Comic-Besprechung - Kamasutra - Fleisch und Blut

Geschichten:

Kamasutra - Fleisch und Blut
Autor: Sudeep Menon, Zeichner / Colorist: Laura Zuccheri

Story:

Der Brahmane Vatsyayana ist mit einer Karawane im Dschungel von Dvaita unterwegs als sein Trupp von Männern der Roten Königin Bhairavi angegriffen wird. Einzig Vatsyayana überlebt und wird als Sklave in das Bergversteck mitgenommen wo eine ganze Armee von Sklaven schuften muss. Als der junge Mann Basvaraj für eine Liebesnacht mit Bhairavi  ausgewählt wird, schwebt er in Lebensgefahr. Denn alle Männer, die es nicht vermögen die Rote Königin zu befriedigen, werden hingerichtet. Vatsyayana will dem jungen Mann beistehen. Wie gut das er das Kamasutra geschrieben hat. Vielleicht mag es nicht nur Basvaraj , sondern auch alle zu retten.

Meinung:

Auch wenn es bei den angehängten Skizzen des Buches suggeriert wird, so ist unklar ob Kamasutra auf historischen Begebenheiten beruht. Der Satz „Über Vatsyayana ist nichts bekannt, außer dass er im zweiten oder dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung gelebt hat“ legt es zumindest ansatzweise nahe. Laut Wikipedia wurde das Kamasutra in der Tat von diesem Mann geschrieben.  Wenn man den Namen der weiblichen Hauptfigur Bhairavi googelt, so kommt keine historische Person als Vorschlag. Immerhin steht der Name für einen Avatar der Mutter-Gottheit und damit eine Inkarnation Shivas. Andererseits wird an anderer Stelle auch Kali gehuldigt.  Die zweite weibliche Hauptfigur Mitraveni scheint vollkommen fiktiv zu sein.

Wenn nun also der Band vor einem historischen Hintergrund spielt, so ist es also doch  keine Nacherzählung historischer Ereignisse. Und wer sich nun wundern mag warum ein Comic mit diesem Titel nicht unter dem Label Splitternackt erscheint, sei darauf verwiesen das es hier nicht um Liebespiele geht. Zwar kommt viel nackte Haut vor und auch manche Sexszenen, aber diese sind zum einen nicht pornographisch und zum anderen stehen sie nicht im Mittelpunkt in der Erzählung. Vatsyayana gerät in die Fänge der Roten Königin Bhairavi die eine Räuberbande befehligt und mitten im indischen Dschungel Sklaven hält. Diese kleine Armee und vor allem ihre Anführerin stellen zwar eine Gefahr für die umliegenden Königreiche dar, verbreiten aber auch genügend Angst und Schrecken, um andere abzuwehren. Allerdings hat Bhairavi auch einen enormen sexuellen Appetit und die Männer die sie nicht befriedigen können, sind dem Tode geweiht.  Vatsyayana will einem jungen Mann helfen und weiht ihn in das Kamasutra ein um dessen Leben zu retten.

Es ist schon eine interessante Umkehrung. Gilt das Kamasutra doch als Mittel Lust zu bescheren, so ist es hier vorrangig ein Mittel um eine Frau zu bekämpfen. Sprich: sie durch Lust, Begehren, Zärtlichkeit und Sex sich zu Willen zu machen oder zumindest zu beherrschen. Der ganze Band hat das zum Thema: die Angst der Männer vor Frauen als  selbstbestimmte Wesen. Dazu passt auch das die Heldin eben den Namen einer Mutter-Göttin trägt. Das ist vor allem vor dem historischen Hintergrund des zweiten bzw. dritten Jahrhunderts zu verstehen als Frauen noch rechtloser waren. Das hier kein Chauvinismus vorliegt kann man auch daran ersehen das mit Laura Zuccheri auch eine weibliche Mit-Schöpferin an dem Comic beteiligt war. Bhairavi ist eine selbstbestimmte Frau. Sie akzeptiert keine Regeln, keine Kasten, ist Herrscherin, Kriegerin und auch sexuell selbstbestimmt und kein Objekt. Auch ihr General ist eine Frau, was zumindest zu der Zeit in Indien alles andere als üblich war. Insofern sind sie eine Herausforderung für das Patriarchat die nun die Frauen mit allen Mitteln, auch mit der Verführungskunst, zu Fall zu bringen versuchen. Bei diesem Kampf der Geschlechter machen gerade die Männer keinen sonderlich sympathischen Eindruck.

Abgesehen von dem überzogenen König eines Staates sind alle anderen Charaktere aber weder gut noch böse, sondern tragen beides in sich und sind damit realistisch. Sie sind innerlich zerrissen und komplex was der Geschichte Dramatik und Spannung verleiht. Man will wissen wie es mit ihnen weitergeht. Zudem gibt es immer wieder blutige Action, Spannung, Erotik und Dramatik was einen durchaus zu fesseln vermag. Vor allem die wunderschönen realistischen Zeichnungen mit einer herausragenden Farbgebung versetzen einen sehr gut in die exotische Kultur und in den historischen Hintergrund, so dass man sehr gefangen ist. Bis zum bitteren Ende.

Fazit:

Der Kampf zwischen den Geschlechtern vor einem historischen Hintergrund voller Spannung, Dramatik und Action. Sowie die komplexen Charaktere als auch die realistischen Zeichnungen vermögen zu überzeugen.

Kamasutra - Fleisch und Blut

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Splitter

Preis:
€ 25,00

ISBN 10:
3689500133

ISBN 13:
‎ 978-3689500139

112 Seiten