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Comic-Besprechung - Böse Geister

Geschichten:
Böse Geister

Autor: Peer Meter
Zeichner: Gerda Raidt


Story:
Der sechzigjährige Harry Wallmann reist noch einmal in seine Heimatstadt, da sein altes Viertel abgerissen werden soll. Als er die verlassenen Räumlichkeiten einer alten Buchhandlung betritt, holen ihn die Erinnerungen an eine Zeit ein, in der vieles nicht sonderlich einfach war.

Meinung:
Peer Meter ist mittlerweile ja bekannt für seine sensiblen Comicromane und auch sein neues Werk Böse Geister steht dem in nichts nach. Im Vergleich zu den anderen bekannten Bänden wie Haarmann oder Gift ist Böse Geister aber nicht historisch rückblickend und sehr viel dichter konzipiert. Die eigentliche Handlung spielt nur an einem einzigen Ort und in schätzungsweise einer Stunde Dauer. Dabei ist die Story vermeintlich übersichtlich. Ein Mann kommt zu einem Ort seiner Kindheit, um ihn noch einmal vor dem Abriss zu sehen und wird von seinen Erinnerungen eingeholt.

So klein die Geschichte auch ist, so atmosphärisch ist sie. Meter erzählt von Traumata, Tod und dem Umgang damit. Aber auch die Rolle von Eskapismus durch Comic-Hefte, Groschenromane und allen anderen (pop-)kulturellen Produkten. Sie sind nicht nur Flucht, sondern können auch dazu dienen, sich bewusst mit schmerzhaften Erfahrungen auseinanderzusetzen. Und holen dann später, wenn man ein bestimmtes Produkt nach Jahren wieder in der Hand hält, den Lesenden in die vergangenen Tage zurück. Auch wenn Läden, wie der hier geschilderte, einigermaßen selten geworden sind, so können doch die Leser, gerade bei denen vor den 1980ern geborenen, abgeholt werden. Der ganze Erzählband atmet den Geist seiner Epoche und den der Kindheit, die hier nicht verklärt wird, sondern durchgehend bedrückend ist. Anders als etwa bei Baru in Die Sputnik Jahre wird hier nicht das schöne im Elend gezeigt. Was angesichts der Momentaufnahme auch gar nicht möglich ist, da alle geschilderten Erinnerungen mit dem Ort zusammenhängen, an dem sich die Hauptfigur gerade aufhält.

Besonders schön wird herausgestellt, was die Hefte, der Eskapismus, für den Jungen bedeuten. Wobei das nicht altersbedingt ist, denn während das Kind Gespenster-Hefte liest, hat eine ältere Frau eher Interesse an Arzt-Romanen und ein Mann an Science-Fiction-Geschichten. Eskapismus und die Reise in die Fantasie braucht jeder Mensch.

Allerdings wird diese Fluchtmöglichkeit auch verpönt und hier kommt die Schmutz-und-Schundkampagne der 1950er am Rande vor. Die triste Realität drängt sich immer wieder auf und die ganze Gesellschaft und ihr Denken werden noch von der Nazizeit geprägt. Das repressive System und die Stimmung werden hier in der Figur des Schuldirektors gebündelt.

Gerda Raidt setzt die dichte, spannende und bewegende Geschichte gekonnt um. Vor allem ihr Stil und ihre Technik passen hervorragend. Da sie Kohle und Bleistift benutzt, haben die Zeichnungen mehrere gleichzeitige Charakteristika, die ebenso widersprüchlich sind wie Erinnerungen an sich. So besitzen die Zeichnungen eine gewisse Patina, Zärtlichkeit, Fragilität, aber auch eine Bedrohung und eine Flüchtigkeit, wie sie alles auch Erinnerungen zu Eigen sind. So wirkt vieles wie ein Traum und die Rückblenden werden nicht nur durch den Dialog gekonnt mit der Realität verbunden. Zudem versteht es Reidt die Mimik sehr gut einzufangen und kann auch ambivalente Gefühle mit nur wenigen Mitteln eindrucksvoll darstellen. Man achte nur auf den Helden, wenn er das erste Mal durch das Fenster des verlassenen Ladens blickt. Da bündeln sich in seinem Blick die widerstreitenden Gefühle. Sehr schön.

Fazit:
Ein dicht erzähltes, sehr stimmungsvolles Werk, das den Leser in eine Zeit mitnimmt, in der die Grundstimmung repressiv war. Dafür wird hier der Eskapismus gefeiert und wie dieser helfen kann, mit Schwierigkeiten umzugehen. Graphisch ist das zudem hervorragend umgesetzt.

Böse Geister - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Böse Geister

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Reprodukt

Preis:
€ 20

ISBN 10:
3943143422

ISBN 13:
978-3943143423

104 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • kompakte Struktur
  • Huldigung des Eskapismus
  • in knappen Szenen ganze gesellschaftliche Stimmungen eingefangen
  • hervorragend graphisch umgesetzt
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
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Rezension vom: 05.06.2013
Kategorie: One Shots
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