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Comic-Besprechung - Daddy

Geschichten:

Daddy

Autor, Zeicher: Matthias Schultheiss



Story:
Gottes Sohn kehrt als fetter, heroinabhängiger Junkie in Begleitung eines Gnomes der Hölle mit dem Aussehen Hitlers mit Narrenkappe zurück auf die Welt, um sich den Menschen zu  offenbaren und ihnen so den Weg zurück zu ihrem Herrn zu zeigen. Jesus verweigert Gott allerdings diese Tat, weil die Menschheit seiner Meinung nach nicht würdig genug seien, so dass ihn sein Vater mit Blindheit bestraft. Einzig die Kinder versucht Jesus zu retten, da sie als einzige ohne Schuld sind. Angewidert von der Verruchtheit der erwachsenen Menschen beginnt Jesus einen brutalen Rachefeldzug gegen Drogenverbrecher und die katholische Kirche um schließlich von deren Vertretern im Vatikan erneut ans Kreuz geschlagen zu werden. 

Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Matthias Schultheiss ist endgültig wieder in der Welt der Comics angekommen. Begann diese  Rückkehr zur neunten Kunst 2010 im Splitterverlag mit "Die Reise mit Bill" noch leise und  relativ beschaulich, so ist seine neueste Veröffentlichung im gleichen Verlag wie ein fieser  Schlag ins Gesicht. Wie schon in seinen früheren Werken setzt sich der 1946 geborene Schultheiss mit den dunklen Seiten der Seele auseinander. Diesmal widmet sich der deutsche Comic-Autor und –Zeichner der Jesusgeschichte. Allerdings spielt die Geschichte Gottes Sohn diesmal 2000 Jahre nach dessem gewaltätigem Ende am Kreuz. Entweder liebt man dieses neueste Testament, oder man hasst es, zu sehr polarisiert diese Interpretation der biblischen Geschichte. Zeitlich vor "Die Reise mit Bill" entstanden, handelt es sich bei "Daddy" augenscheinlich um die Abrechnung Schultheiss mit dem Glauben an Gott im allgemeinen und insbesondere mit der katholischen Kirche. Sein Jesus ist nicht der sanftmütige Redner, der allein mit Liebe und guten Worten Jünger um sich scharrt, sondern mehr der aufbrausende Wüterich, der mit einer Peitsche aus Binsenstricken die Geldwechsler aus dem Tempel hinaus prügelt. Barmherzigkeit zeigt dieser Messias nur bei den Kindern, deren Leben er zu retten versucht, indem er seine Kräfte dazu nutzt, unheilbare Krankheiten zu heilen. Außerdem befreit er mehrere Kinder in einem Großbrand ohne dafür einen Lohn zu erwarten. Er ist nicht der Jesus, der für seine Taten gelobt, oder angebetet werden will. Es reicht ihm, dass es den Kindern besser geht und er erwartet dafür keinen Dank. Da dieses Verhalten Gott nicht gefällt, erwidert er nicht die Anrufe seines Sohnes und bestraft ihn, der Blinde wieder sehen lassen kann, selber mit dem Verlust des Augenlichts. Zusätzlich gibt er Jesus einen Begleiter zur Seite, der ihn ständig mit dem Bösen versucht. Dieser Gnom in Gestalt Adolf Hitlers trägt die Narrenkappe als Symbol für seine Freiheit, den Sohn Gottes gleichzeitig zu führen und zu verführen. Trotz der äußerst brutalen Bilder während einiger Szenen im Comic, in denen Jesus eine Drogenbande zerfleischt entwickelt sich der wahre Horror des Albums in Form der katholischen Kirche, deren Obere verzweifelt versuchen, den Sohn Gottes erneut ans Kreuz zu schlagen um ihre Macht über die Menschen zu erhalten und zu festigen. Schultheiss prangert hier insbesondere den lapidaren Umgang der Kirche mit den bekannt gewordenen Übergriffen kirchlicher Prediger auf Kinder an. Für gläubige Christen wird dieser Comic als reine Blasphemie gelten, aber mit einer Portion gesundem Menschenverstand und auch einem Augenzwinkern kann man schnell erkennen, dass hier ein Meisterwerk der Comickunst entstanden ist, dass in anderen Verlagen zu recht als Graphic Novel bezeichnet werden würde. Es ist dem Splitterverlag hoch anzurechnen, diesen  Band in sein Programm aufgenommen zu haben, beinhaltet er doch eine Menge Zündstoff für strenggläubige Christen.

Die Zeichnungen Schultheiss unterstreichen auf wunderbare Weise die neue Geschichte um Gottes Sohn. Sie sind oft genauso verwaschen und "schludrig" wie das Äußere dieser schmutzigen und verrohten Welt, in der die Geschichte spielt. Gleichzeitig sind die Bilder mit Kinderzeichnungen verziert, die direkt und unverblümt darstellen, was die ansonsten realistisch gehaltenen Zeichnungen nicht zeigen können oder wollen. Gewalt in ihren widerlichsten Auswüchsen gegen Kinder. Lässt man sich insbesondere auf diese Randnotizen ein, erkennt man den tieferen Sinn hinter der Geschichte und dem jeweiligen  Handlungsstrang, der oft von begleitenden Texten, die in einer, der Bibel sehr ähnlichen Sprache gehalten, erklären was gerade passiert. Die Farben tun ihr übriges zu diesem Gesamtkunstwerk. Sie sind zumeist dunkel und zum Teil in reinen Grautönen gehalten, und stechen an anderer Stelle wiederum wunderschön coloriert insbesondere während der Szenen im Feuer und bei der Heilung der Kinder ins Auge. Ebenso brillant ist auch das Covermotiv, welches den Rücken Jesus zeigt, in den wie durch Peitschenhiebe eingerissen, eine Kinderzeichnung des ans Kreuz geschlagenen Messias prangt, die durch die Worte „Ich liebe Dich“ unterstützt werden. Alleine dieses Cover ist schon der Erwerb dieses Albums wert, dass der Splitter Verlag zu seinem fünfjährigen Jubiläum auch in einer 500 Alben großen Sonderauflage mit einem vom Meister signierten Druck herausgebracht hat. 

Fazit:
Matthias Schultheiss ist wahrlich zurück. Größer und gewaltiger noch als zu Beginn seiner Comiclaufbahn mit Die Haie von Lagos und Die Wahrheit über Shelby, ist dieser „Daddy“ sein persönlichstes Werk und gleichzeitig eine Abrechnung mit der katholischen Kirche und deren Vertreter zum Thema Kindesmissbrauch und Messiasverehrung. Für mich ist Daddy eines der besten Comics 2011 und gleichzeitig die größte Überraschung im ansonsten eher braven Sortiment des Splitter Verlags, der das Album in gewohnt guter Qualität  im splittertypischem Hardcoveralbum im Überformat auch gerade für Sammler durch die limitierte 500er Serie interessant werden lässt. Insbesondere Fans der anspruchsvollen Graphic Novel empfehle ich mehr als einen Blick in dieses Kleinod der Comickunst zu werfen.

Daddy - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Daddy

Autor der Besprechung:
Malte Ussat

Verlag:
Splitter Verlag

Preis:
€ 15,80

ISBN 10:
978-3-86869-442-0

ISBN 13:
978-3-86869-442-0

72 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Anspruchsvolle Geschichte
  • Vielschichtige Zeichnungen
  • Geniale Kolorierung
  • Brisantes Thema
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1.25
(4 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 12.01.2012
Kategorie: Rezensionen
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