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Comic-Besprechung - Horror im Comic

Geschichten:

Horror im Comic
Autor: Alexander Braun; Zeichner / Inker / Colorist: diverse



Story:

Der Mensch hat sich schon von Beginn an für den Horror interessiert und blutige Darstellungen ziehen sich durch die gesamte Kulturgeschichte. Doch im Comic tauchte er vor allem in den 1950ern in den USA auf und legte die Finger in die Wunden einer Gesellschaft die nur an der Oberfläche heil war. Fortan sah sich das Genre und seine Macher Verfolgungen ausgesetzt. In dem Buch werden verschiedene Spielarten des Horrors im Comic dargestellt und die Comics aus verschiedenen Ländern näher beleuchtet.



Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:

Wer sich die aktuell in Dortmund befindliche Ausstellung Horror im Comic anschaut, wird etwas durch den gleichnamigen Ausstellungskatalog überrascht sein. So sehr die ausgestellten Exponate faszinieren und einen interessanten Einblick in den Herstellungsprozess geben, so ist sie doch quantitativ recht schmal ausgefallen. So sehr es einen fasziniert, Originale etwa von  Richard Corben und Paolo Eleuteri Serpieri zu sehen und dabei verblüfft festzustellen das kaum Korrekturen vorgenommen worden sind und auch manche ältere und seltene Schätze vorhanden sind, so ist doch der Schauraum recht klein. Damit die Exponate gut zur Geltung kommen, müssen sie auch in einem räumlichen Abstand präsentiert werden, was dann die Menge und die Erklärungstafeln zwangsläufig reduziert. Wem das nicht reicht und einen umfassenderen Blick auf das Genre Horror im Comic haben möchte, der ist dann mit dem voluminösen Buch von Alexander Braun gut bedient.

Vor allem ist es sehr lobenswert, dass nicht einfach Genrefundstücke vorgestellt werden, sondern immer auch eine Einordnung gegeben wird. Kunstwerke, zu denen Comics ja auch zu zählen sind, entstehen ja nicht im luftleeren Raum, sondern werden von Individuen gestaltet, die nicht nur produktionstechnischen Bedingungen unterworfen sind, sondern auch den Strömungen der Zeit. So spiegeln sich gesellschaftliche Verwerfungen besonders im Horror wieder. So wird hier gesagt, dass das Genre eben deswegen so angefeindet wird, weil es die Finger in die Wunden legt. Und die konservativen Kräfte es nicht ausgesprochen wissen wollen was im Grunde aber jeder weiß. Braun beginnt mit einem philosophischen Exkurs über die Faszination des Grauens. Da sind durchaus einige sehr interessante Aspekte dabei und es hätte in dieser ausführlichen Form auch nicht in einer Ausstellung präsentiert werden können. Natürlich kann man über einige Sachen diskutieren, aber es gibt einige schöne Anregungen. Generell ist gerade die schon erwähnte Einordnung sehr gelungen und erleichtert die Interpretationen. Etwa warum gerade in den 1950ern der Horror so angefeindet worden ist, wenn doch die Erwachsenen vom Zweiten Weltkrieg so traumatisiert sind und eigentlich nicht geschockt sein sollten? Warum kamen in den 1960ern bis in die 1980er sehr beliebte italienische Comics auf den Markt die von allen gesellschaftlichen Schichten gelesen worden waren und stark pornografisch waren im Verbund mit Splatter-Horror der derbsten Sorte. Und letztlich wird auch der Body Horror näher betrachtet der gerade in Japan vorherrschend ist und was mit den Erfahrungen der Atombombe erklärt wird.

Es gibt aber auch nähere Betrachtungen einzelner Künstler, der Verlage und das Wechselspiel was dann zu einem Erfolg oder Misserfolg des Genres, einzelner Zeichner, Autoren, Verlage führte. Dabei liegt doch der Schwerpunkt deutlich auf dem US-Markt. Zwar gibt es Extra-Kapitel zu den italienischen und japanischen Horrorcomics, aber gerade der franko-belgische Raum spielt kaum eine Rolle. So ist es schade das in dem Kapitel über den Totentanz und die Verwendung von Skeletten nicht einmal die Serie Monsieur Mardi-Gras erwähnt wird, eine Serie in der alle Protagonisten Skelette sind. Gut, man kann nicht alles abbilden und nicht alle Spielarten und Monster in einem einzigen Band berücksichtigen (so werden manche vielleicht die Serie Ferals bei dem Kapitel über Werwölfe vermissen). Es ist an sich schon eine wahre Fleißarbeit von Alexander Braun gewesen.

Da bleibt es schon fast nicht aus, dass auch einzelne Fehler passieren. So schreibt er vom Mittelalter, aber alle Künstler, Abbildungen und Zitate stammen dann nicht aus dem Mittelalter, sondern aus der Renaissance. Da hätte eine Definition von wann bis wann das Mittelalter hier verstanden wird, schon geholfen. Wenn man ein Fixdatum nennen will, so beziehen sich viele Historiker auf das Jahr 1492, denn spätestens mit der Entdeckung der Neuen Welt sei das Mittelalter vorbei gewesen. Auch sind manche Formulierungen missglückt. So wird behauptet das einige Sub-Kulturen von der Gesellschaft wegen ihrer Musik, Garderobe und verwendeten Symbole ausgegrenzt werden. Das ist so nicht ganz richtig, denn die Sub-Kulturen grenzen sich ja bewusst ab und suchen einen sichtbaren Ausdruck dafür, sich von der Norm der Gesellschaft abzuheben. Es verhält sich also genau umgekehrt.

Zum Glück halten sich solche Fehler aber in Grenzen und sind verschmerzbar, denn es werden genug Anregungen gegeben. Nicht nur was interessante Fakten anbelangt, sondern gerade die Einordnungen und interpretatorischen Diskurse regen zum Reflektieren an und man wird den Horror im Comic künftig etwas anders ansehen. Generell also ein wirklich guter Ausstellungskatalog der in Umfang und in Detailwissen die Ausstellung bei weitem übertrifft.



Fazit:

Ein sehr umfangreiches Sachbuch welches Lust auf Mehr macht und Anregungen gibt. Man wird Horror im Comic künftig etwas anders sehen. Kleinere Fehler und der Schwerpunkt auf US-Comics vermögen die Fleißarbeit kaum zu schmälern.



Horror im Comic - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Horror im Comic

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Avant Verlag

Preis:
€ 49,00

ISBN 10:
3964450677

ISBN 13:
978-3964450678

456 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • deutlich Umfangreicher als die Ausstellung
  • Einordnungen in Zeitgeschichte
  • philosophische Aspekte
  • gute Bildbeispiele
Negativ aufgefallen
  • kleinere Fehler
  • Schwerpunkt auf USA
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(2 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 22.05.2022
Kategorie: Independent
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