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Comic-Besprechung - Capote in Kansas

Geschichten:
Capote in Kansas
Autor:
Ande Parks
Zeichner: Chris Samnee

Story:
Kansas 1959. Ein brutaler Mord an einer mehrköpfigen Familie erschüttert die Menschen. Ein Mord, der auf den Schriftsteller Truman Capote eine eigenwillige Faszination ausübte und ihn inspirierte einen Roman zu schreiben, der ein neues Genre ins Leben rufen sollte: den Tatsachenroman. Davor stand jedoch die Auseinandersetzung mit den Morden, dem Umfeld und vor allem auch der Täter. Eine ganz eigene Welt tat sich hier für Capote auf, die ihn nachhaltig prägen sollte. Mehrere Jahre verbrachte Capote an diesem Werk und mit diesen Menschen und schaffte ein Werk, welches zu den letzten aus seiner Feder zählen sollte.


Meinung:
Ed Brubaker packte die Macher von Capote in Kansas nach der Lektüre gleich auf seine "Werde-kaufen-was-auch-immer-sie-produzieren"-Liste. Man weiß zwar nicht, was er sonst so auf dieser Liste hat, aber auf den ersten Blick scheint der Anlass bei Capote in Kansas berechtigt. Die große Capote-Retrospektive in Verbindung mit dem genreprägenden Roman Kaltblütig hatte Hollywood bereits vor ein paar Jahren geliefert. Auftakt gab damals der Kinofilm Capote, mit dem mittlerweile verstorbenen Philip Seymour Hoffmann, der die Messlatte für die Darstellung von Capote gleich mal ganz oben ansetzte. Weitere Filme folgten, jedoch immer etwas unter dem Radar.

Natürlich meint Parks jetzt, dass seine Idee zu einer Geschichte über die Vorgeschichte von Kaltblütig bereits vorher entstand und ihm die Filmindustrie einfach zuvorkam. Davon kann man halten, was man will, es ist aber ersichtlich, dass sich Parks mit dem Stoff intensiv auseinandergesetzt und versucht hat den Ton der Zeit und der Figuren in eine Geschichte zu fassen.

Wobei man gleich bei den Freiheiten ist, die er sich erlaubt und bei denen seine Geschichte von dem eigentlichen Geschehen abweicht (so wie Teile von Capotes Kaltblütig auch). Offensichtlich wird Capote damals nicht von einem Geist besucht worden sein. Das Erscheinen der eigentlich ermordeten Nancy ist mit das umstrittenste Element, welches Parks den Ereignissen in Holcomb bzw. in Garden City hinzufügte. Ihre Funktion ist es die Opferperspektive in den Vordergrund zu rücken, die im Werk Kaltblütig und auch den bisherigen Verfilmungen weniger im Fokus ist, als die Sicht und das Schicksal der Täter. Es ist dann natürlich sehr gewagt das Phantastische auf Capote loszulassen, zumal man sagen muss, dass es der Geschichte aufgrund ihres Erzähltempos wenig bringt.

Die nächste aufällige Abweichung ist das Fehlen von Harper Lee. Sie hatte sicherlich maßgeblich Anteil, wenn nicht direkt am Erfolg des Buches, dann doch mittelbar indem sie ihren Freund Capote nach Kansas begleitete und sicherlich im Gespräch mit den Einheimischen ihre Wirkung nicht verfehlte. Sie war die Brücke, die den eigenwilligen Charakter Capotes mit den Gemütern der Menschen aus Kansas verband. In Capote in Kansas taucht sie nur zu Beginn und gegen Ende auf. In Garden City glänzt sie durch Abwesenheit. Ein Umstand für den sich Parks im Anhang sogar wortreich entschuldigt. Vielleicht wäre sie doch die bessere Ergänzung für die Geschichte gewesen, als das etwas künstliche Hineinschreiben eines Geistes. Aber hierauf versucht Parks im Nachwort eine Antwort zu geben. Ob sie genügt, muss der Leser für sich selbst entscheiden.

Die bereits erwähnte Vertiefung von Parks in die Materie stellt sich dann schnell als das größte Hindernis des Comics (oder Graphic Novel) heraus. Wer nicht zumindest durch die schon herausgekommenen Filme weichgeklopft ist und für die Thematik sensibilisiert, der wird so seine Schwierigkeiten haben, alles selbstverständlich nachzuvollziehen. Auch geht viel verloren, den trotz Chris Samnees Bemühungen ist es schwierig jemanden wie Truman Capote, auf seine Art ein ganz besonderer Paradiesvogel, überhaupt darzustellen, der als Charakter soviel von seiner Gestik, Mimik und Redensart gelebt hat. Wie allein soll man diese markant hohe Stimme darstellen, die auf die Bewohner von Kansas für sich gesehen schon gewesen sein muss, als sei ein Paradiesvogel in einen Topf grauer Farbe gefallen. Kommt das restliche Wesen hinzu, wird ersichtlich, wie unmöglich eigentlich Samnees Aufgabe war und wie gekonnt er es doch schaffte Nuancen zu setzen, die zumindest erahnen lassen, wie es wirklich war.

Überhaupt Samnee, die kleine Arbeitsbiene, die einem in Interviews schon vorkam, als stammten seine Verwandten aus den Mangaka-Fabriken Japans, wo im Akkord die Seiten runtergedrescht werden und er nun auch nichts anderes könne, als immer weiter zu zeichnen. Allein wie gut er doch Capote selbst getroffen hat, wobei hier nicht nur von äußerer Ähnlichkeit gesprochen werden soll, sondern auch die mimische Ausdrucksweise, die Art sich zu bewegen. Abzüge in der B-Note gibt es für die Darstellung einiger weiblicher Charaktere, darunter Harper Lee und Nancy. Sie sehen sich viel zu ähnlich und wer allzu schnell darüber hinweg liest, der wird zu Anfang vielleicht etwas verwirrt sein. Soviel Arbeit wie in Capote geflossen ist, hätte man sich durchgängig für alle Aspekte der Geschichte gewünscht,

Das meiste Vergnügen werden die Leser haben, die sich bereits mit Capote auseinandergesetzt haben, etwas über sein Leben kennen und seine Bücher gelesen haben. Für alle anderen kann Capote in Kansas ein guter Anlass sein, nicht nur mit dem faszinierenden Werk von Capote, auch über das Meisterwerk Kaltblütig hinaus, in Kontakt zu treten, sondern auch mit dieser schillernden und exzentrischen Persönlichkeit.  Auf der anderen Seite kann es auch so manchen Enttäuschten geben, denn für gänzliche Neulinge mit dem Thema und der Person bietet Capote in Kansas zu wenig, da wiederum zuviel vorausgesetzt wird.

Der Anhang bietet neben einem Nachwort auch den damaligen Pitch von Ande Praks, den er dem Verlag anbot und eine entfallene Szene noch in der Urfassung als Text, die Parks zwar sehr gefiel, am Ende aber zu wenig zur Handlung beitrug. Auch Samnee konnte für den Abschluss etwas bieten und man darf einige Seiten- und Coverentwürfe, so wie mehrere Skizzen zu den Figuren bewundern. In dieser Hinsicht kann man wirklich nicht meckern.


Fazit:
Ein spannender Stoff und ein komplexer Stoff. Nicht einfach die Ereignisse hinter dem Roman Kaltblütig in einen Comic zu packen, ohne Abstriche zu machen. Deshalb liest sich Capote in Kansas auch für diejenigen am Besten, die sich bereits mit den Hintergründen auskennen. Und selbst dann wird man angesichts mancher kreativer Freiheiten von Parks skeptisch werden. Trotz allem aber ein interessantes Werk, welches einen neugierig auf die Hintergründe machen sollte.


Capote in Kansas - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Capote in Kansas

Autor der Besprechung:
Alexander Smolan

Verlag:
Paninicomics

Preis:
€ 19,99

ISBN 13:
978-3-86201-977-9

164 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • faszinierendes Thema
  • ein neuer Aspket zu Kaltblütig
  • Samnee in Hochform
Negativ aufgefallen
  • ... nur bei den weiblichen Charakteren etwas am schwächeln
  • sehr verdichtet, was den Zugang erschwert
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
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Rezension vom: 04.09.2014
Kategorie: Alben
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