Zeitmaschinen, Zeitdimensionen, Zeitlöcher, Zeitstrudel, Zeitsprünge… Die Liste könnte noch fortgesetzt werden. Derartige Versatzstücke aus der Science-Fiction und Fantasy scheinen wie geschaffen für die Welt der Panels und Sprechblasen. So zeugen alle Jahre wieder irgendwelche Superhelden-Megaausgaben (aus dem Hause Marvel oder DC) mit Irrungen und Windungen im zeitlichen Gefüge für eine neue Ordnung in ihrem (Verlags-)Kosmos. Was für Verleger pragmatisch erscheint ist gleichzeitig ein Fest für Leser. Doch was macht die Faszination für Zeitphänomene abgesehen davon aus? Denn über die Superheldencomics hinaus erfreuen sich Zeitmotive querbeet – Verlags- und Genregrenzen ignorierend – hinweg bei Comicautoren über höchste Beliebtheit.
Zunächst fällt auf, dass Zeitphänomene in äußerst unterschiedlicher Weise und zu verschiedenen Zwecken in die Handlungen eingebaut werden. So lohnt sich ein zweiter Blick allein schon dafür, um Grundformen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszustellen. Was so banal und selbstverständlich erscheint, kann sich bei gründlicher Betrachtung als Falltür oder doppelter Boden entpuppen. Denn so viel ist vorab sicher: Zeitreisen und Ähnliches dienen nicht einzig der Unterhaltung. Vielmehr verbergen sich hinter der Vorstellung von Zeitportalen oder Zeitdimensionen auch Sehnsüchte, Ängste oder Wunschvorstellungen.
Tradition und Moderne
Bereits im Mittelalter gab es beispielsweise das Motiv der „Weibermühle“ oder der „Männermühle“ auf zahlreichen Druckgraphiken, die sich bis zum unmittelbaren Vorläufer des Comics, dem Bilderbogen, erhalten haben. Auf diesen Comicähnlichen Abbildungen sieht man alte Frauen beziehungsweise Männer, wie sie in Trichter von Mühlen gesteckt werden, um unten wieder verjüngt herauszukommen. Dieses Überlisten der Zeit ist Ausdruck nach ewiger Schönheit und Jugend und wurde in verschiedenen Formen dargestellt. So bot in zahlreichen Abbildungen auch Wasser aus Brunnen oder Quellen die Möglichkeit zur Verjüngung.
Viele Ideen über Zeiterscheinungen oder Zeitmanipulationen entstammen in der Regel aus der Literatur. Im Bereich der Phantastik oder Science-Fiction nahmen Autoren wie H.G. Wells in ihren Romanen die Zeitmaschine oder den Zugang zu anderen Zeitdimensionen vorweg. Mit dem Verweis auf die Bildtradition seit dem Mittelalter und den Innovationen einzelner Schriftsteller soll nur angedeutet werden, dass die Autoren und Zeichner der Zeitlöcher und Zeitebenen aus Comicstorys, wie den Superhelden „Die Fantastischen“ Vier oder der „JLA“, allesamt auf eine publizistische, narrative und visuelle Tradition aufbauen. |