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Die Katze des Rabbiners - Eine Reise in eine exotische Umgebung | |||||||
Eine Betrachtung des Meisterwerks von Joann Sfar | |||||||
Die Katze des Rabbiners - Eine Reise in eine exotische Umgebung
Lesen - Reisen im Geiste Leser sind ständig unterwegs zu fremden Gestaden, gleich ob Anhänger der traditionellen Literatur oder der "Neunten Kunst". Oftmals sind dann die besuchten Orte ihnen nach kurzer Zeit vertrauter als manche Ecken ihres Heimatortes. Ob Welten voller Ausserirdische, ob Reiche der Elfen, Trolle oder auch mitten unter uns lebende menschliche Zauberkundige - die beschriebenen Sitten und Gebräuche gehören nach einiger Zeit zum "Allgemeinwissen", zumindest in den jeweiligen Fankreisen. Gewöhnungsbedürftiges aus Frankreich Nordafrika, Anfang des 20. Jahrhunderts, die jüdische Religion, eine sprechende Katze - als wäre das für viele Leser noch nicht exotisch genug, wählt Joann Sfar auch noch einen für unsere Augen ungewöhnlichen Zeichenstil. Formen und Farben sind der orientalischen Umgebung angepasst. Der Hauptdarsteller (Die Katze ist ein Kater) wird in einer faszinierenden Hässlichkeit präsentiert, die weit entfernt ist von den gewohnten "niedlichen" Darstellungen gezeichneter Tiere. Riesige Ohren, die eher an einen Hasen oder einen Wüstenfuchs erinnern, ein "feldgraues" Fell, eine Kopfform die zeitweilig an einen Schakal denken lässt, dazu die wechselnen unterschiedlichen Körperproportionen. Das diese "Verhässlichung" nicht auf zeichnerisches Unvermögen von Sfar zurückzuführen ist, beweist er in vielen anderen Panels. Die Tochter des Rabbiners mit dem wohlklingenden Namen "Zlabya" oder auch der später auftauchende Löwe sind liebevoll dargestellt. Eine Katze als Philosoph So möchte die Katze zum Judentum konvertieren und gerät in einen Gelehrtenstreit mit dem Rabbiner des Rabbiners, den sie dank eines umfangreichen jahrelangen Selbststudiums gewinnt. Der Obergelehrte erweist sich nicht als allzu souverän und wirft beide hochkantig hinaus. Auch ihren Herrn treibt sie regelmässig zur Verzweiflung, will sie doch gleich mit der Lehre des Kabbalah beginnen (mystische Tradition der Juden), anstatt sich mit den Grundlagen zu begnügen. Auch Tabuthemen werden aus Sicht eines Katers angeschnitten: "Wie sollen die jungen Schüler, die jungfräulich in die Ehe gehen sollen mit ihren angeschwollenen Hoden zurecht kommen? Ob der Meister denken würde, dass seine Schüler masturbieren?" Natürlich gibt es nur die offiziellen Anworten, "dass die Menschen es schafften, ihre sexuellen Bedürfnisse in Energie umzuwandeln, die sie dazu nützten, sich zu bilden und ihre Seele zu stärken" (Band 1, Die Bar-Mizwa). An diesem Punkt wird die Diskussion dann abgebrochen und die Katze behält ihre durch "Bespitzelung" der Schüler gewonnenen Erkenntnisse über deren voreheliche Triebbefriedigung für sich. In den weiteren Bänden entwickeln sich die Figuren weiter, es werden neue Charaktäre eingebracht. Die Tochter heiratet einen Rabbiner aus Paris, eine gemeinsame Reise nach Frankreich zeigt einige Unterschiede der orientalischen von der westlichen Kultur. Ein Verwandter mit einem zahmen Löwen taucht auf, aus Russland gelangt in einer Holzkiste ein Maler in die nordafrikanische Umgebung. Eine Expedition nach dem afrikanischen Jerusalem wird gestartet und es gibt zwangsläufige hochinteressante Begegnungen mit der arabischen Kultur. Dank dem Erzählstil über die Katze gewinnen selbst eigentlich banale Szenen an Bedeutung und die interessanten Geschichten lassen sich nach einer Eingewöhnungszeit flüssig und kurzweilig lesen. "Die Katze des Rabbiners" ist eine dieser Erzählungen, die sich vielen Lesern erst auf den zweiten Blick als ein beachtenswertes Juwel der Literatur offenbart. Das ist schade. Die Albumreihe wird sicherlich manchen Comic- und Literaturfreund ansprechen, sofern er gewillt ist auch mal über seinen Genre-Tellerrand zu schauen. Die imposanten Verkaufszahlen in Deutschland sind vermutlich den vielen positiven Berichten in einschlägigen Publikationen (taz, spiegel online, zeit uvm) geschuldet. Gelegenheitsleser werden im Comicfachhandel oder der Bahnhofsbuchhandlung wohl nicht unbedingt aus Neugier mal nebenbei ein oder zwei Alben mitnehmen. Dagegen spricht der gewöhnungsbedürftige Zeichenstil und der Preis von 14,95 Euro bis 16,95 Euro. Für ein Album dieser Machart (Hardcover) ist diese Summe zwar nicht übertrieben, aber halt kein "Mitnahme, mal zur Probe lesen"-Preis. Bezugsquellen der 5 Bände Die 5 Bände der Albumreihe ist über den Avant-Verlag http://www.avant-verlag.de erhältlich, ferner natürlich über viele gutsortierte Händler. |
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Artikel vom: | 29.03.2009 | ||||||
Kategorie: | Kolumne | ||||||
Autor dieses Artikels: | Rolf Niemann | ||||||
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