Comic-Besprechung - Peter Pan in Kensington Gardens

Geschichten:

Peter Pan in Kensington Gardens

Autor: Jose-Luis Munuera (nach James Matthew Barrie)

Zeichner: Jose-Luis Munuera

Übersetzerin: Hanna Reininger

Story:

Die kleine Maimie Mannering hat sich in Kensington Gardens verlaufen, wurde von ihrem Vater getrennt und ist nach dem nächtlichen Einschluss des Parks nun mutterseelenallein. Doch ganz so einsam ist der nächtliche Park dann doch nicht, denn jetzt erwacht das Reich der Feen und Geister zu seinem allabendlichen Leben, und  Maimie kommt in arge Bedrängnis, aus der ihr nur einer helfen kann: der magische Peter Pan stellt sich mit ihr zusammen allen Gefahren und begleitet sie durch die Nacht.

Meinung:

Munuera hat sich hier der bekannten Figur des Peter Pan angenommen, doch er erzählt diesmal nicht noch einmal die inzwischen aus zahlreichen Adaptionen in Film und Comic bekannte Originalgeschichte um Nimmerland und Captain Hook, sondern bearbeitet für uns eine Sammlung von kurzen Episoden, die Barrie bereits einige Jahre vor dem Peter Pan-Roman veröffentlicht hatte. Im Vorwort zu diesem Band wird diese Veröffentlichungshistorie ausreichend geschildert, wichtig ist an dieser Stelle vielleicht nur der Hinweis, dass Munuera die eher dünnen Inhalte des Originals kräftig bearbeiten musste, um einen adäquaten und ein Album füllenden Stoff zu erhalten. Und das ist ihm meiner Meinung nach hervorragend gelungen, wobei gesagt werden muss, dass es offensichtlich von vorn herein nicht die Absicht gewesen zu sein scheint, eine Abenteuergeschichte voller Aktion und Spannung zu schaffen, wie es beispielsweise Régis Loisel in seiner inzwischen geradezu berühmten Umsetzung des Romans als Comicserie gelungen ist. „Peter Pan in Kensington Gardens” ist mehr eine ruhige Fabel, ein Gedankenspiel, in dem vieles nicht ganz so ist, wie es scheint, und in der wir uns Gedanken darüber machen können, wer Peter Pan jetzt eigentlich wirklich ist: ein Märchenwesen, ein Geist oder sogar nur eine Fantasie? Munuera jedenfalls verknüpft die eigentliche Handlung dieser Fabel mit einer realistischen Rahmenhandlung, die jedoch die ganze Zeit eher im Hintergrund lauert und sicher nur sehr aufmerksamen Lesern deutlich geworden sein wird, um am Ende dann eine in meinen Augen sehr schöne Auflösung zu bieten, die den Leser aber gleichzeitig nicht davon abhält, noch weiter zu denken und über die Figuren zu fantasieren.

Und so sind auch die Zeichnungen einfach nur wunderschön und stimmungsvoll, Munuera nimmt sich Zeit, die jeweilige Atmosphäre der Szenen zu entwickeln und präsentiert uns zahlreiche ganz- und sogar doppelseitige, panoramaähnliche Panels, die zur märchenhaften Szenerie der Story ausgezeichnet passen. Die Stimmung in den Zeichnungen kann man am besten mit anderen von Munuera auf deutsch erschienenen Werken wie „Das Zeichen des Mondes” (mit Enrique Bonet bei Carlsen) oder der Serie „Zauber” (mit Jean Dufaux bei Egmont) vergleichen. Ansonsten ist Munuera in Deutschland ja bei weitem kein Unbekannter mehr, neben den Serien „Rostige Herzen” und „Merlin”, dem Einzelband „Bartleby der Schreiber” und dem Zweiteiler „Fraternity” hat er mit Jean-David Morvan bereits mehrere Bände in der Serie „Spirou und Fantasio” veröffentlicht sowie das Spin-Off „Zyklotrop”.

Fazit:

Dieser märchenhafte Band um die Figur des Peter Pan, der vielleicht als „Vorgeschichte” aufgefasst werden könnte, kann allen Fans der Urgeschichte sowie den Fans von Jose-Luis Munueras zauberhaften Illustrationen und Zeichnungen nur sehr ans Herz gelegt werden. Innerhalb einer Rahmenhandlung, die erst ganz zum Schluss aufgelöst wird, erleben wir einen neuen, etwas anderen (und vielleicht sogar glaubhafteren?) Peter Pan, dem vor allem auch ein bisschen ein modernerer Atem eingehaucht worden ist — ohne dass das alte Flair verloren gegangen wäre. Sehr zu empfehlen.

Peter Pan in Kensington Gardens

Autor der Besprechung:
Uwe Roth

Verlag:
Splitter Verlag

Preis:
€ 19,80

ISBN 10:
3987214600

ISBN 13:
978-3987214608

96 Seiten