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Zwischen Zeitreisen und Ökothriller: Bob Morane
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Unterschiedliche Zeichner, über 90 Comicgeschichten seit 1959 und eine Auflage, die – zumindest im frankobelgischen Raum – in die Hunderttausende geht: Die Bilanz von Bob Morane ist beeindruckend. Mit der in ZACK laufenden Serie Bob Morane – Renaissance zeigt der Urtyp des Abenteurers, dass er zwar eine lange Tradition hat, aber noch keineswegs verstaubt ist. Bob Morane wird hierzulande im Wesentlichen mit den Zeichnern William Vance und seinem Schwager Coria in Verbindung gebracht.
Beide stehen für die Höhepunkte der Serie ab Ende der 1960er-Jahre bis in die 1980er-Jahre hinein. Vor diesen beiden zeichnerischen Schwergewichten hatte der in Deutschland weitestgehend unbekannte Gérald Forton, Enkel des Pieds nickelés-Schöpfers Louis Forton, die Abenteuer in Szene gesetzt. Allerdings hatte auch Forton die Serie nur übernommen, denn der erste Zeichner war der Italiener Dino Attanasio, bekannt zumindest durch seine späteren Arbeiten an Mausi und Paul.

Stellte die Serie im Bereich der Zeichner die Leser im Laufe der Jahr zehnte vor immer neue Namen, so gab es bei den Szenarios eine Konstante: Henri Vernes. Ende der 1950er-Jahre erhielt der 1918 im belgischen Ath geborene Schriftsteller Charles-Henri Dewisme, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Henri Vernes, von der Frauenwochenzeitschrift Femmes d’aujourd’huiden Auftrag, seine überaus erfolgreiche Romanfigur Bob Morane als Comic umzuarbeiten. Die Romane, die ab 1953 erschienen, starteten mit einer Auflage von 8.000 Exemplaren. Die Fangemeinde wuchs aber stetig und schnell. Vor allem beim jugendlichen Publikum war der kühne Abenteurer höchst beliebt, versprach er doch eine Flucht aus dem tristesten Belgien der Nachkriegszeit. Das Phänomen Bob Morane nahm seinen Lauf, und innerhalb kürzester Zeit wurden die Romane in einer Startauflage von 100.000 Exemplaren gedruckt.


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Vance drückt den Stempel auf
Genauso abenteuerlich wie die Serie insgesamt zeigt sich auch die Staffelübergabe von Forton an Vance. Nachdem Forton innerhalb von fünf Jahren 14 Geschichten illustriert hatte, tauchte er ab. In den Redaktionsräumen von Femmes d’aujourd’hui herrschte daraufhin große Betriebsamkeit, denn die wöchentlichen Bob Morane-Seiten erfreuten sich bei der weiblichen Leserschaft größter Beliebtheit. William Vance, damals als Werbegrafiker tätig, stellte sich der Chefredakteurin mit ein paar Entwurfszeichnungen vor. Der Einstieg war für ihn relativ einfach, da er bereits für Attanasio als Hintergrundzeichner gearbeitet hatte und sowohl Serie als auch Protagonist gut kannte. Vance erhielt seine Chance und drückte der Serie wie kein weiterer seinen Stempel auf. Mit der ersten Geschichte, die er in Eigenverantwortung gestaltete, verpasste er den Hauptfiguren vor allem ein Faceliftig. Sie wirkten danach moderner und entsprachen mehr seinem Stil – aus dem smarten James Bond-Verschnitt wurde nun auch optisch ein Abenteurer.
Vances Bob Morane ist ein moderner Abenteurer, ganz im Stile des fast zeitgleich erscheinenden Andy Morgan aus der Feder des Teams Greg/Hermann. Wie bei diesem ist der Leser geneigt, auch bei Bob Morane eine Spur des frühen James Bond zu finden. Und wie beim Helden von Hermann unterscheidet er sich von James Bond vor allem durch seine scheinbar angeborene Flapsigkeit, wie sie so vielen Protagonisten der 1960er-Jahre anhaftet. Gute Freunde werden stets mit einem burlesken „Alter“ angesprochen, und die unbeirrbare Bestimmtheit erinnert zuweilen an einen James T. Kirk, viele Lichtjahre von uns entfernt.
Auch das Sozialgefüge, in dem sich Bob Morane bewegt, ist Vorbild vieler folgender Abenteurergenerationen: ihm zur Seite steht sein bester Freund, Bill Ballantine, der sich vor allem durch seine unerschütterliche Treue, seine Rauf- und Sauflust sowie durch markige Sprüche auszeichnet – der große Bruder von Barney Jordan. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, als der erste Roman von Vernes erschien, brauchte es immerhin noch gut zehn Jahre, bevor Hermann überhaupt seinen ersten Comic veröffentlichte. Und auch die Mischung aus Science-Fiction, Fantasy und klassischem Abenteuer wird von späteren Szenaristen, wie beispielsweise in Luc Orient von Eddy Paape, gerne aufgegriffen.
Zwischen 1959 und 1975 erschienen die Geschichten des Abenteurers in Femmes d’aujourd’hui. Daneben gab es aber ab Mitte der 1960er-Jahre auch einige Episoden, die ihren Weg in das Magazin Pilote fanden. Von der Frauenzeitschrift ging es für Bob Morane in der Folgezeit zum Comic-Magazin Tintin. Sowohl in der belgischen, als auch in der französischen Ausgabe fand der Held eine neue Heimat.

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Coria übernimmt
Ende der 1970er-Jahre verkündete Vance, dass er in See stechen und zu neuen Ufern aufbrechen wolle. Das ist in diesem Fall sogar durchaus wörtlich zu nehmen, denn der Zeichner wollte sich künftig vermehrt seiner neuen Serie Bruce J. Hawker widmen.
Ein Nachfolger war in dem Spanier Felicísimo Corai alias Felicísimo Coria schnell gefunden.
Nicht nur, dass Coria mit Vance familiär verbunden war – Vance war mit Corias Schwester verheiratet –, vor allem aber war seine rund zehnjährige Mitarbeit an der Serie ausschlaggebend. Als Assistent von Vance wusste er, worauf es bei Bob Morane ankam.
Sein Faible bilden die Storys, die in der Gegenwart spielen, während er nach eigenen Aussagen größere Probleme hat, die Geschichten umzusetzen, die den Abenteurer auf fremde Planten oder durch die Zeit führen.
Neben Comics ist es vor allem die abstrakte Malerei, die den Spanier fasziniert. Im Gegensatz zur sachlichen Zeichenarbeit an Bob Morane kann er auf der Leinwand mit üppigen Farben spielen – in der Regel mit kräftigem braun und blau.

Weiter geht es in ZACK # 201 ...

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Special vom: 19.02.2016
Autor dieses Specials: Bernd Hinrichs
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F.W. Tempel
Mit den Abrafaxen in die Lutherzeit
Das Allerletzte
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