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Hellboy-Kommentar von Robert Bloch | |
(Der amerikanische Autor Robert Bloch (1917 - 1994) veröffentlichte, ermutigt von H. P. Lovecraft, mit 17 Jahren seine erste Story in Pulp-Magazinen. Sein Roman "Psycho" (1959) wurde durch die Verfilmung von Alfred Hitchcock weltberühmt.) Wenn mir jemand vor fünfzig Jahren gesagt hätte, dass ich einmal das Vorwort zu einem Comic schreiben würde, ich hätte ihn für verrückt erklärt und klargestellt, dass ich verrückt sein müsste, um derartiges zu tun. Damals schrieb ich Kurzgeschichten für Pulp Magazine. Weder die Magazine noch mein eingesandtes Material waren ein bedeutender Beitrag für die amerikanische Literatur, aber durch diese Sachen konnte ich mich immerhin als Autor bezeichnen. Heutzutage könnte ich diesen Anspruch sicher auch dann erheben - und würde dabei mehr Aufmerksamkeit durch Kritiker und Medien erfahren - wenn ich nur durch die Gegend zöge und Graffitis sprühte. Trotz allem, obwohl mir diese Möglichkeit verwehrt war, war ich ein Autor, der Veröffentlichungen vorweisen konnte. Einige meiner Kollegen, ähnlich stolz auf ihren Status, waren mit ihren Einkünften weniger zufrieden. Sie besserten ihr Gehalt, indem sie unter verschiedensten Pseudonymen Manuskripte und Handlungsentwürfe für Comics schrieben. Aber darüber sprach man weder in der Öffentlichkeit noch im privaten Kreis. Auch in jenen Tagen gab es Grenzen, die eigenen Abenteuer zuzugeben. Jeder konnte sich einen bekennenden Christen nennen, aber wenige hätten sich dazu bekannt, brennendende Satanisten zu sein. Und Comics waren, zumindest in den Augen einiger, Teufelswerk. Sie waren ein ekelhaftes, schäbiges Transportmittel von Grausamkeiten und ihre Macher waren Menschen, deren Arbeit Kindesmissbrauch nahe kam. Dies war die Überzeugung von Dr. Frederick Wertham, einem Psychologen, der gegen diese Kiosk-Dämonen ins Feld zog. Das eigenartige daran ist, dass derselbe Dr. Wertham nur wenige Jahre später schwer beeindruckt von meinem ersten Roman The Scarf (dt. Der Schal) war. In dem daraus resultierenden Briefwechsel tauschten der gute Doktor und ich unsere Ansichten über Gewalt in Comics aus, so als wären wir uns in keiner Weise der Morde und Gewalttaten bewusst, welche ich auf dem bedruckten Papier verübt hatte. Aber die Dinge haben sich geändert in den letzten fünfzig Jahren - Dinge wie Comics, oder auch ich selbst. Und zumindest einige von ihnen - die Comics - haben sich verbessert. Damals war es ein Leichtes, die Wurzeln der Comics zu den Pulp-Magazinen zurückzuverfolgen, aus denen viele Serienhelden übertragen und in die bebilderten Seiten verpflanzt wurden. Die Comic-Zeichnungen zeigten die Einflüsse von Zeitungsstrips, Cartoons, Groschenheft-Illustrationen und Kinofilmen jener Zeit. Vieles von dem, was die Comics dieser frühen Tage dem Leser anboten, war schiere Imitation und einiges rechtfertigte, zumindest teilweise, die Kritik der wohlmeinenden Sittenwächter, die befürchteten, ihre Kinder würden durch Comics verdorben. Die Comics hatten Einfluss, daran besteht kein Zweifel. Jugendliche, die in ihren Wirkungskreis gerieten, wuchsen heran, um ihrerseits als Autoren, Künstler oder Filmemacher Einfluss zu nehmen. Heute sind die Beeinflussten die Beeinflussenden, Ursache und Wirkung haben die Seiten getauscht. Mittlerweile sind die Comics die Erneuerer: Zeitungen kopieren ihren Stil, andere Formen grafischer Kunst und Illustration übernehmen regelmäßig ihre Techniken. Auch die gesamte "Sprache" des modernen Films und Fernsehens scheint ganz offensichtlich aus den Comics übertragen: In Form von sprunghaften Schnitten, extremen Nahaufnahmen, schnell wechselnden Perspektiven und einem Dutzend anderer Neuerungen, die Betonung und Erzähltempo bestimmen - und die sorgfältige Bearbeitung. All dies wurde unter dem dankbaren Etikett "Pop Art" allgemeinhin akzeptiert, aber es gibt Anzeichen dafür, dass talentierte Autoren, Zeichner und Redakteure beginnen, die Grenzen dieser Etikettierung zu sprengen. Unzufrieden mit endlosen (und oftmals sinnlosen) Wiederholungen des ewiggleichen Rezepts, greifen sie nach breiteren Konzepten, kühneren Methoden, ein erwachsenes Publikum zu erreichen, nach neuen Wegen, altbekannte Geschichten zu erzählen. Hellboy ist ein fantastisches Beispiel dafür, wie der Comic der Zukunft auf ein höheres literarisches Niveau gehoben werden und dabei zugleich einen Höhepunkt an Spannung erreichen kann. Seine Handlung verbindet traditionelle Konzepte mit einem modernen Bezugssystem und das Werk als Ganzes wird getragen von einem virtuosen Einsatz beeindruckender künstlerischer Stilmittel. Wie in jedem Erstlingswerk gibt es geringfügige Mängel. "Yeah, right" ("Schon klar") war keine sarkastische Phrase, die 1944 benutzt wurde. Noch wurde irgend jemand oder irgend etwas als "Looney Tunes" ("Zirkustruppe") charakterisiert. Aber dies sind Haarspaltereien - Fliegendreck an der Kuppel der Sixtinischen Kapelle. Der Gesamteindruck von Hellboy ist der eines wahren Kunstwerks - ursprünglich, neuartig und aufregend. Immer wieder findet man Panels und Seiten, die ein hoch entwickeltes, bisweilen satirisch geprägtes Bewusstsein klassischer Formen und Inhalte offenbaren. Als Produkt meisterhafter Begabung könnten sie gerahmt werden und stächen auch für sich allein genommen hervor. Eine beeindruckende Verwendung Farbgebung unterstreicht ihre Wirkung und ergänzt die von Handlung und Dialogen erzeugte Stimmung. Das alles ist weit entfernt von der "Pop Art"-Welt eines Andy Warhol oder der inhaltslosen Symbolik der Drogenkultur. Der kreative Ansatz, der in Hellboy liegt, ist der einer sich neu entfaltenden Kunst aus sich selbst heraus, adressiert und abgestimmt auf unsere Tage. Abgesehen davon ist das Teil fantastisch zu lesen! Mit freundlicher Genehmigung von Cross Cult Hellboy © & TM 2002 Mike Mignola. All rights reserved. Abgebildet sind auch Hellboy-Pin-Ups von Reinhard Kleist, Timo Würz, Uli Oesterle und Frank Miller. |
Special vom: | 14.04.2002 |
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