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Comic-Besprechung - Das Narrenschiff

Geschichten:
Das Narrenschiff
Autor / Zeichner / Colorist: Turf


Story:
Der große Koordinator ist der erste Minister des Königs eines kleinen Reiches. Was ihn nicht daran hindert, einen Umsturz zu planen und sich selber auf den Thron zu setzen. Aber zwei Polizisten kommen ihm auf die Spur und beginnen ihre Ermittlungen. Nicht ahnend, dass der König bereits im Gefängnis sitzt. Um den Nachstellungen des großen Koordinators zu entkommen entflieht die Prinzessin mitsamt dem Hofnarren in ein fremdes Land in dem sie es mit fremdartigen Kreaturen und einem Roboter zu tun bekommen.


Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Das Narrenschiff ist ein skurriles Meisterwerk von Turf (Mit geschlossenen Augen), das teilweise beim alten Splitter-Verlag und bei den Kult Editionen erschienen ist. Allerdings nie komplett. Die ersten drei Alben, eher als Kapitel zu verstehen, erschienen bei dem Vorläufer des aktuellen Splitter-Verlags und nur das vierte Kapitel dann bei Kult. Nun besteht die Saga aber aus insgesamt acht Teilen. Somit war die Hälfte bislang nie auf Deutsch zu lesen gewesen. Die Gesamtausgabe beinhaltet die komplette Geschichte in einem voluminösen Band, der die Armmuskeln beim Lesen ordentlich auf Trab hält und somit schon eher für den Kaffeetisch geeignet ist. Leider fehlt hier ein redaktioneller Beitrag und es wäre spannend gewesen etwas über Turf zu erfahren und über die Geschichte dieser abgedrehten Saga.

Vor allem ist es beeindruckend, dass Turf alles in einem Alleingang gestaltet hat. Sprich: er ist Texter, Zeichner und Kolorist in einem und erst wenn man eine 400 Seiten dicke und schwere Ausgabe in den Armen hält, kann man wirklich ermessen, was an Mühen dahintersteckt. Und es wirkt dabei alles so mühelos. Es strotzt nur so von wirren Ideen. Dabei wird die zentrale Handlung nie vergessen und verschiedene Handlungsebenen mit den jeweiligen Hauptprotagonisten werden immer weiter geführt. Dabei sind die Schicksale miteinander verzahnt, obwohl sich einige der Figuren äußerst selten oder sogar nie treffen. Das ermöglicht es aber nicht nur Abwechslung hineinzubringen und durch unterbrochene Situationen Spannung zu schüren, sondern eben auch unterschiedliche Aspekte des Narrenschiffes aufzuzeigen. Diese bezieht sich nicht nur auf eine alte Symbolik (das Schiff als Mikrokosmos der menschlichen Gesellschaft auf die satirisch Bezug genommen wird) oder auf den bekannten Roman von Katherine Anne Porter, sondern ist auch wortwörtlich zu verstehen, denn die geschilderte Welt ist, ohne dass sie es weiß, eine Stadt unter dem Meeresspiegel und wird heimlich von einem zentralen Computer und dessen Robotern gesteuert. Dabei ist auch dieses nicht nur ein Hinweis auf die technische Abhängigkeit, sondern alles durchzieht das Thema Macht.

Vordergründig geht es darum das der König von seinem ersten Minister gestürzt wird, was natürlich alles andere als neu ist, sondern nur durch die vielen Absurditäten ihren Reiz bekommt und realpolitische Machtspiele ad absurdum führt. Aber es gibt auch die Macht hinter der Macht: die Technik, die sich verselbstständigt hatte und nun mehr delegiert. Auch das skurrile und besonders schön gelungene Abenteuer der zwei Polizisten ist von einer Machtstruktur geprägt. Einzig durch den Dienstgrad, aber dieses wird auch immer wieder thematisiert. Der dritte Handlungsstrang ist da weniger offensichtlich, da es um die entflohene Prinzessin und den Hofnarren geht, die auf der Oberfläche in Gefahr geraten. Aber allein die soziale Stellung hat auch eine Macht inne: der Adel gegen den Angestellten, wobei sich dieses in der Gefahrensituation umkehrt. Aber alle Machtverhältnisse kehren sich irgendwann um und alles beginnt von vorn, was schon allein absurd ist.

Eine stringente Story wie in klassischen Abenteuergeschichten ist hier zwar nicht vorhanden, da es so gut wie kein Ziel für die Figuren gibt, oder dieses äußerst schwammig ist, aber die Absurditäten und Anspielungen halten einen locker bei der Stange. Nicht nur ist es manchmal bissig, wie die hier völlig verfremdet auftretenden Schlümpfe, sondern es gibt auch in kleineren Nebenaspekten wunderbare Ideen, wie die Diskussion zwischen den Ärzten die eigentlich einer Meinung sind, einer gefräßigen Dogge, die immer auch eine Krone trägt, sich entwickelnde Roboter, Mutanten, Konflikte die aus Missverständnissen entstehen und die Dummheit der Polizisten die immer wieder zu wunderbaren slapstickhaften Episoden führt. Ist es da ein Wunder das in einem Panel einer der Schultzes aus Tim und Struppi zu sehen ist? Angesichts der Vielfalt der Ideen kann einem hier durchaus mal schwindlig werden.

Zwar sind die Figuren sehr cartoonhaft gezeichnet, aber ansonsten gibt es auf jeder Seite gleich mehrere wundervolle graphische Einfälle, die manchmal gekonnt mit Aussparungen spielen, die Erzählung an sich mal aufbrechen, indem der Leser direkt einbezogen wird (wenn der vermeintlich wahnsinnige König einen Einlauf bekommt) oder sehr filmisch gestaltet sind. Bei einer flackernden Taschenlampe sieht der Leser auch nur dann etwas, wenn sie mal aufleuchtet. Jedenfalls spielt Turf mit allen Mitteln der graphischen Erzählung und liefert im letzten Kapitel auch noch mehr ein Bilderbuch als einen eigentlichen Comic ab.

Ein Meisterwerk, wobei die Story eher Freunde des absurden Humors ansprechen dürfte.

Fazit:
Ein Meisterwerk des absurden Humors, das manchmal etwas anstrengend sein kann, aber auf jeder Seite gelungene Ideen zündet. Dabei ist der Inhalt satirisch und die Graphik zeigt auf, was ein Comic alles erzählerisch leisten kann. Wunderbar.

Das Narrenschiff - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Das Narrenschiff

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Splitter

Preis:
€ 49,80

ISBN 10:
3958390137

ISBN 13:
978-3958390133

392 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • skurrile Ideen
  • Vielfältigkeit der graphischen Erzählung aufgezeigt
  • Satire auf Machtstrukturen
  • absurder Humor und Slapstick
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(2 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 29.04.2015
Kategorie: Alben
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