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Comic-Besprechung - Bouncer 8

Geschichten:
Bouncer 8: To Hell
Autor: Alexandro Jodorowsky
Zeichner / Colorist: Francois Boucq

Story:
Wieder muss der Bouncer einen Verlust hinnehmen: die hochschwangere Frau eines Freundes wird ermordet. Daraufhin lässt sich der einarmige Revolverheld als Marshall vereidigen, um den sadistischen Mörder zu fassen. Doch dieser ist der Sohn eines Gefängnisdirektroes. Und dieser Knast ist alles andere als er zu sein scheint.

Meinung:
Auch wenn jetzt gleich zu Beginn ein kleiner Spoiler kommt: erinnert sich noch jemand an ein Lucky Luke Album, in dem die Daltons in ein Gefängnis kommen, in dem die Verbrecher nicht zur Strafe absitzen, sondern in den steinernen Mauern eher ein Auskommen haben und sich verstecken, ihr Geld verprassen und sich ausruhen können? Was dort als Satire natürlich wunderbar funktionierte, weil die Daltons mit einem großzügigen Richter („Generös, ist das was zu essen?“, sagt Averell ein um das andere Mal) so gar nicht klar kamen, wird in der Westernserie Bouncer von Alexandro Jodorowsky und Francois Boucq vollkommen umgedreht und gerät zu einer Metapher auf die Macht. So kommt dieses Lucky Luke Element vor. Nur ist dieses hier keinerlei Satire, sondern düster und brutal.  So werden etwa weibliche Gefangene als Lustsklaven gehalten.

In dieser Gegenüberstellung zweier thematisch ähnlicher Bände, wird deutlich, wie sehr sich die Serie Bouncer von anderen Westernserien abhebt. Sicher, die Themen sind sich in fast allen Westernserien ähnlich und handeln von Rache, Glücksrittern und den psychischen Verrohungen durch den Krieg. Und dennoch ist die Serie eher dem Italowestern zugeneigt, als dem amerikanischen Western. Denn nicht nur sind die Helden keine Helden, sondern alle Personen sind versehrt.

Nicht nur physisch, was eher den psychischen Dispositionen entspricht. Der einarmige Bouncer etwa ist ein Halbblut, also nur halb der weißen Gesellschaft zugehörig, was der fehlende Arm auf der körperlichen Ebene verdeutlicht. Andererseits ist es dramaturgisch geschickt und die Spannung erhöhend, das der Held ein körperliches Handicap hat. Aber auch viele andere Figuren sind versehrt. So ist hier einer der Schurken bucklig und auch in anderen Teilen waren die Gegner körperlich eher abstoßend, indem man etwa inzestuöse Merkmale bemerken konnte. Aber das hebt sie nicht platt von den Helden ab, was sie in die Richtung der plakativen Western der 1950er rücken würde, sondern sie sind einfach noch monströser als alle anderen zu der Zeit. Hier gibt es keine Schönheit, kein Edelmut und die einzige Figur, welche sich freiwillig aufopfert, die chinesische Freundin von Bouncer, wirkt schon fast lächerlich, da sich hier jeder der nächste ist. Auch wenn Bouncer oft Kämpfe eingeht, so doch nur, um seine eigenen Interessen oder dass seiner Freunde durchzusetzen. Hier ähnelt Bouncer eben dem Italowestern, in dem die Helden nur nach materiellen Gewinn oder Rache streben und nicht im Sinne John Waynes den Armen und Bedrängten zu Hilfe eilen.

Und auch in einer anderen Hinsicht reiht sich der Comic in die Filmtradition ein: nämlich in punkto Gewalt. Bouncer ist die wohl am wenigsten zimperliche Comicwesternserie die es gibt. Durango war zwar sehr blutig, aber die stilisierten Shootouts gaben dem ganzen etwas Ästhetisches. Bouncer hingegen ist dreckig, gemein, brutal und äußerst blutig. Hier zählt nichts Zwischenmenschliches und wenn der mittlerweile achte Band To Hell in den Splatterbereich abrutscht, so ist das schon fast folgerichtig. Aber trotz aller Brutalität ist Bouncer wohl eine der besten Westernserien, da sie gerade in dem Zynismus und dem egoistischen Fortschrittsstreben der Figuren sehr realistisch ist. Hier wie damals zählen nur die Macht und das Geld und ein Leben gar nichts. Dabei ist sie psychologisch immer recht dicht, wobei man in dem achten Band die Schurken noch nicht richtig abschätzen kann, da er in dem neunten Teil fortgesetzt wird. Der verkrüppelte Schurke rächt sich durch Grausamkeit gegenüber anderen an seiner eigenen Unförmigkeit und lässt somit paradoxerweise den Körper das Spiegelbild seiner Seele sein. Aber, und da gebührt Jodorowsky ein großes Lob, der Schurke selber leidet auch und ist nicht nur einfach ein groteskes Zerrbild. Bezeichnend ist dann das kleine Mädchen, was von ihrem Vater im Gesicht tätowiert worden war, damit sie keiner aufgrund ihrer Äußerlichkeit begehrt, sondern nur wegen ihrer inneren Werte. Was ebenso für die ganze Serie gelten kann. Ebenso fragt man sich besonders in To Hell, ob unser Held sehr mutig ist oder einfach nur dumm, wenn er ohne Unterstützung in die Höhle des Löwen geht. Oder besitzt er eine Todessehnsucht?

Auch diesmal ist die graphische Seite sehr gelungen, obwohl außergewöhnliche Ideen fehlen. Doch die Zeichnungen sind sehr dynamisch und wirklich jedes Gesicht ist individuell ausgearbeitet. Manchmal sind die Bildausschnitte etwas merkwürdig ausgewählt, da sie einiges von der Action verdecken, was sie aber wieder von dem Gros des Genres abhebt. Und gegen Ende ist die Spannung so extrem hoch, dass man die Fortsetzung nicht erwarten kann.


Fazit:
Nichts für Zartbesaitete. Bouncer ist im Gegensatz zu anderen Westernserien düster, zynisch, pessimistisch und stellenweise äußerst brutal. Aber auch deswegen höchst spannend, weil niemand sicher ist. Hier zählt ein Leben gar nichts und nur die individuelle Befriedigung ist aller Leitstern. Und doch ist die Serie eine der besten Westernserien überhaupt.



Bouncer 8 - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Bouncer 8

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Egmont Comic Collection

Preis:
€ 15,00

ISBN 10:
3770436741

ISBN 13:
978-3-7704-3674-3

64 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Spannung und Action
  • Düster und Pessimistisch
  • brutale Action und dynamische Zeichnungen
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(2 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 29.01.2013
Kategorie: Bouncer
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