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Comic-Besprechung - Die Sache mit Sorge

Geschichten:
Autor und Zeichner: Isabel Kreitz

Story:
Dr. Richard Sorge war ein Spion in der deutschen Botschaft in Tokio und er arbeitete für Stalin. 1941 sagte er fast auf den Tag genau den Einmarsch der Wehrmacht in die Sowjetunion voraus. Er wollte Hitler stürzen, er wollte dafür sorgen, dass der Krieg frühzeitig vorbei sei, aber es sollte anders kommen und Stalin sollte ihm nicht glauben…

Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Richard Sorge war wohl schon dazu prädestiniert Spion zu werden. Sohn eines Deutschen und einer Russin, im ersten Weltkrieg verwundet und seit den zwanziger Jahren in der KPD reiste er nach 1924 nach Moskau und wurde dort rekrutiert. 1930 ging er nach Shanghai, 1933 schließlich nach Japan. Dort baute er ein Netzwerk aus Informanten auf, das bis in höchste Höhen der japanischen Regierung und er hatte großen Einfluss auf den deutschen Botschafter Generalleutnant Eugen Ott. Und auch wenn er mit seiner Vorhersage schon beim Einmarsch der Wehrmacht Hitler stoppen zu wollen, daneben lag, so sollte er dennoch Erfolg haben. Seine Nachricht, dass Japan nicht in Sibirien in den Krieg gegen die Sowjetunion eintreten würde, ermöglichte Marschall Schukow von eben dort Truppen abzuziehen und den deutschen Vormarsch zu stoppen. Man kann daher mit Fug und Recht behaupten, dass Richard Sorge den Krieg im Osten entschieden hat. Doch am 18.10.1941 wurde er verhaftet, am 07.11.1944 gehängt. Stalin hatte ihn zudem fallen gelassen, da Sorge einer der Wenigen war, denen die Schwäche Stalins bei der Fehleinschätzung zum „Unternehmen Barbarossa“ bekannt waren.

Nun ist dies alles kein einfacher Stoff und Richard Sorge ist in Deutschland eine weitgehend unbekannte Figur geblieben, auch wenn er so kriegsentscheidend war. Vielleicht auch, weil ihm postum der Titel „Held der Sowjetunion“ verliehen wurde und er in Zeiten des kalten Krieges dadurch nicht gerade zu einem möglichen Helden für die Westdeutschen werden konnte. Aber insgesamt dürfte er ein würdigerer Held gewesen sein, als dies beim Hitler-Attentäter Stauffenberg der Fall war. Aber wer ehrt schon gerne Spione, denen ein negativer Touch anhängt. Nun hat sich Isabel Kreitz für Sorge als Held ihres neuesten Comics entschieden und wie gesagt ein schwieriges Thema angefasst. Kann ein Spion, ein Vaterlandsverräter ein Held sein? Kreitz lässt diese Frage offen. Sie will sie eigentlich auch gar nicht beantworten und das ist gut so. Sie überlässt die Antwort dem Leser und gibt ihm „nur“ ein möglichst umfassendes Bild des Menschen Sorge an die Hand. Die Betonung liegt auf „Mensch“. Nicht Spion, nicht Vaterlandsverräter, sondern Mensch. Sie zeigt seine Stärken, sie zeigt seine Schwächen – von denen es weiß Gott ausreichend gibt. Sie zeigt ihn als Liebhaber und als glühenden Hitler-Hasser. Und dann wird dem Leser anheim gestellt ihn für sich zu beurteilen und für sich die richtige Entscheidung zu fällen, ob Sorge nun ein Held, ein verblendeter Mensch oder einfach nur ein Spielball der Mächte um ihn rum war.

Isabel präsentiert dies alles in einem wie immer einmaligen Artwork. Sie ist die Grand Dame des deutschen Comics. Sie ist die Geschichtenerzählerin, die in einer Seite ohne Text viel mehr zu erzählen in der Lage ist, als Andere mit vielen Seiten dicht gedrängter Sprechblasen. Da ist so ein Comic einfach ein Kunstwerk und doch dient das Kunstwerk in erster Linie der Geschichte und bestimmt sie nicht. Jeder ihrer Charaktere ist wieder erkennbar, hat sein eigenes Gesicht. Sorge wird so dargestellt, dass man ihn sofort auf den beiliegenden Fotos wieder erkennt. Timing, Hintergründe, all dies ist stimmig und macht den Comic zu einem großen Genuss. Sie ist – und das ist als absolutes Kompliment zu sehen – mit diesem Band zum deutschen Taniguchi aufgestiegen und es wird schwer werden diese Leistung zu toppen. Die Messlatte liegt auch für andere Künstler verdammt hoch.

Carlsen hat mit der redaktionellen Bearbeitung ein Übriges getan, dass dieser Band ganz deutlich als moderner Klassiker gelten darf.

Fazit:
„Die Sache mit Sorge“ ist ganz große Comickunst. Gäbe es den Begriff der „Graphic Novel“ noch nicht, dann müsste er hier erfunden werden. Grafisch perfekt, von der Geschichte her einfach grandios legt Isabel Kreitz mit diesem Comic mächtig vor und es wird jedem in Deutschland schwer fallen dieses Niveau auch nur annähernd zu erreichen. Ein Stück deutscher Geschichte wird hier genial umgesetzt und die Deutschen bekommen hier Einblick in das Leben eines Spions, der den zweiten Weltkrieg entschieden hat.

Die Sache mit Sorge - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Die Sache mit Sorge

Autor der Besprechung:
Bernd Glasstetter

Verlag:
Carlsen

Preis:
€ 19,90

ISBN 13:
978-3-551-78743-9

256 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Genial erzählte Geschichte
  • Toll illustriert
  • Die Hürde für alle deutschen Künstler ist jetzt sehr hoch
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1.5
(2 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 22.03.2008
Kategorie: One Shots
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Leseprobe
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