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Comic-Besprechung - Docteur Mystère Integral

Geschichten:
Docteur Mystère Integral (Die Geheimnisse von Mailand, Der Krieg der Welten, Der Schrecken des schwarzen Dschungels)
Autor: Alfredo Castelli, Zeichner / Colorist: Lucio Filippucci


Story:
Docteur Mystère ist ein Wissenschaftler und Abenteurer der mit seinem Gehilfen Cigale durch die Welt reist, um Verbrechern das Handwerk zu legen. Dabei bekommt er es immer wieder mit seinem Erzfeind, dem Oberst Radetzky zu tun, dem er nicht nur in Venedig und in Indien, sondern sogar auf dem Mond Einhalt gebieten muss.


Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Das Integral von Docteur Mystère vereint alle drei vorhandenen Bände in einem und kann so als Gesamtausgabe gelten. Wobei dieser Begriff hier schwierig ist. Denn die Figur wurde in einem Roman bereits im Jahre 1899 erfunden und trat als Hauptfigur nur selten in Erscheinung. Vielmehr wurde sein jugendlicher Assistent zum Helden vieler nachfolgender Romane und der Docteur trat nur ab und an mal auf oder wurde bestenfalls nur erwähnt. Jedenfalls haben sich die italienischen Comicmacher der Figur angenommen und keine Adaption des Buches geliefert, sondern die Figur, das Setting und manche Aspekte der Romane genommen, um etwas eigenständiges abzuliefern.

Oft schaut man auf italienische Comics, und auch auf die Filme by the way, etwas herab, weil sie meistens auf aktuelle Trends aufspringen und diese ausnutzen wobei in schneller Abfolge viele thematisch ähnliche Produkte auf den Markt geschmissen werden, die dann doch qualitativ etwas nachlassen. So etwa bei den Italowestern, Sandalenepen und den Zombiefilmen der 1960er bis 1980er Jahre. Doch darf man auch nicht übersehen, dass hier eine gewisse Arroganz eine Rolle spielt und das im Gros der Veröffentlichungen durchaus viele außerordentliche Perlen zu entdecken sind. Ja, es wird viel geklaut, aber italienische Autoren haben auch ein großes Faible für die Postmoderne und verstehen es meisterhaft verschiedene Metaebenen zu erschaffen und damit die Popkultur innerhalb eines popkulturellen Erzeugnisses zum Thema zu machen.

So erinnert hier etwa das Äußere von dem Helden Docteur Mystère sehr an Nemo aus Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen und das ist wohl auch beabsichtigt, selbst wenn man der Beschreibung aus dem ursprünglichen Roman folgt (überhaupt erinnern die Zeichnungen sehr an diejenigen von Kevin O`Neill der Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen umgesetzt hatte). Denn die Zitate und Verknüpfungen sind hier gewollt und es wird ein herrliches ja irrwitziges postmodernes Spiel losgetreten welches ein einziges Vergnügen ist. Nicht nur mit den Zitaten und Anspielungen auf die richtige Historie und auf die Popkultur wird hier gespielt. So gibt es auf mindestens jeder Seite eine Anspielung und deckt alle Figuren der damaligen Abenteuer-, Science-Fiction- und Kriminalliteratur ab.

Zudem werden hier auch alle Klischees bedient, aber in der deutlichen Übertreibung offen gelegt und damit parodiert. Etwa wenn der kriminelle Jude, das antisemitische Zerrbild aus Oliver Twist, als ein Ding entlarvt wird und damit nicht den Charakter beschädigt, sondern denjenigen der das Bild erschaffen hat. Das Phantom der Oper ist kein ehemaliger Sänger, sondern beschränkt sich darauf die Logenkarten heimlich zu überprüfen, der Krieg der Welten ist vor allem ein kapitalistischer Imperialismus und Stereotypen der Abenteuerliteratur, etwa indem fremde Völker die Bösen sind, wird hier negiert, indem sie die Helfer sind und der Hauptschurke, ausgerechnet, ein österreichischer Offizier ist.

Dabei ist die Handlung manchmal fast nebensächlich und es gibt wunderbare Running Gags die immer wieder variiert werden und niemals schal werden, denn auch die Variation wird verändert. Manche Gags schreien geradezu nach einer Verfilmung. Da werden etwa die Helden von einer rasenden Meute verfolgt und man sieht sie als Leser von oben herab auf etwas zu rennen und wie sie rufen „Hoffentlich schaffen wir es noch“. Sie wollen also etwa erreichen. Und worauf sieht man sie in dem nächsten Bild stehen? Auf einer Rolltreppe! Und sie bleiben stehen und lassen sich von ihr nach oben tragen. Der Clou dabei: die Verfolger bleiben ebenfalls auf ihren Stufen der Rolltreppe stehen und behalten in einer Regungslosigkeit die Verfolgung bei. Auf so eine Art wird immer wieder das Klischee entlarvt, ein Gag geliefert und gleichzeitig die Handlung bedient, als auch ein Verweis auf die Epoche geliefert (denn die Rolltreppen galten zu Handlungszeiten noch als Science-Fiction).

Es ist ein wahrer Zitatenschatz und die Heldin in dem dritten Abenteuer bringt es in der Überspitzung auf den Punkt: alles was sie erlebt und erfährt wird von ihr mit dem verglichen was sie bereits mal gelesen hat. Und allein dieser Aspekt ist es schon fast wert, eine längere wissenschaftliche Abhandlung zu schreiben. Und bringt nebenbei das Prinzip der Postmoderne kongenial auf den Punkt.
Wie übrigens der ganze Band. Hervorragend.


Fazit:
Ein irrwitziges postmodernes Spiel. Dabei werden vor lauter Zitaten, Anspielungen, Referenzen und der Übersteigerung von Klischees nie die Handlungselemente vergessen und der Humor wird groß geschrieben.

Docteur Mystère Integral - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Docteur Mystère Integral

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Erko-Verlag

Preis:
€ 24,95

ISBN 10:
908982104X

ISBN 13:
978-9089821041

159 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Übersteigerung von Klischees
  • Anspielungen, Zitate und Referenzen am laufenden Band
  • Action und Humor
  • Zeichnungen
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
Bewertung
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Rezension vom: 02.11.2016
Kategorie: Alben
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