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Comic-Besprechung - Kiki de Montparnasse
Geschichten:Kiki de Montparnasse
Autor: Jose-Louis BocquetZeichner: Catel Muller
Story:
1901 wird in dem kleinen Ort Chatillon-sur-Seine in der französischen Provinz die kleine Alice Prin geboren. Die Mutter verlässt bald ihre Tochter und Alice wächst als wahrer Wildfang bei ihrer geliebten Oma auf. Als nach langen unbekümmerten Jahren Alice von ihrer Mutter nach Paris geholt wird, erfährt die Kleine nicht nur einen wahren Kulturschock, sondern muss auch bald arbeiten gehen. Doch ihre wilde, unbekümmerte Art lässt sie bald alle Stellen verlieren. Verkracht mit ihrer Mutter, rutscht sie in die Armut und in die Semi-Prostitution. Bis eines Tages ein Bildhauer sie als Modell engagiert. Fortan steht sie mehreren Künstlern Modell und wird als Muse eine zentrale Figur der künstlerischen Szene des Paris der zwanziger Jahre. Vor allem als Freundin des berühmten Fotografen Man Ray macht sie von sich reden. Im Rausch der Zeit wird sie berühmt als Kiki de Montparnasse.
Meinung:
Das Ansinnen der Graphic Novel Kiki de Montparnasse von Catel und Bocquet ist sehr lobenswert. Denn wie viele Musen und / oder Modelle sind in der Zeit völlig vergessen worden. Was ihnen nicht gerecht wird, schließlich haben sie Künstlern und Schriftstellern Inspiration gegeben und sind in ihren Werken unsterblich geworden. Was nicht unironisch ist: unvergessen im Medium, vergessen von allen Menschen. Jeder kennt das Bild Mona Lisa, aber kaum einer weiß, wer die Portraitierte ist. Kiki de Montparnasse jedenfalls wusste durch ihre Lebensbejahung eine ganze Szene zu prägen und gilt somit als Inbegriff der rauschenden Zeit der 1920er Jahre. Wie lohnenswert und dankbar ist also solch ein Stoff. Schließlich kann anhand der Biographie einer einzigen Person eine ganze (kurze) Epoche geschildert werden. Dazu gehören nicht nur viele Anspielungen, sondern auch die Auf und Abs, die mit Sex, Alkohol, Drogen, Parties und Freunden einhergehen. Man wähnt sich bisweilen in den zügellosen Romanen eines Henry Miller. Aber man fühlt sich auch an die heutige Zeit mit ihrem Jugendwahn erinnert, wo jeder möglichst lange jung und agil sein will. Vor allem gegen Ende des Bandes führt das zu einigen beklemmenden Parallelen.
Das vollgestopfte Leben der Kiki voller Kunst, Alkohol, Sex, Partys und Prominenz lässt es schwierig werden, einen roten Faden zu entwickeln. Und genau daran krankt die Graphic Novel. Ähnlich wie die Porträtierte, ist das Buch sehr sprunghaft und anekdotenhaft. So wird das Ansinnen nicht gerecht verfolgt, denn die Sprunghaftigkeit verhindert eine tiefere Betrachtung des Charakters und die Anekdotenhaftigkeit kann keine tiefere Psychologie schaffen. Man erhält nur eine Ahnung, aber jede zentrale Stelle ist dann wieder zu schnell vorbei. Es rauscht am Leser vorbei wie ein großes Fest. Aber am Ende ist dann der Kater zur Stelle und fragt nach der Substanz. Und dieses ist ein großer Hinweis darauf, dass es kaum geschafft wird, wirkliche Dramatik zu schaffen.
Zudem werden Leser, die sich nicht sonderlich mit den bildenden Künsten der damaligen Zeit auskennen, angesichts der vielen Figuren, Stilrichtungen und Konflikten etwas überfordert sein. Kunstkenner werden so mehr Spaß daran haben und die Anspielungen zu würdigen wissen. Die teils recht naiv anmutenden Zeichnungen vermögen es aber, das Flair und das Milieu gut einzufangen und jedem Charakter seine Einzigartigkeit trotz des reduzierten Striches zu geben. Ansonsten fallen sie nicht sonderlich auf. Generell ist der Band zu oberflächlich geworden, um wirklich zu überzeugen. Schade.
Fazit:
Etwas zu anekdotenhaft und sprunghaft, um die Personen dem Leser wirklich näher zu bringen, ist Kiki de Montparnasse etwas enttäuschend. Obwohl das Flair und das Milieu gekonnt geschildert werden, bleiben die Eindrücke etwas oberflächlich. Für eine Charakterstudie ist das leider etwas zu wenig.

Kiki de Montparnasse
Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann
Verlag:
Carlsen
Preis:
€ 36,00
ISBN 10:
3551791090
ISBN 13:
978-3-551-79109-2
416 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

- Ansinnen
- Flair und Milieu
- Schilderung eines Lebensgefühls

- sprunghaft und anekdotenhaft
- etwas zu oberflächlich

Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
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Rezension vom: | 13.10.2011 | ||||||
Kategorie: | One Shots | ||||||
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