilflich sind. Kaum auf freiem Fuß muss er sich jedoch dem Thor-Klon Ragnarök stellen mit dem er sich bis zum Ende des Bandes zofft.

Die Interaktion zwischen Volstagg und den Cops von Broxton ist amüsant anzuschauen und lebt natürlich von dem Gegensatz allmächtiger Gott/irdische Gewalt. In seiner Einzelzelle verbiegt Volstagg sogar die Gitter, um besser mit dem Officer sprechen zu können und biegt sie dann ganz verlegen wieder zurecht, nachdem ihn jener darauf hinweist, dass er das Gitter beschädigt. So leichtgängig hätte eigentlich die ganze Episode laufen können, aber vielleicht wollte Autor Kieron Gillen den Ernst des Anlasses nicht zu sehr untergraben. Eigentlich Schade, denn von der Belagerung selbst bekommt man ohnehin lediglich den Beginn, etwas von der Schlacht und schließlich schon den Sturz Asgards mit. Beinahe schon im Zeitraffer.

Das Geschehen um Kelda ist vollkommen losgelöst vom Ganzen und wird eher gewaltsam wieder auf die Ereignisse zurückgeführt, indem sie am Ende ihres Besuches von Soldaten angegriffen wird. Viel mehr passiert nicht und es ist hauptsächlich allein der Fakt interessant, dass Kelda bereit ist zu Bills Eltern zu gehen, um ihnen die traurige  Nachricht vom Tod ihres Sohnes zu überbringen. Ebenso wie bereits bei der Erzählung um Volstagg (und überhaupt bei der Serie) sind die Begegnungen zwischen den Göttern und den (fast) unsterblichen Asen die interessantesten und aufschlussreichsten, weil dort zwei gänzlich verschiedene Vorstellungen aufeinanderprallen und viel Charakterentwicklung entsteht. Dieser Aspekt fehlt der Episode um Kelda, da mittendrin die Untergebenen Osborns auftauchen. Daraus hätte sonst viel mehr werden können, denn zwischen Kelda und Bills Eltern wurden durchaus ausbaufähige Themen angesprochen. Einmal natürlich die Liebe zwischen Sterblichen und Unsterblichen, aber auch der Aufeinanderprall von unterschiedlichen Glaubensrichtungen und die Angst vor dem Fremden. Die Auflösung ist dem Autor aber lediglich knappe zwei Panel und einen billigen Actionaufguss wert, der die Handlung nicht im Mindesten voranbringt oder bereichert, womit viel verschenkt wird.

Wenig hilfreich sind in diesem Part die sterilen Zeichnungen von Richard Elson (2000 AD; Sonic the Comic), die so gut wie keine Emotionen transportieren. Nach Trauer sehen die Gesichter der Beteiligten jedenfalls nicht aus. Kelda gewänne aber dafür mit ihrem neutralen Gesichtsausdruck jedes Pokerturnier mit Leichtigkeit. Und ihre Kleidung posaunt ihre Trauer auch nicht gerade in die Welt. Ein grellweißes Kleid, mit einem Ausschnitt, wie Kylie Minogue in ihrem Musikvideo Can’t Get You Out Of My Head und um die Schenkel so luftig wie Maryline Monroes Garderobe in einer ihrer bekanntesten Szenen. Auch farblich können die von ihm dargestellten Seiten nicht überzeugen, was jedoch nicht Elson anzukreiden ist. Sie wirken wie ausgewaschen, an manchen Stellen merkwürdig blass und kontrastlos.

Übrigens ein weiterer Grund, warum die ersten drei Kapitel von Thor 8 etwas lose zusammengefügt und an The Siege rangeklatscht wirken, sind die Zeichnerwechsel. Die Ereignisse um Volstagg und ein Teil des Geschehens, welches Balder und die Asen erleben, werden von Billy Tan illustriert, während für den anderen Part besagter Richard Elson übernimmt. Hätte vermutlich besser funktioniert, wenn jede der Handlungsebenen einen eigenen Zeichner zugewiesen bekommen hätte. So jedoch wird es recht uneinheitlich und lässt die ersten drei Kapitel noch mehr zusammengeschustert wirken.

Aber vergessen wir nicht den Erzählstrang mit Balder, Tyr, Heimdall und Co. Noch am nächsten dran an dem Ereignis The Siege, fehlt dem Ganzen die Dringlichkeit, die man von so einer epochalen Schlacht erwarten könnte. Tyr ist ob einer Prophezeiung, er werde zusammen mit Asgard fallen, etwas aus dem Konzept gebracht und Heimdall brütet immer noch darüber, dass Loki ihn in seinem Turm gefangen nahm. Balder bleibt, wie immer in letzter Zeit, etwas blass und zum Schluss steht dann die Konfrontation mit Loki, die, wenn man dem Nachwort glauben darf, eine faszinierende Charakterentwicklung krönt. Wenn aus Loki irgendwie eine Art traurige Witzfigur im Stile eines Sisyphos werden sollte, dann mag das vielleicht noch zutreffen. Sein Verhalten erinnert ein wenig an eine Episode aus Loriot, als dieser in einem Raum ein schief hängendes Bild gerade rücken will und dadurch eine Kettenreaktion auslöst, die das gesamte Zimmer in Schutt und Asche legt.

Für eine Krönung reicht es nicht gerade aus, einfach einen der Aspekte aus der fantastischen Mini-Serie Loki von Robert Rodis und Esad Ribic herauszugreifen, nämlich den des ewigen Kreislaufs der Umtriebe der Götter. „Ich bin der Gott der List. (...). Ebenso wenig kann Loki es lassen Loki zu sein.“, um den Asen einmal direkt zu zitieren. Bitte was? Das ist die Erklärung für sein Verhalten? „Ich bin nur ein Mädchen und kann halt nicht anders als ein Mädchen sein. Ich habe das alles nicht kommen sehen Balder. Tihihi!“ Damit wird ja sogar noch nicht mal an die Mini-Serie Loki angeknüpft, sondern diese von innen nach außen gestülpt. Offizieller Marvel-Kanon war die von Rodis geschriebene Serie wohl nicht, aber dort ging es im Wesentlichen um die langsam reifende Erkenntnis Lokis, in welch ewigen Kreislauf er mit seinem Halbbruder Thor gefangen war und dass sein Schicksal für immer festgemeißelt schien (wobei dieser Gedanke im Grunde schon von Alan Moore geklaut war; Top 10 lässt grüßen). Aus diesem Kreislauf wollte er schließlich ausbrechen, seine Emanzipation war das eigentlich charakterbildende Moment, was dann letztlich aber alles von Thor wieder zunichte gemacht wurde. Und jetzt will sich Loki mit dem Verweis auf sein ewiges Schicksal rausreden? Das kann nicht Ernst gemeint sein und wirkt altbacken.

Den Maßstab der Mini-Serie erfüllt Kieron Gillen damit schon mal gar nicht. Vielleicht muss man ja The Siege – Die Helden von Siege gelesen haben, um Loki zu verstehen. Auf diese Art wie in Thor 8 will der Schuh jedoch nicht passen. Ein anderer Schuh, der ebenfalls etwas drückt, ist das Vorhandensein von Nornensteinen auf der Gegenseite. Namentlich The Hood nutzt derlei, nachdem er sie von Loki (der schon wieder) überreicht bekam. Es stecken anscheinend Kräfte in ihnen, die vorwiegend den Autor verwirrten. Die Verteidiger Asgards müssen immer mehr Opfer beklagen und weiter zurückweichen, denn die Macht der Nornen, so einer der Asen, macht die Gegner fast unbesiegbar. Das muss auch Tyr zu spüren bekommen, als er The Hood die Steine wieder abjagen will und man schon glaubt, die Prophezeiung seines Ablebens erfülle sich jetzt. So weit, so gut, wenn Balder nicht, als Asgard schon gefallen ist, plötzlich ein Lichtshow veranstaltet und The Hood erklärt, seine geraubte Magie sei von keinem Nutzen und dies sogar unter Beweis stellt. Und nochmals: Bitte was? Nimmt man dann noch den Eiertanz im Umgang mit Loki hinzu, weiß man gar nicht mehr, was man von all dem halten soll.

Unfreiwillig komisch ist auch der Sentry. Während sich die Asen über das weitere Vorgehen wegen Loki in den Köppen haben (ja, sie haben anscheinend viel Zeit), Asgard komplett in Trümmern liegt und auch bereits den Boden Oklahomas geküsst hat, haut der „Held“ im Hintergrund immer noch auf irgendwelche bedeutungslosen Trümmer ein. Dem Mann muss echt geholfen werden.

Konsistenz bringt zum Schluss der One-Shot mit Sif in der Hauptrolle. Ein Autor, ein Zeichner, fast schon old school. Die Geschichte ist nichts weltbewegendes, aber es ist eine wahre Freude BETA RAY BILL mit seinem denkenden Schiff Skuttlebutt mal wiederzusehen. Allerdings heißt der One-Shot nun einmal Sif und nicht Beta Ray Bill, weshalb dieser lediglich mit seiner Begleiterin im Hintergrund agiert, während die Göttin das Raumschiff von einem biomechanischen Virus befreien muss, nachdem es von untoten Piraten infiziert wurde. Es soll also nicht heißen, man bekäme nichts geboten. Für Sif gehen mit der Rettungsaktion ungute Erinnerungen einher, denn die Piraten versuchen ihren Körper dem untoten Kollektiv einzuverleiben. Blöd nur, dass Sif da noch ein Trauma an der Backe kleben hat, da Loki einst ihre Seele gefangen nahm und ihren Körper raubte. Ist alles keine große Charakterstudie. Die Action ist stimmig, die Zeichnungen von Ryan David Stegman sind gut und alles liest sich flott weg, auch wenn das Ende etwas abrupt kommt. Kelly Sue Deconnick (übrigens Ehefrau von Iron Man-Autor Matt Fraction) kann nicht viel falsch machen mit der kleinen Nummer. Ein guter Snack, nicht mehr, nicht weniger.

Traurig wie es ist, wird die Serie ihr momentanes Tief erst wieder überwinden können, wenn The Siege endlich vorbei ist. Von einem Ereignis, welches die Götterstadt Asgard im Mittelpunkt hat, hätte man sich aber viel mehr erhoffen können. Da hat es der Green Lantern Sonderband 21 zumindest etwas besser gemacht. Zwar waren dort die inhaltlichen Brüche schon sehr frech, aber immerhin hat man dafür packende Momente mitverfolgen können, die wesentliche Auswirkungen auf die Hauptserie hatten. Mag sein, dass das Finale im nächsten Thor Nummero 9 wieder Besserung bringt, aber allein dieser Band zeugt schon von den verpassten Möglichkeiten.



Fazit:

Thor 8: The Siege - Die Belagerung funktioniert hauptsächlich als Werbeheftchen für The Siege. Alle Nase lang hat man das Gefühl, dass die wirklich wichtigen Ereignisse woanders stattfinden und man lieber die Serie des Mega-Events verfolgen sollte. Der sympathische Volstagg und der One-Shot zu Sif machen einiges wett, kommen gegen den abwärts zeigenden Trend der inhaltlichen Qualität aber nicht an.




Thor 8: The Siege - Die Belagerung - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Thor 8: The Siege - Die Belagerung

Autor der Besprechung:
Alexander Smolan

Verlag:
Marvel Deutschland

Preis:
€ 12,95

ISBN 10:
4-197815912959

100 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Volstaggs Humor
  • Beta Ray Bill und Lady Sif
  • das Oneshot ist besser als der Rest
Negativ aufgefallen
  • die wichtigen Sachen passieren woanders
  • uneinheitliches zeichnerisches Bild (ausgenommen Sif Oneshot)
  • Episoden teilweise nichtssagend und von Logikfehlern geprägt
  • Verhalten von und gegenüber Loki albern
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
Bewertung
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Rezension vom: 12.02.2011
Kategorie: Thor
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