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Comic-Besprechung - Ein diabolischer Sommer

Geschichten:
Ein diabolischer Sommer
Autor: Thierry Smolderen, Zeichner / Colorist: Alexandre Clerisse


Story:
Antoine ist 15 Jahre alt und geniesst die Sommerferien an der Cote d`Azur. Doch die Idylle ist trügerisch. Zwar knüpft er neue Freundschaften und verliebt sich, aber ein anscheinend zufälliger Ausbruch von Gewalt bringt sein ganzes Lebens in wanken. Merkwürdige Zwischenfälle, Ungereimtheiten und familiäre Geheimnisse sorgen für den Verlust der Unschuld.


Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Die Graphic Novel Ein diabolischer Sommer spielt im Jahre 1967. An sich wäre das keine besondere Erwähnung wert, wenn es nicht in dem Inhalt um die damalige gesellschaftliche und historische Situation geht. Doch hier liegt eher eine Coming of Age Geschichte vor, die aber nahtlos mit einem Kriminalfall verknüpft ist und in mehrfacher Art und Weise das Lebensgefühl und verschiedene kulturelle Tendenzen des Jahres, ja des Jahrzehnts aufgreifen würden. Was die Graphic Novel wieder zu etwas ganz besonderem macht.

Teilweise werden bestimmte Formen der Gruselliteratur benutzt. So kommt erst ein fiktives Vorwort eines Verlegers, der einige Kommentare zu dem folgenden abgibt und später wird es einen Epilog geben, der erst einige der wesentlichen Handlungsfäden auflöst. Graphisch geschieht diese Referenz mit den Schatteneffekten die gleichzeitig eine symbolische Bedeutung besitzen und nicht nur eine bedrohliche Atmosphäre, sondern auch eine popkulturelle Referenz herstellen. Nämlich zu dem italienischen Anti-Helden Diabolik der in den 1960ern erfunden worden ist und welcher der Titelheld seiner eigenen Reihe war, obwohl er unmoralisch war und nicht nur stahl sondern auch mordete. Mehrfach wird auf ihn verwiesen und er tritt später sogar noch einmal höchstpersönlich auf. Es ist geschickt vorbereitet und die verschiedenen Ebenen werden nicht nur in dieser Hinsicht mehr als einmal miteinander verwoben. So greift der Ich-Erzähler mal zurück und sagt, dass diese Situation in Hinsicht auf seinen Vater ihm hätte zu denken geben müssen. Da fragt man sich, warum. Und eine Reflektion in dem Rückspiegel des Autos verpasst mit dem Licht und Schatteneffekt dem Vater eine Art Maske wie sie Diabolik trägt. Dessen Comicabenteuer mehrfach im Laufe der Erzählung von dem Helden gelesen werden.

Man kann es als eine postmoderne Spielerei auffassen, aber die Stimmung vermag nach und nach die Ferienidylle zu zerstören und in der zweiten Hälfte sind die Zeichnungen nicht mehr in warmen Farben getaucht und licht und leicht, sondern schwermütig und erdrückend. Die jugendliche Unschuld ist fort und alles engt einen ein. Alle Beziehungen und Verpflichtungen und Erfahrungen hindern einen daran, sich frei zu entfalten. In gewissem Sinne brachten die 1960er die Zerstörung einer Idylle, die aber nur aus Schein bestand. In jeden Krusten gab es nun Risse und die Schatten wurden an das Licht gezerrt. Was allerdings auch viele zu überfordern vermochte.

Diabolik ist nicht umsonst als ein Protagonist und als ein Verweis genommen worden, denn in den 1960ern betraten die Anti-Helden die Bühne. So etwa in den Italowestern, aber auch 007 ist nicht so strahlend, da er etwa in dem ersten Film James Bond 007 jagt Dr. No einen unbewaffneten Mann erschießt, was damals in den Feuilletons für Empörung sorgte und in manchen TV-Ausstrahlungen des Filmes auch heute geschnitten wird. Die Welt geriet in das Wanken und der Kalte Krieg war nicht zuletzt mit der Kuba-Krise auf dem Höhepunkt. Das spiegelt sich hier in der Handlung wieder, wenn der Erzähler, mitten in der Pubertät, seine Welt verzerrt sieht. Aber diese Verunsicherung hat auch etwas Gutes.

Vor allem für den Leser, denn stilistisch werden hier so gut wie alle Stile der 1960er mal zitiert und es gibt viele Verweise, etwa auf die Popart oder auf die sanften zerfließenden Konturen eines guy Pellearts. Underground, Popart, Psychedelik, die beginnende Hippiebewegung, die Schrecken des Zweiten Weltkrieges die verschwiegen werden, der Kalte Krieg, die Lebenslügen, sexuelles Erwachen und die Maske des Bürgertums: alles kommt hier vor und ist aber nahtlos in die Story verwoben so dass es nicht aufgesetzt wirkt, sondern eine durchgehende spannungsgeladene Atmosphäre fasst und auf vielen verschiedenen Schichten und Ebenen funktioniert, die man auch nach mehrfachem Lesen wohl noch nicht alle gefunden hat. Ein Gesamtkunstwerk.


Fazit:
Ein Gesamtkunstwerk welches sowohl inhaltlich als auch zeichnerisch auf mehreren Ebenen funktioniert und vor Referenzen und Zitaten überquillt, ohne das es erdrückend wirkt. Auch nach mehrmaligem Lesen kann man hier noch Neues entdecken.


Ein diabolischer Sommer - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Ein diabolischer Sommer

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Carlsen

Preis:
€ 24,99

ISBN 10:
3551728186

ISBN 13:
978-3551728180

160 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • inhaltliche und stilistische Referenzen
  • Krimi mit Coming of Age verknüpft
  • viele verschiedene Ebenen
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
Bewertung
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Rezension vom: 10.10.2016
Kategorie: Alben
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