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Comic-Besprechung - Hier und dort

Geschichten:
Jean-Michel
Il Cado
Stalin
Lieber Michel Platini
Eine Fete bei John
Sokrates
27. Juni 2001
Ein Schuss ins Knie
Der heilige Marcel
Betonstrand
Repsak Oaic
Einmal Achtundsechziger
Alfred
Der Taube

Abdelix und Kaderix langweilen sich

Text und Zeichnungen: Baru


Story:
15 Kurzgeschichten versammelt der neue Baru-Band in der Edition 52. Entstanden sind sie in den letzten 20 Jahren für unterschiedliche Medien. Wir erfahren, dass Michel Platini als Fußballer zweite Wahl war und warum er überhaupt eine Chance bekam, wie es war ein "68er" zu sein und wie ein junger Musikfan in den frühen 1960er-Jahre gegen seine Eltern aufbegehrte. 15 Kurzgeschichten, deren Klammer der französische Comickünstler Baru ist.



Meinung:
Die in dem neuen Sammelband zusammengestellten Geschichten unterscheiden sich von Barus vorangegangenen Arbeiten. Denn erstmals hat er alle in den letzten 20 Jahren ausgeführten Auftragsarbeiten zusammengefasst. Seine bisherigen Alben waren Kür, vor uns liegt nun die Pflicht. Aber im Gegensatz zum Eiskunstlauf, bei dem die Plicht mitunter etwas spröde und langweilig wird, haben wir hier 15 Geschichten, die einen einfach nicht loslassen. 
Im Vorwort zum Band bekennt Baru, dass er eigentlich ungern Auftragsarbeiten annimmt, räumt dann aber auch ein: „Eigentlich gehe ich in allen Fällen, Freundschaft, Nettigkeit, Schmeichelei, Geld, nur dann darauf ein, wenn ich sicher sein kann, dass man mir erlauben wird, ein Sujet so zu behandeln, dass ich es etwas spannender mache, ganz egoistisch, indem ich ihm meine eigene kleine Melodie einhauche.“ Und die typische Baru-Melodie findet sich in jeder der Kurzgeschichten wieder. Vielleicht weniger deutlich als in seinen Alben, aber unverkennbar der Sound des Franzosen.
Allen voran natürlich im Zeichenstil. Der 1947 als Hervé Barulea in Lothringen geborene Baru hat sich das Comiczeichnen selber beigebracht. Seine Arbeiten sind nicht zuletzt deshalb nur schwer einer bestimmten Stilrichtung oder Schule zu zuordnen. Seine Zeichnungen leben vom Minimalismus. Die Menschen sind es, die im Zentrum seiner Geschichten stehen. Baru interessiert sich nicht so sehr für die Hintergründe. Stattdessen zaubert er Freude, Trauer, Ignoranz oder Überraschung auf die Gesichter seiner handelnden Personen. Beispielsweise in „Repsak Oaic“, einer vier seitigen Geschichte. In den 24 Panels findet sich nur eine kleine Sprechblase. Die ganze Handlung wird von der Mimik der dargestellten Menschen getragen.
Des Weiteren sind es nie die Gewinner des Lebens, diejenigen, die auf der Sonnenseite stehen, für die sich Baru interessiert. Seine Protagonisten stehen am Rand. So wie der Fußballspieler, der sich in seiner Jugend für die Frauen statt für den Fußball entschied und deshalb nun keine Villa besitzt, sondern in einer schäbigen Wohnung haust. Oder so wie der Alt-68er, der einst mit der Gitarre die Freiheit genoss und ein wildes Leben führen wollte. Baru stellt ihn uns Jahre später als fetten und aufgedunsenen Alkoholiker vor, der nur noch von der Vergangenheit erzählen kann. Jede dieser 15 Geschichte hat so einen Verlierer. Baru, der sich mit seinem bisherigen Schaffen als das soziale Gewissen der Comicbranche empfohlen hat, lässt auch bei seinen Auftragsarbeiten nicht davon los – hier hört der Leser sie ganz deutlich, die Melodie von Baru.
Besonders herausragend ist die Sammlung von Bildern unter dem Titel „27 Juni 2001“, in der die gesamte politische Verantwortung des Künstlers, so wie er sie sieht, offen zu Tage tritt. Am 27. Juni wurde das Wehrgesetz in Frankreich geändert. Baru legt hierfür in einer 2007 bei Futuropolis erschienenen Veröffentlichung eine 8-seitige „Geschichte“ vor, die im Wesentlichen aus ganzseitigen Panels besteht. Diese Bilder sind eine einzige Hommage an Jacques Tardi, der zu den großen Vorbildern von Baru zählt. Gelungen und bemerkenswert ist hier das Doppelspiel zwischen dekorierten oder siegreichen Soldaten andererseits und dem menschenverachtenden Gemetzel auf den Schlachtfeldern andererseits – und das durch alle Jahrhunderte.
Wie schon die anderen Baru-Veröffentlichungen innerhalb der Edition 52, kann der Band durch eine gute Aufmachung überzeugen. Eingebunden als Softcover mit Klappbroschur und besonders dickem Papier hat der Band eine angenehme Haptik. Sehr gelungen ist, dass jeder Kurzgeschichte ein paar einleitende Worte des Künstlers vorangestellt sind. Dort wird kurz erläutert, wie die Geschichte technisch gezeichnet wurde, wo sie erschien und wie es überhaupt dazu kam. 



Fazit:
„Hier und dort“ ist eine überaus gelungene Kurzgeschichtensammlung – und das obwohl es sich in dem Band ausschließlich um Auftragsarbeiten handelt. Gerade in diesem Umstand und der Tatsache, dass es sich dennoch um die typische Baru-Melodie handelt, liegt das große Können des Künstlers begründet, was schlussendlich diesen Band auch so empfehlenswert macht.


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Hier und dort

Autor der Besprechung:
Bernd Hinrichs

Verlag:
Edition 52

Preis:
€ 18

ISBN 13:
978-3-935229-20-3

102 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Barus Melodie
  • Kür vs. Pflicht
  • Aufmachung
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
Bewertung
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Rezension vom: 28.12.2017
Kategorie: Alben
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