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Comic-Besprechung - Palatschinken

Geschichten:
„Die Geschichte eines Exils“
Autoren und Zeichner: Caterina Sansone, Alessandro Tota


Dass in Folge des Zweiten Weltkrieges Millionen Menschen auf der Flucht waren und ihre Heimat verlassen mussten, ist bekannt. Reduziert auf Einzelschicksale ist es auch oder gerade aus heutiger Sicht interessant zu erfahren, wie sie in der neuen Heimat angekommen sind und was in Folge dessen aus ihnen geworden ist.

Die Italienerin Caterina Sansone entstammt einer Familie, die nach dem Krieg aus einer jugoslawischen Stadt ins italienische Exil ging. Die geschichtlichen Hintergründe der Stadt Fiume werden im Buch auf einer Doppelseite erklärt, im Mittelpunkt der Story stehen aber die Jahre von 1950 bis heute.

Sansone versucht mit ihrem Freund, dem italienischen Autor und Zeichner Alessandro Tota, den Weg der Familie zurückzugehen. Der Leser begleitet die Beiden bei ihrer Suche und erlebt die einzelnen Stationen der Flucht in umgekehrter Richtung. Folglich beginnt sie mit ihrer Suche bei der Befragung der Eltern und arbeitet sich Stück für Stück rückwärts in der Geschichte.

Die beiden Autoren bereisen das ehemalige Flüchtlingszentrum, welches heutzutage ein gepflegter Park ist, sie besuchen eine entfernt lebende Tante, um mehr Informationen zu bekommen und landen schlussendlich in Kroatien, wo die Familie bis 1950 lebte. Dabei steht zwar vom erzählerischen Standpunkt immer die Familie im Mittelpunkt, grafisch dargestellt werden aber oft auch Sansone und Tota, welche bei ihren Recherchearbeiten oder beim Fotografieren gezeigt werden.
Gerade letzteres setzt der Graphic Novel einen dicken Stempel auf, denn ein gutes Drittel der Seiten ist gefüllt von farbigen Fotos, welche Caterina Sansone auf den einzelnen Stationen geschossen hat. Der Leser bekommt also nicht nur zeichnerisch einen Einblick in die Örtlichkeiten und in die schwierigen Lebensverhältnisse, beispielsweise in einer Baracke, sondern ihm werden auch die Städte, Häuser und Plätze aus heutiger Sicht mittels der vorliegenden Fotografien gezeigt.

Dadurch wird dieses Buch zu einer hautnahen Reisedokumentation, bei dem sich der Leser als Freund der Autoren fühlt. Ihm werden Einblicke in die Familiengeschichte gewährt und persönliche Anekdoten erzählt. Dies sorgt für einen unverkrampften Blick auf die historischen Erlebnisse, was diese Dokumentation von anderen Berichten dieser Art unterscheidet. Sansones Familie besteht nicht aus Dissidenten oder politisch Verfolgten. Sie flohen aufgrund des enormen Nachkriegsmangels, was somit eine ansonsten typische Täter-Opfer-Suche erspart. Der Blick der Autoren liegt somit nicht auf die politisch-historischen Hintergründe der Flucht, sondern ist einzig und alleine auf die Familie gerichtet.

Für Außenstehende mag dies anfangs etwas eindimensional sein, doch im Laufe der Story erfährt der Leser eine gewisse Bindung an die vorgestellten Personen. Auch die kleinen Anekdoten, die witzigen Details der Recherchen und natürlich die Stadt Fiume, von denen sicherlich bis dato kaum ein Leser gehört haben wird, werden schnell interessant, sofern man sich einmal darauf eingelassen hat.

Der persönliche Anstrich setzt sich natürlich auch in den Zeichnungen und im Layout allgemein fort. Die Recherche wird durchgängig in einfachem schwarz/weiß, ohne Panelumrandungen und Hintergrundgrafiken dargestellt. Dies erinnert ansatzweise an einem Comicstrip, was bei einigen Situationen dann auch zum dargestellten Inhalt passt. Die Erinnerungen der Eltern über ihre Reise werden hingegen komplett in matten Farbtönen wiedergegeben, wodurch sich schon optisch der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit abzeichnet. Die immer wieder eingeschobenen Fotografien visualisieren die einzelnen Etappen, so dass der Leser nicht nur erfährt, was damals an Ort und Stelle los war, sondern dass auch optisch vorstellbar ist, wie dies nun Jahre später aussieht. Das Layout ist somit relativ experimentell und abwechslungsreich, was wiederrum zeigt, wie ungewöhnlich diese Graphic Novel ist.

„Palatschinken“ benötigt einige Seiten, um den Leser in seinen Bann zu ziehen. Doch spätestens, wenn die Reise der Autoren beginnt, ist auch das Interesse geweckt. Obwohl sich aufgrund der Herkunftsgeschichte kein wirklicher Spannungsbogen aufbaut, ist die Geschichte dennoch unterhaltsam, denn die beiden Künstler wissen, wie man mit einer Mischung aus Fakten, emotionaler Bindung und Belanglosigkeiten eine kurzweilige Story entwickelt. Für Zwischendurch wunderbar geeignet.

Palatschinken - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Palatschinken

Autor der Besprechung:
Christian Recklies

Verlag:
Reprodukt

Preis:
€ 24,00

ISBN 13:
978-3-95640-045-2

192 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • experimentelles Layout mit verschiedenen Zeichenstilen und Fotografien
  • sympathische Hauptfiguren
  • relativ unbekannter historischer Hintergrund
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
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Rezension vom: 10.03.2016
Kategorie: One Shots
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