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Comic-Besprechung - Das Klagelied des Meeres

Geschichten:
Das Klagelied des Meeres (El Lamento del Oceano)
Autorin, Zeichnerin und Coloristin: Victoria Frances


Story:
Auf dem Schiff ist die Pest ausgebrochen und nach dem Tode seines Vaters muss der junge Zachary an sich selber die ersten Symptome feststellen. Anstatt elendig an der Krankheit zugrundezugehen, entschließt er sich dazu, sich in das Meer zu stürzen. Doch eine Meerjungfrau rettet ihn. Der Beginn einer tragischen Liebe.

Meinung:
Das Klagelied des Meeres ist kein Comic. Was so manche enttäuschen dürfte, denn viele werden wohl mal sehnlichst einen reinrassigen Comic von der jungen spanischen Zeichnerin Victoria Frances erwarten. Frances ist ein wahrer Shootingstar und trotz ihrer jungen Jahre schon fest etabliert. Vor allem in der Gothic- und Fantasyszene. Erst letztes Jahr wurde ihr Schaffen durch einen dickleibigen Band, Favole, von Cross Cult gewürdigt, der ihre Illustrationen und Zeichnungen an die breite Öffentlichkeit brachte. So erstaunt es weniger, das auch das neue Werk der Spanierin bei demselben Verlag erscheint. Wie schon gesagt, es ist kein Comic, sondern vielmehr ein illustriertes Märchen.

Dabei erzählt Frances auch nicht originär. Sie hat vielmehr eine Hommage geschaffen. Weder erzählt sie alles komplett neu, noch illustriert sie ein fremdes Werk, sondern modelt das bekannte Märchen von der kleinen Meerjungfrau um. Hans Christian Andersen liefert nur die Vorlage, die Grundlage auf der Frances ihre eigene thematische Gewichtung vornimmt. Zudem verweigert sie sich auch allen Änderungen, die der Stoff im Laufe der vielen Jahre durchmachen musste. So hat ihre Version keine pädagogischen Absichten und ignoriert auch alle Kitsch- und Verniedlichungsaspekte der Disneyversion, insbesondere der Verfilmung, sondern setzt den  thematischen Schwerpunkt auf ihre individuellen Vorlieben. Letzteres gibt sie selber im Nachwort an. Ihr ist die tragische, bedingungslose Liebe wichtiger als die moralinsauren pädagogischen Inhalte, welche schon Andersen weniger interessierte. Stattdessen liegt der Hauptaugenmerkt auf der Liebe, welche Schranken überwindet. Seien es nun die der sozialen Schichten, der Hautfarbe, der Kulturen oder der Rassen. Letzteres ist ein böses Wort, aber in dem Märchen geht es schließlich um die Liebe zwischen einer Meerjungfrau und einem Menschen. Also kann man es bedenkenlos verwenden. Zum Glück verlässt die Autorin nie das Märchenhafte und so kommt kein pädagogischer Zeigefinger vor und auch keine sonstige Botschaft.

Was dem Märchen gut tut, den so ist es voller morbider, poetischer Schönheit. Manchmal geht es zwar haarscharf am Kitsch vorbei, aber der bewusst roh gehaltene Stil mancher Zeichnungen verhindert ein solches abgleiten. Die Differenzen überwindende Liebe ist voll romantischer Tragik und man ist versucht anzunehmen, dass die eigentliche Erzählung einige Jahre schon auf dem Buckel hat. So sehr ähneln der Tonfall und die Sprache derjenigen der Romantiker. Zumindest hätte Frances wohl gerne in jener kulturellen Zeit gelebt.

Die Illustrationen sind sehr schön geraten, wobei nicht alles gelungen ist. Manchmal sind die Hände überdimensional groß geraten und die Proportionen stimmen dann nicht. Alle kolorierten Zeichnungen haben ein schön düsteres Ambiente, was allein durch die Farbe geschaffen wird. Dagegen wirken die in Bleistift gehaltenen Zeichnungen sehr roh, was beabsichtigt ist, obwohl es manchmal dem Inhalt widerspricht. Interessanterweise sieht man dann oft die Arbeitslinien, das Rendering. Etwa die eingezeichneten Blickachsen, die Perspektivuntersuchung, etc. Das bricht die Stimmung unnötig auf, gewährt aber einen Blick in den Arbeitsprozess und gibt dem ganzen etwas unfertiges, was wieder zu der tragischen Liebe passt, die niemals endet. Der junge Held ist etwas zu androgyn ausgefallen, aber gerade die Meerjungfrau ist überwältigend und Frances kann in deren Blick so viel legen, das schon keine Worte mehr nötig sind, um ihre jeweilige Stimmung wiederzugeben. Bezaubernd, wenngleich nicht überwältigend.

Fazit:
Shootingstar Victoria Frances legt keinen Comic vor, sondern ein illustriertes Märchen, wobei sie die klassische Geschichte von Andersen interpretiert. Dennoch ist sie nicht modern, sondern voll düsterer Poesie, die direkt der Romantik hätte entspringen können. Die Zeichnungen wirken manchmal erstaunlich unfertig, was faszinierend ist, aber die Stimmung aufbricht.


Das Klagelied des Meeres - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Das Klagelied des Meeres

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Cross Cult

Preis:
€ 16,80

ISBN 10:
3864250692

ISBN 13:
978-3864250699

64 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • eigene Schwerpunkte
  • schöne Zeichnungen
  • gute Kolorierung
  • manchmal rohe Zeichnen
Negativ aufgefallen
  • manchmal rohe Zeichnungen
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Rezension vom: 05.08.2013
Kategorie: Rezensionen
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