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Comic-Besprechung - Berlinoir
Geschichten:„Scherbenmund“
„Mord !“
„Narbenstadt“
Autor: Tobias O. Meissner
Zeichner und Farbgebung: Reinhard Kleist
Vampire bieten sich für eine Story eigentlich immer wunderbar an. Nach den Werken von Stephanie Meyer ("Twilight") hatte zwar die Glaubwürdigkeit und der Grusel dieser Figuren stark nachgelassen, aber mittlerweile ist auch diese Schwächephase überwunden. Zwischen 2003 und 2008 schrieb Tobias O. Meissner die dreiteilige Geschichte über eine fiktive Stadt namens Berlinoir, wo die Vampire die Herrschaft übernommen haben. Dabei installieren sie ein System der Unterwürfigkeit. Die Menschen geben in großen Fabriken ihr Blut ab und werden dafür mit einem sicheren und geregelten Leben belohnt. Zudem gibt es diverse soziale Vergünstigungen. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten mag man meinen.
Doch der Autor kann diese Situation natürlich nicht so stehen lassen. Also wird noch eine Rebellentruppe installiert, welche sich gegen die Vampirherrschaft auflehnt. Im Verborgenen planen sie Anschläge und setzen den Blutsaugern mächtig zu. Die drei Kapitel spiegeln dann auch die drei großen Angriffswellen bzw. die Anschläge der Gruppe wieder, so dass es innerhalb der Story quasi mehrere Showdowns zwischen den Beteiligten gibt. Die Story strebt zwar einem großen Finale entgegen, zwischendurch setzen die An- und Rückschläge aber immer wieder neue Wegmarken.
Die Idee hinter "Berlinoir" ist auf dem ersten Blick äußerst schlüssig. Warum sollte eine dem Menschen weit überlegene Spezies nicht die Kontrolle über eine große Stadt übernehmen? Und wenn sie dies sogar geschickt in beiderseitigem Einvernehmen einrichtet, könnte daraus sogar eine stabile Gesellschaft erwachsen. Soweit der Ansatz. Meissners Geschichte entfernt sich mit zunehmender Seitenzahl dann aber doch weit von dieser Idee. Die Vampirherrschaft wandelt sich in eine Diktatur (ähnlich dem dritten Reich), es kommt sogar zu einer Aufteilung der Hauptstadt in zwei unabhängige Regionen (Vergleich DDR/BRD) und im letzten Kapitel zur Auflösung der rückständigen Seite (analog Fall der Berliner Mauer). Eine fiktive futuristische Story wird also mit real-historischen Ereignissen vermischt. Dass dies einen wirklich cleveren Plot erfordert ist vorstellbar. Leider bietet sich die Vampir-Story nicht für einen derartigen Vergleich an.
Das erste Kapitel mit der Herrschaft der Vampire und der Diktatur ist angesichts des überraschenden Settings noch lesenswert. Mit zunehmender Annäherung der Story an die Realität geht aber auch viel Glaubwürdigkeit verloren. Besonders zum Ende hin kann der Leser nur noch den Kopf schütteln, wenn er der brachialen Action und dem völligen Verlust einer schlüssigen Story gegenübersteht. Meissner schießt mit seiner Idee also voll übers Ziel hinaus. Die Wendungen innerhalb der Story sind oftmals unglaubwürdig, vieles wirkt überstürzt und zum Schluss herrscht einfach nur noch Chaos, sowohl auf den Straßen von Berlinoir, als auch im Kopf des Lesers.
Dass der Carlsen Verlag den Comic groß mit Reinhard Kleist anpreist, ist eine leichte Irreführung des Käufers. Kleist ist bei dieser Veröffentlichung lediglich für den grafischen Teil zuständig. Seine vielfach prämierte einfühlsame Erzählkunst kommt hier also nicht zum Ansatz. In "Berlinoir" arbeitet der Künstler mit kräftigen Strich und einem Hang zu großformatigen Darstellungen. Damit erweckt er die düstere Seite von Berlinoir, denn der Leser bekommt überwiegend dunkle Seiten zu Gesicht, wo Sonnenlicht nur spärlich Platz findet. Angesichts des Vampir-Themas eine gekonnte Umsetzung des Inhalts. Ebenfalls gelungen ist die Gestaltung der Blutsauger als normale Menschen, lediglich die spitzen Eckzähne verraten die Zugehörigkeit. Dies passt zur angestrebten realitätsnahen Handlung. Die grafische Umsetzung ist somit durchweg gelungen.
Der gebündelte Nachdruck der dreiteiligen "Berlinoir"-Saga kann folglich anfänglich noch überzeugen, schwächelt mit zunehmender Seitenanzahl aber aufgrund einer gezwungenen Anlehnung an reale Ereignisse. Dies sorgt gerade zum Schluss kaum noch für Lesefreude, was angesichts des gelungenen Starts beinah unglaublich ist. Zum Reinschnuppern oder für Zwischendurch ist diese Gesamtausgabe geeignet, lange in Erinnerung wird die Story aber wohl nicht bleiben.
Berlinoir
Autor der Besprechung:
Christian Recklies
Verlag:
Carlsen
Preis:
€ 24,90
ISBN 13:
978-3-551-75108-9
160 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser
- interessanter Ansatz
- sehr actionreich
- Autor verzettelt sich mit zunehmender Seitenzahl
- Story wirkt überhastet und zum Schluss unlogisch
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
(1 Stimme) | ||
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Rezension vom: | 09.03.2016 | ||||||
Kategorie: | Berlinoir | ||||||
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