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Comic-Besprechung - Caligula 1

Geschichten:

Caligula 1 (Caligula 1-6)
Autor
: David Lapham
Zeichner / Colorist: German Nobile



Story:
Junius ist ein junger Olivenbauer, dessen Familie von niemand geringerem als dem römischen Kaiser Caligula und seinen Freunden ermordet wurde. Junius schwört Rache und zieht gen Rom. Nach einigen Wochen der Planung gelingt es ihm tatsächlich in den Palast einzudringen. Doch das Attentat geht schief und zu seiner größten Verwunderung nimmt Caligula Junius als Sekretär unter seine Fittiche. Das hat zur Folge, dass Junius Augenzeuge der schlimmsten Ausschweifungen und Grausamkeiten wird. Zu seinem größten Entsetzen fühlt er sich dadurch aber noch näher zu dem grausamen Kaiser hingezogen.

Meinung:

Caligula war nicht der komplette Name des römischen Kaisers. Dieser lautete Gaius Caesar Augustus Germanicus, wurde aber schon als Junge Caligula genannt. Wobei dieser Name nicht als Ehrenbezeichnung, sondern als Verniedlichung und damit als Demütigung gedacht war. Caligula heisst übersetzt (Soldaten-) Stiefelchen und zeigt auf, wie sehr der Junge schon mehr sein wollte als er ist. Als junger Mann oder als Junge soll er nämlich bei einem Besuch an der Front in übergroßen Soldatenstiefeln umhergelaufen sein. Das Streben dieses Mannes wird durch den Gebrauch dieses Diminutivs lächerlich gemacht. Diese Demütigung durch die damalige Situation und dessen Fortwährung durch den Namensgebrauch, den der Kaiser wohl aus Trotz oft selber benutzte, trug der spätere Kaiser immer in sich und schlug zurück, indem der sehr autoritär herrschende andere demütigte und liquidierte. Da er sich damals bei dem römischen Senat äußerst unbeliebt, ja verhasst machte (so wollte er etwa sein Lieblingspferd zum Senator ernennen lassen), nicht zuletzt wurde er schließlich von Mitgliedern seiner eigenen Garde ermordet, war die Person Caligula massiver Negativ-PR ausgesetzt. So sollte der Herrscher im Nachhinein disdkreditiert werden. Somit teilt sich Caligula den Platz mit dem ägyptischen Pharao Echnaton, bei dem versucht worden war, alle Spuren in Form von Inschriften zu tilgen, den Borgias und den Tempelrittern, die alle komplett hinter dem Negativmythos verschwunden sind (mit Ausnahme von Echnaton) und besonders in der Populärkultur immer wieder auftreten, wobei die historische Wahrheit nicht sonderlich genau genommen wird. Ja, Caligula war kein guter Herrscher und mordete und demütigte und respektierte nicht die römischen Gesetze und Sitten, aber vieles was man ihm zuschrieb dürfte er wohl nicht getan haben.

Starautor David Lapham nimmt sich auch nicht des historischen Kaisers an, sondern nutzt die jahrhundertealte Mythisierung und Negativ-PR. Demnach ist der Band weder eine Biographie, noch eine Sozialstudie oder psychologische Untersuchung, wie der Kaiser zu einem Monster wurde. Lapham zeigt zwar die Verführbarkeit des Wahnsinns auf und wie Macht korrumpiert, schafft es aber nicht, eine psychologische Dichte herbeizuführen. Was erstaunt. Schließlich hatte Lapham in seinem Meisterwerk Stray Bullets doch sein Lebensthema zu einer frühen Vollendung gebracht und gezeigt, dass in jedem Menschen eine kriminelle Ader steckt und wie man sie wecken kann. Insofern war die Serie auch eine soziologische und psychologische Studie über das Böse im
Menschen.

Caligula hingegen ist ein einziger langer Fiebertraum voller Gewalt und Sex, was sehr verstörend und sehr plakativ ist. Da ist keine inhaltliche Dichte zu finden, stattdessen lassen sowohl der Autor als auch der Zeichner einfach "die Sau raus". Die Gewalt ist reinster Splatter und dürfte zarten Gemütern Alpträume bescheren. Die Erotik ist amerikanisch zurückhaltend und rutscht manchmal haarscharf an der Pornographie vorbei, wird angedeutet oder findet nur im Off-Kommentar statt. Caligula ist insofern ähnlich puritanisch wie das amerikanische Fernsehen. Man darf zur Prime-Time zeigen, wie ein Kopf explodiert, aber eine nackte Brustwarze einer schönen Frau löst Skandalgeschrei aus. Dieser Band ist abolut zu recht erst ab 18 Jahren freigegeben.

Insgesamt hinterlässt der Band einen sehr zwiespältigen Eindruck. Die Gewalt wird nicht inhaltlich eingebettet, sondern ist nicht nur manchmal Selbstzweck, sondern sie wird auch nicht einem charakterlichen Defekt zugeschrieben. Lapham macht es sich sehr enfach, indem er etwas Übernatürliches einführt und somit einen puren Horrorstoff im Historiengewand liefet. Das hinterlässt einige zweifelhafte Szenen. Etwa wenn menschliche Überreste ein Hakenkreuz bilden. Aufgrund dessen, dass dieser Tat etwas Übernatürliches inne wohnt, wird das Böse auch der Nazis etwas banalisiert.Schließlich wird suggeriert, dass etwas so Böses nicht von einem Menschen allein getan werden kann.

Immerhin gelingt es Lapham dem Leser, der, zugegeben, zunehmend fasziniert ist von der Gewalt und dem Sex, mit der Hauptfigur dem Leser einen Spiegel vorzuhalten und zu zeigen, dass er voyeuristisch veranlagt ist. Dazu passt auch, dass die oberflächlich sehr schönen realistischen Zeichnungen sehr detailfreudig sind. Zu detailfreudig, möchte man angesichts mancher Szenen sagen. Das ist zuweilen recht eklig, aber immer eindrucksvoll.



Fazit:
Ganz harter Stoff, der Zartbesaiteten Alpträume bescheren dürfte. Die Gewalt ist Splatter und der Sex ist manchmal am Rande der Pornographie. Inhaltlich ist der Band recht zwiespältig und David Lapham bleibt hinter seinen bekannten Möglichkeiten zurück, da keine psychologische Dichte oder inhaltliche Einbettung vorgenommen wird. Dadurch werden die Effektive plakativ und in Einbeziehung übernatürlicher Elemente verlässt Lapham auch die historischen Umstände oder eine Charakterdeutung. Aber der Leser erwischt sich als Voyeur.

Caligula 1 - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Caligula 1

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Paninicomics

Preis:
€ 16,95

ISBN 13:
978-3862013456

148 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • realistische Zeichnungen
  • voyeuristischem Leser wird Spiegel vorgehalten
Negativ aufgefallen
  • sehr harte Gewalt wird nicht charakterlichem Defekt zugeschrieben
  • keine Biographie, sondern Effektgewitter
  • plakativ: alle Gewalt und aller Sex wird fast zum Selbstzweck
  • überflüssige Horrorelemente
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
2
(2 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 18.06.2012
Kategorie: Caligula
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