Optionen und weiterführende Links



In der Datenbank befinden sich derzeit 18.249 Rezensionen. Alle Rezensionen anzeigen...

Comic-Besprechung - Kongo - Joseph Conrads Reise ins Herz der Finsternis

Geschichten:
„Joseph Conrads Reise ins Herz der Finsternis“
Text: Christian Perrissin
Zeichnung: Tom Tirabosco

Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet "Jener weiße Fleck". So beschreibt Joseph Conrad zurückblickend im Jahre 1912 den Reiz, den der Kongo auf ihn ausübte. Knapp 20 Jahr zuvor verpflichtet sich der polnische Adelige, der zu der Zeit in England lebt, für drei Jahre als Schiffskapitän auf dem Kongo zu arbeiten. Tom Tirabosco und Christian Perrissin schildern im vorliegenden Band anschaulich die Reise Conrads mit all ihren Strapazen. Viel Zeit nehmen sich der Autor Perrissin für die Hinfahrt und für den Landmarsch in Richtung zukünftiger Wirkungsstätte. Ist der erstgenannte Abschnitt gekennzeichnet durch kurze Bekanntschaften auf dem Schiff und Conrads Briefe an seine "liebe Tante", so geht es mit der Ankunft in Boma dann richtig los. Hier wird der Leser direkt ins kalte Wasser geworfen, denn ihm wird eine afrikanische Region vorgestellt, die vom Elfenbeinhandel ausgeblutet wird und wo die Ureinwohner als Packesel und Diener missbraucht werden. Der Reisende bekommt hier einige wichtige Lektionen für seinen weiteren Aufenthalt gelehrt, die anfangs unbedeutsam und zum Teil arrogant wirken, rückblickend aber genau den Kern der Sache treffen.

Ende des 19. Jahrhunderts war der Sklavenhandel im Gebiet des Kongos zwar verboten, wer jedoch die hier geschilderten Bedingungen für die Afrikaner sieht, der wird kaum einen Unterschied zur Zwangsarbeit feststellen. Dem zukünftigen Schiffskapitän sind die Umstände sicherlich bewusst, dennoch scheint er zunehmend angewidert zu sein, vom überheblichen Gebären der Kolonialisten. Diese lassen ihre Träger auspeitschen, Feilschen um Halsketten einer Frau, die nur durch Kopfabtrennen den Besitzer tauschen könnten und behandeln die Arbeiter im Grunde genommen wie Tiere. Dies alles ist für den Leser schwer verdaulich, aber gerade aus der heutigen Perspektive überaus interessant. Der Autor glorifiziert Conrad glücklicherweise nicht als jemand, der offen gegen diese Unterdrückung rebelliert. Vielmehr ist Conrad ein Teil dessen. Auch er nimmt alle Annehmlichkeiten gerne entgegen, ohne zu hinterfragen, welche Menschen dafür ausgebeutet werden. Nur bei extremen Übergriffen und Bestrafungen schreitet er ein. Durch diese ungeschönte Darstellung bekommt der Leser einen Einblick in das "Herz der Finsternis", in den afrikanischen Kontinent, wo die Europäer nur Bodenschätze und keine Menschen sehen. Diese Graphic Novel sollte folglich nicht als Plädoyer gegen die brutale Kolonialzeit angesehen werden, sondern als Schilderung abenteuerlicher Zeiten, wo Menschenwürde als Modewort in Europa hoch gelobt, in Afrika aber mit dem Füßen getreten wurde.

Der weitere Verlauf der Reise führt dem Leser des Weiteren die Größe des Landes und der damit verbundenen Komplexität der Wirtschaftswege vor Augen. Da werden ein paar Männer irgendwo am Strand des Kongos ausgesetzt, mit dem Auftrag hier eine Siedlung zu gründen. Ein paar Wochen später, auf dem Rückweg der Schiffsreise, ist am besagten Ort nichts passiert und die Männer sind verschwunden.

Des Weiteren werden Stammeskämpfe, Konflikte mit den Ureinwohnern mitten im Dschungel und viele Komplikationen während der Schiffsreise auf dem Kongo vom Autor geschildert. All dies sorgt für einen durchgehenden Spannungsbogen, welcher von einigen kleinen Höhepunkten getragen wird und auch die vielen teils langen Dialoge übersteht. Letztere tragen das gesamte Konzept des Bandes, denn die eigentliche Action wird immer nur kurzzeitig eingeblendet. Dafür gibt es sehr viele Infos durch Gespräche zwischen den Beteiligten. Langatmig sind diese auch aufgrund der abenteuerlichen Umgebung mit ständig wechselnden Situationen jedoch in keinster Weise, so dass hier eine überaus ausgewogene Graphic Novel vorliegt, die neben viele ruhigen Tönen auch den ein oder anderen actionreichen Höhepunkt zu bieten hat.

Die grafische Seite, geschaffen von Tom Tirabosco, überzeugt durch reine schwarz/weiß Zeichnungen per Kohlestift. Demzufolge erwartet den Leser hier keine sauberen Inks, sondern vielmehr eine leicht verschwischte Grafik mit dicken satten Schwarztönen. Der Zeichner arbeitet vorwiegend mit kleinformatigen Panels und einem klar strukturierten Seitenaufriss. Nur selten gibt es große Landschaftsaufnahmen. Darüber hinaus geht Tirabosco sehr ins Detail. Gerade die Darstellungen des Dschungels begeistern durch eine enorme Komplexität, was einen passenden Eindruck von der unberührten Wildnis erzeugt.

Kongo ist folglich eine überaus unterhaltsame Graphic Novel mit einem abenteuerlichen Inhalt während der Kolonialisierung Afrikas. Hier wird das ganze Leid und Elend der angestammten Bevölkerung und Natur durch die Augen eines Schiffskapitäns dargestellt, was zu keinem Zeitpunkt langweilig erscheint. Der schwarz/weiße Grundton verstärkt den historischen Rückblick um ein Vielfaches, so dass mit diesem Band ein wahrer Klassiker der Reise- und Abenteuerliteratur vorliegt.

Kongo - Joseph Conrads Reise ins Herz der Finsternis - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Kongo - Joseph Conrads Reise ins Herz der Finsternis

Autor der Besprechung:
Christian Recklies

Verlag:
Avant Verlag

Preis:
€ 24,95

ISBN 13:
978-3939080886

176 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Handlung beruht auf wahren Tatsachen
  • Ausbeutung der afrikanischen Natur wird ohne moralischen Zeigefinger dargestellt
  • Präsentation im Großformat mit umfangreichen Anhang
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
2.33
(3 Stimmen)
Bewertung
Du kannst diesen Comic hier benoten.

Persönlichen Bookmark setzen für diese Seite
Diese Seite als Bookmark bei Blinklist hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei del.icio.us hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Digg hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Fark hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Furl hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Google Bookmarks hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Mister Wong hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei myYahoo hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Netscape hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Newsvine hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Reddit hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei StumbleUpon hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Technorati hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Yigg hinzufügen  
Oder diesen Dienst benutzen: Social Bookmark Button

Rezension vom: 19.02.2014
Kategorie: One Shots
«« Die vorhergehende Rezension
Marvel Now! Paperback: Avengers 1 SC
Die nächste Rezension »»
Teenage Mutant Ninja Turtles: Roboter-Randale
Leseprobe
Zu diesem Titel liegt derzeit keine Leseprobe vor. Sie sind Mitarbeiter des Verlags und daran interessiert uns für diesen Titel eine Leseprobe zu schicken? Dann klicken Sie hier...
Das sagen unsere Leser
Zu diesem Titel existieren noch keine Rezensionen unserer Leser.


?>