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Comic-Besprechung - Das Fräulein von Scuderi

Geschichten:

Das Fräulein von Scuderi

Autor: E.T.A. Hoffmann
Weitere Autoren und Illustratoren: Alexandra Kardinar, Volker Schlecht



Story:
In Paris erschüttert eine Giftmordwelle die Stadt. Um der Affäre Herr zu werden, ernennt der König einen eigenen Gerichtshof, den chambre ardente, der Nicolas de la Regnie vorsteht. Wie nicht anders zu erwarten, entwickelt sich dieser Sondergerichtshof bis zur Lösung der Vorfälle bald zu einer Inquisition. Paris findet allerdings keine Ruhe. Jetzt ist es nicht mehr Gift, welches den Tod in die Straßen von Paris trägt, sondern gezielte Messerstiche, deren Opfer zumeist Adelige sind. Und ähnlich wie bei den Giftmorden tut sich die Obrigkeit schwer mit der Aufklärung. Die alte Hofdame Fräulein Scuderi wird auf ganz ungewöhnliche Weise in dieses Fall hineingezogen, der durch ein unbedachtes Wort ihrerseits sogar zunehmend ernster wird. Als sie erkennt, dass sie der Angelegenheit näher steht, als sie zunächst dachte, muss sie alles daran setzen den wahren Mörder zu entlarven.


Meinung:
Über Kunst kann man sich trefflich streiten. Dabei geht es nicht bloß um den Begriff, sondern eventuell auch darum, ob man Kunst „wollen kann“ oder sie erst durch das Publikum entsteht. Werke wie die berühmte Fettecke spielen mit dieser Grenze und auch der jüngste Fall einer übereifrigen Putzfrau, die ein Werk mal kurzerhand hinfort wischte, bestätigt zumindest eines: Kunst liegt vor allem auch im Auge des Betrachters.

Auf ein weiteres wird man sich vielleicht dann auch einigen können: Kunst als Selbstzweck ist nicht unbedingt immer das Beste. Was daran liegen kann, dass dann das Werk nicht über sich hinausweist, sondern es stets nur als Kunst gedacht, erarbeitet und gemacht wurde. Jede weitere Intention ist eher Zufall oder unbeabsichtigt. Die daraus letztlich erwachsende Aussage „Ich bin Kunst, weil ich Kunst bin“, zeigt schon, dass derart Geschaffenes recht langweilig sein kann und ihm keine lange Bedeutungskraft beschieden ist.

Der Bogen, der hier zu Das Fräulein von Scuderi gezogen werden soll, wird einem klar, wenn man sich in das von Alexandra Kardinar und Volker Schlecht gestaltete Werk vertieft. Unter Drushba Pankow ist das Duo auch bekannt und fertigte bereits Illustrationen für die Zeit, Fachbücher und hat sogar einen Trickfilm unter ihren kreativen Flügel entwickelt. Kardinar ist sogar Professorin für Illustration an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule und kennt sich dementsprechend aus. Nur gilt das auch für die Erzählform Comic?

E.T.A Hoffmanns Das Fräulein von Scuderi gilt als erste Novelle in der eine Figur detektivisch auftaucht. Danach kam erst wieder Edgar Allen Poe mit seinen Morden in der Rue Morgue. Der amerikanische Autor war sogar wiederum von Hoffmann beeinflusst und lehrte dessen Werke sogar an der Universität. Auch Hoffmann konnte sehr düster sein (Die Elixiere des Teufels), zeigt sich in seiner Kriminovelle aber durchaus kritisch gegenüber dem Absolutismus. Dabei war er selbst Richter und Teil der Polizeigewalt, die in Das Fräulein von  Scuderi nicht gerade wohlwollend beschrieben wird. Im Gegenteil muss sie sich sogar von einer älteren Hofdame vorführen lassen. E.T.A. Hoffmann wusste also wovon er schrieb.

Im Gegensatz zu Hoffmanns schöner Novelle, gibt sich der bebilderte Teil sehr sperrig und zeigt dem Leser auf den ersten Seiten gleich, dass er sich hier etwas erarbeiten muss. Auch das da etwas zwischen den Zeilen beziehungsweise Bildern hängen muss, ist sofort ersichtlich. Nur ob man wirklich bereit ist, sich darauf einzulassen und warum man dies eigentlich sollte, diese Frage beantwortet die Graphic Novel dann leider nicht. Aus der Art der Darstellung heraus entsteht auch nie das Gefühl einer wirklichen Erzählung, durch die eigenwilligen Bilder und den vielen Text en bloc muss man sich alleine durchkämpfen, ohne Führung durch den Stil der Illustratoren (was vermutlich gewollt ist). Persönlich hat es auch nicht geholfen, aber die Schuld ist nicht den Machern anzulasten, dass beim ersten Anblick der Zeichnungen, der Name Terry Gilliam und Monty Python ins Gedächtnis sprang. Da waren die Trickfilmabschnitte ebenfalls mit „zusammengeschnittenen“ Figuren bevölkert, vornehmlich aus diversen klassischen Gemälden und Zeichnungen übernommen.

Wenig selbstbewusst kommt dann schließlich die abschließende Erläuterung zum Thema Was soll das eigentlich sein, eine Graphic Novel hinzu, in der die Herangehensweise mit Mittel der klassischen Legetrick-Animation (hier sind wir wieder bei Terry Gilliam) nochmals beleuchtet wird. Doch wie bei Witzen wird auch eine Graphic Novel nicht besser, wenn sie im Nachhinein nochmals erklärt wird oder wenn man böse sein will: erklärt werden muss. Gerade wenn das Endergebnis dazu führt, dass man eine „Graphic Novel extrem“ in den Händen hält. Auf der einen Seite einen Comic, ohne das novellige (im Sinne von etwas Erzählenden), auf der anderen eine Novelle ohne das Graphische/Optische. Von beiden Teilen funktioniert dabei die Novelle am besten, was jetzt auch nicht wirklich verwundert.

Diese ist nämlich, und das ist das Schöne an der Veröffentlichung, ab der Hälfte des Bandes in Prosa angefügt worden. Hinzu kommt eine dezente Kommentierung wichtiger Passagen oder Begriffe, die das Anliegen der Novelle stärker verdeutlichen, als es die Bilder zuvor vermochten – da kein ein verspielt in die Szene eingefügter Nachttopf nun mal nicht mehr helfen. Show, don’t tell, so heißt es. Die Graphic Novel Das Fräulein von Scuderi beweist diesmal, dass das Gegenteil auch wahr sein kann.

Vielleicht hängt bei der Bewertung diesmal sehr viel und mehr als sonst von der eigenen Perspektive ab, besonders bei der Graphic Novel zu Das Fräulein von Scuderi. In der F.A.Z. oder im Tagesspiegel werden sie den Band vermutlich loben und seine besondere Optik und die Verspieltheit der Darstellung würdigen. Das Feuilleton wird es lieben, die „alteingesessenen“ Comic-Leser eventuell wieder die Augen verdrehen, was da unter dem Label Graphic Novel seinen Weg auf den Markt findet.


Fazit:
Mag hier künstlerischer Unverstand auf Seiten des Rezipienten regieren, aber der Zugang zur Graphic Novel Das Fräulein von Scuderi gestaltet sich wahrlich nicht einfach. Im wahrsten Sinne eine spröde Geliebte, erschließt sich einem die Bebilderung nicht ohne weiteres und man wird auch nicht dazu eingeladen sich weiter mit dem Band zu beschäftigen. Für Künstler vielleicht ganz interessant, für den Lesern nur bedingt. Schön dagegen ist es eine dezent kommentierte Ausgabe von E.T.A. Hoffmanns Novelle in die Hand zu bekommen. Aber dazu hätte es die Graphic Novel nicht gebraucht.


Das Fräulein von Scuderi - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Das Fräulein von Scuderi

Autor der Besprechung:
Alexander Smolan

Verlag:
Edition Büchergilde

Preis:
€ 24,99

ISBN 10:
978-3-940111-83-8

ISBN 13:
978-3-940111-83-8

160 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • E.T.A. Hoffmanns Novelle kommentiert als Anhang
  • gute Aufmachung
Negativ aufgefallen
  • schwerer Zugang
  • Verspieltheit der Zeichnungen für den Leser nicht spürbar
  • Kunst um ihrer selbst willen?
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
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Rezension vom: 09.12.2011
Kategorie: One Shots
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