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Comic-Besprechung - Crossed + Einhundert 1

Geschichten:
Crossed + Einhundert 1 (Crossed plus One Hundred 1-6)
Autor: Alan Moore, Zeichner: Gabriel Andrade, Colorist: Digikore Studios


Story:
Die Gefirmten haben die Menschheit fast zum Aussterben gebracht. 100 Jahre nach Ausbruch der Seuche gibt es nur noch einige Enklaven von überlebenden Nicht-Infizierten welche mühsam versuchen wieder eine Zivilisation aufzubauen. Dementsprechend kommt den sogenannten Archivaren eine große Bedeutung zu da sie wie Archäologen Spuren der menschlichen Kultur bergen. Auf einer Reise entdecken sie allerdings Hinweise darauf, dass es immer noch Gefirmte gibt. Und sie scheinen in der Lage zu sein Pläne zu schmieden.


Meinung:
Bevor schon zu Beginn einige Irritationen auftreten mögen: hier handelt es sich nicht um ein Crossover. Die Horrorserie Crossed wird nicht mit einer Serie namens „One Hundred“ kombiniert, die es nämlich gar nicht gibt. Vielmehr ist das Pluszeichen im Titel wörtlich zu verstehen. Die Geschichte spielt nämlich einhundert Jahre nach dem Ausbruch der Seuche und schildert die postapokalyptische Welt.
Nun kann man sich vorstellen, dass da nichts Neues mehr geschehen kann, da vergleichbare Erzählungen nicht nur im Zombiegenre schon oft vorkamen. Aber der Autor dieser Vision ist niemand geringeres als Alan Moore. Richtig gelesen, Alan Moore. Das Comicgenie das Meistwerke schuf wie Watchmen, From Hell, Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen und V wie Vendetta. Der Mann der John Constantine erfand, einige Helden ummodelte und selber schrieb wie etwa die Wild C.A.T.S. und ältere Helden wie Swamp Thing zu seinen ersten Höhepunkten führte. Allein schon der Gedanke, dass sich dieser Ausnahmeautor im brutalen Crossed-Universum austobt, dürfte Fans den Speichel laufen lassen.

Es beginnt schon sehr interessant mit dem Vorwort. Alan Moore outet sich als Fan von Garth Ennis und besonders von Crossed. Er bezeichnet das Serienkonzept und den damit verbundenen Erfolg als eine Traumerfüllung des Publikums. Immer schon hätten Sex und Gewalt und die Kombination beider die Faszination des Publikums angesprochen. Auch wenn man sich wohlig schaudernd abwandte. Aber die Geschichten und ihr Konsum wären immer auch eine Art Katharsis und man lebte seinen Trieb stellvertretend aus. In Crossed ist das nun auf die Spitze getrieben. Hier ist alles Trieb. Und Sex und Gewalt beherrschen die infizierten Menschen. Alle Zivilisationsschranken, alle Tabus, alle Regeln sind hinfällig und man lebt einzig das aus, was man impulsiv möchte. Hier entsteht laut Moore der Horror auch dadurch, dass dem Lesenden bewusst gemacht wird, dass er sich selber im Grunde solche Verhaltensweisen wünscht.

Alan Moore macht mit seinem Beitrag seine Auffassung nicht nur im Vorwort mehr als deutlich, sondern auch in seiner Geschichte. Die Welt ist untergegangen und in einzelnen Städten leben kleine Enklaven von Menschen die überleben wollen. Die sogenannten Archivare sind dafür zuständig Fragmente aus der alten Welt zu finden und sie zu deuten. Was ein schöner Gedanke ist, denn hier wird das archäologisch behandelt was für uns heutzutage eine Selbstverständlichkeit ist. Dieses lässt interessante Gedankenspiele zu. So halten die Archivare etwa Graceland, also das Haus von Elvis Presley, für eine Art Heiligtum oder zumindest für eine Residenz in der wohl ein Gouverneur gewohnt haben muss. Insbesondere die Lektüre von Science-Fiction-Literatur durch die Heldin, welche sie als Wünsch-Fiktion bezeichnet, führt am Ende zur Verdeutlichung der Prämisse was Moore in seinem Vorwort als These aufgestellt hat. Und den Leser mehr als unangenehm berührt, weil er sich ertappt fühlt. Mehr darf hier noch nicht verraten werden.

Bis zum erschütternden und bewegenden Finale läuft es allerdings etwas zäh ab. Es ist ein schöner Gedanke, dass mit dem Zusammenbruch der Zivilisation auch die Sprache verändert ist. So heisst „verabschieden“ hier „wegküssen“, „Scheiße“ ist „Braun“ und so weiter. Das macht die Lektüre sehr anstrengend, da man sich selber die Hälfte der Wörter übersetzen muss und ein bisschen Zeit braucht um hinter manche Bedeutung zu kommen. Es ist logisch und konsequent umgesetzt, kann einem aber die lockere Lektüre verleiden. Hier gebührt aber dem Übersetzer mal ein eindrückliches Lob. Es ist wahrlich nicht einfach, eine degenerierte Sprache auch noch adäquat in eine ebensolche Deformation zu übertragen ohne den Sinn komplett zu verstellen.

Trotzdem ist diese Dystopie sehr spannend und teilweise auch sehr überraschend. Und gerade für US-Leser ziemlich provokant. So sind die Religionen etwa untergegangen. Bis auf den Islam. In einer einzigen Stadt gibt es noch Religiosität. Aber eben nicht die christliche. Das dürfte für manche Leser etwas zu viel des Guten gewesen sein und zu Diskussionen anregen. Auch sonst gibt es einige bissige Kommentare zu heutigen Aspekten die in dieser Science-Fiction-Geschichte zur Sprache kommen. Die kleinen Kommentare zur Science-Fiction-Literatur dürfte übrigens auch die Fans von Moore zufriedenstellen die immer nach der Intertextualität Ausschau halten, aber der Umgang mit den Gefirmten ist hier kein reines Gedankenspiel, sondern in dem fürchterlichen Ende nur noch konsequent. Alan Moore macht seinem Ruf wieder mehr als Ehre.


Fazit:
Comicgott Alan Moore macht seinem Ruf auch in der Horrorserie Crossed alle Ehre und liefert ein Meisterstück ab, was zwar sperrig zu lesen ist, aber wegen der Intertextualität und konsequenten Untersuchung einer Grundthese zu unterhalten und zu erschüttern vermag.

Crossed + Einhundert 1 - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Crossed + Einhundert 1

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Paninicomics

Preis:
€ 19,99

ISBN 13:
4197959319997

164 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Konzept
  • konsequente Umsetzung einer These
  • Action und Spannung
  • Intertextualität
  • provokante Gedanken
Negativ aufgefallen
  • sperrig zu lesen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
2.33
(3 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 03.12.2015
Kategorie: Crossed
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