Optionen und weiterführende Links



In der Datenbank befinden sich derzeit 18.295 Rezensionen. Alle Rezensionen anzeigen...

Comic-Besprechung - Drei Schatten

Geschichten:
Text und Zeichnungen: Cyril Pedrosa

Story:
Ein Familienidyll: Der kleine Joachim lebt mit seinen Eltern in irgendeinem Tal, zu irgendeiner Zeit. Ort und Zeit spielen auch keine Rolle, denn wie seine Familie existiert grenzt an das Paradies. Sie leben von dem, was sie auf ihren Feldern ernten oder in den nahen Wäldern finden. Alles ist perfekt. Bis eines Tages drei Schatten am Horizont auftauchen. Joachim sieht sie als erster und ist verängstigt. Seine Eltern wischen seine Angst zunächst beiseite und versuchen die drei Gestalten zu verscheuchen. Jeder Kontaktversuch aber misslingt. Die drei Schatten sind unerreichbar aber stets präsent. Das Unheimliche hält Einzug in das Familienglück und auch Joachims Eltern werden langsam vom Schrecken erfasst, den die drei Schatten ausstrahlen. Eine Wahrsagerin soll helfen und das Rätsel um die drei Schatten lösen. Ihre Antworten bringen aber mehr Beunruhigung als Trost, denn sie offenbart, dass die drei Schatten gekommen sind um Joachim zu holen. Sein Vater fasst den Entschluss vor ihnen zu fliehen, seinen Sohn vor ihnen zu verbergen. Es beginnt eine rasende Flucht, an deren Ende alles zur Ruhe kommt und gut wird.


Meinung:
Das Wichtigste gleich vorweg: Auf dem Buchrücken wird aus der Rezension von Thomas von Steinaecker für die Süddeutsche Zeitung zitiert: „Wie hier am Ende dem Tod der anfängliche Schrecken genommen und sogar etwas Versöhnliches abgewonnen wird, lässt ‘Drei Schatten’ zu einem tief berührenden Trostbuch werden, das den Vergleich mit ‘Der kleine Prinz’ nicht zu scheuen braucht.“ Der geneigte Leser möge sich von diesen Sätzen nicht abschrecken lassen, denn „Drei Schatten“ hat mit dem pseudo-philosophischen Werk von Antoine de Saint-Exupéry in etwa genauso viel gemein wie ein Song von Johnny Cash mit Johnny Hill – auf der einen Seite eine ehrliches und aufrichtiges Werk und auf der anderen Seite der billige Versuch mit verklausulierter Symbolik Tiefgang zu erzeugen.
Es geht in „Drei Schatten“ um Trauer, um den Verlust eines Menschen. Der Comic, des 1972 geborene Cyril Pedrosa, besticht auf den ersten 50 Seiten durch eine zarte Sensibilität. Ganz langsam, Panel für Panel hält das Unheimliche Einzug in den Alltag der Familie. Leser wie auch die Protagonisten spüren, dass den drei Schatten etwas anhaftet, was nicht von dieser Welt ist. Aber während beispielsweise im Werk von Saint-Exupéry Bedrohung nicht als real wahrgenommen wird – eine Schlange, ein Fuchs, eine Blume um die man Angst haben muss – sind die handelnden Personen bei Pedrosa sehr real. Die Eltern von Joachim handeln wie alle Eltern es tun würden. Sie sind um Sorge um ihr Kind, wollen es beschützen. Was bei dem Einen nur vage Andeutungen sind, wird im Comic zur realen Bedrohung.
Und genau hier liegt die Stärke des Comic. Trauer und Verlust werden nicht als diffuse Dinge behandelt, die irgendwie und irgendwann auf einem anderen Planeten von sprechenden Schlangen und Füchsen verarbeitet werden, sondern beides ist Teil unserer Realität. Der ankündigende Verlust zeigt sich durch die Schatten. Ein Entkommen ist unmöglich, wie Joachims Vater leidvoll erfahren muss. Pedrosa versucht auch gar nicht erst den Verlust eines lieben Menschen durch salbungsvolle Spruchweisheiten abzumildern, zu erklären oder sonst wie begreiflich zu machen. Joachim muss sterben und das ist ein Fakt. Da können seine Eltern Pläne schmieden, fliehen oder tricksen, wie sie wollen. Es nützt ihnen alles nichts.
Und auch die Tatsache, dass sie nicht daran zerbrechen hat nichts mit flacher Hausfrauenphilosophie zu tun, sondern wurzelt in dem einen Grundsatz, der alles Leid, jeden Verlust erträglich macht: Das Leben geht weiter und findet einen Weg. Und genau in dieser Erkenntnis sitzt der Trost, den die Geschichte vermittelt. Authentisch, klar, schnörkellos und einfach. Pedrosa braucht keine Sinnsprüche, um das Leben für die Zurückgebliebenen erträglicher zu machen. Ein einziger Satz reicht aus. 
In der Reaktion von Joachims Eltern wird klar, dass sein Verlust schmerzt. Egal, was nach ihm noch kommt. Sein Tod hat Narben hinterlassen. Pedrosa zeigt uns in seinem Comic, dass es diese Narben sind, die das Leben ausmachen. Und es muss uns auch nicht gefallen, dass das Leben so ist, aber es wird sich niemals ändern. Der Tod gehört zum Leben dazu. Und für diese Erkenntnis braucht es keinen Prinzen, der mit Schlangen, Blumen und Füchsen spricht, sondern einfach Menschen, die einen Verlust erlitten haben und nach allem feststellen, dass das Leben weitergeht, weil es das Leben wert ist.



Fazit:
„Drei Schatten“ ist ein großartiger Comic. Der Reprodukt-Verlag tat gut daran, das Werk neu aufzulegen. Die Erstauflage datiert vom Mai 2008. Er sollte für trauernde Menschen zur Lektüre empfohlen werden. Die Bildsprache ist grandios und die hochwertige Aufmachung dem Thema angemessen - eine deutliche Verbesserung zur Erstauflage ist die Wahl des Hardcover sowie das hochwertigere Papier. Es macht einfach Spaß diesen Band immer wieder in die Hand zu nehmen.



Drei Schatten - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Drei Schatten

Autor der Besprechung:
Bernd Hinrichs

Verlag:
Reprodukt

Preis:
€ 29

ISBN 13:
978-3-95640-100-8

268 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • hochwertige Aufmachung
  • authentische Geschichte
  • tiefgreifend und liebevoll erzählt
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
Keine Bewertung vorhanden
Bewertung
Du kannst diesen Comic hier benoten.

Persönlichen Bookmark setzen für diese Seite
Diese Seite als Bookmark bei Blinklist hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei del.icio.us hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Digg hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Fark hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Furl hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Google Bookmarks hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Mister Wong hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei myYahoo hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Netscape hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Newsvine hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Reddit hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei StumbleUpon hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Technorati hinzufügen   Diese Seite als Bookmark bei Yigg hinzufügen  
Oder diesen Dienst benutzen: Social Bookmark Button

Rezension vom: 04.07.2016
Kategorie: Alben
«« Die vorhergehende Rezension
Dragons Rioting 1
Die nächste Rezension »»
Rachel Rising 6: Was du nicht weißt
Leseprobe
Zu diesem Titel liegt derzeit keine Leseprobe vor. Sie sind Mitarbeiter des Verlags und daran interessiert uns für diesen Titel eine Leseprobe zu schicken? Dann klicken Sie hier...
Das sagen unsere Leser
Zu diesem Titel existieren noch keine Rezensionen unserer Leser.


?>