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1981-1983: Die Frank Miller-Ära
"Miller can write like a motherfucker." - Kevin Smith

Ein gewaltiger Ruck ging erst 1981 durch die Serie. Frank Miller, der Daredevil seit Ausgabe 158 gezeichnet hatte, übernahm mit der Nummer 165 auch das Scripten der Storys. Miller gelang, was kein Comic-Schreiber in 17 Jahren fertig gebracht hatte: Er machte Daredevil zu einem einzigartigen und vielschichtigen Charakter - in den besten Abenteuern, die die Leser bisher zu sehen bekommen hatten. Dunkle und realistische Großstadtgeschichten, die ihre Inspiration eher Kriminalstorys von Raymond Chandler oder Filmen aus Hollywoods "Schwarzer Serie" verdankten, als bunten Comic-Geschichten. Ein paar Jahre zuvor hatten Denny O'Neil und Neal Adams auf diese Weise bereits den Konkurrenzhelden Batman neu definiert, aber was Miller mit Daredevil tat, ging noch darüber hinaus. Daredevil entwickelte sich zu einem ernsten, getriebenen Helden, hin- und hergerissen zwischen seiner Rolle als Anwalt und seiner geheimen Identität, in der er so oft die Gesetze brechen musste, die er zu achten geschworen hatte. Auf oft schmerzhafte Weise lernte "Der Mann Ohne Furcht" nun, dass Recht nicht immer auch Gerechtigkeit bedeutet und dass auch er eine dunkle Seite besitzt, die ihn seinen Widersachern oft näher bringt, als jenen, die er zu schützen versucht.

Einen wichtigen Platz in Millers Storys nahm religiöse Symbolik ein: Matt Murdock, mal Märtyrer, mal Sünder, der neben dem Feldzug gegen das Verbrechen auch einen ständigen Kampf gegen seine inneren Dämonen führen muss. Außerdem ging Miller der Frage auf den Grund, was jemanden wie Daredevil trotz aller Tragik seiner Existenz zum Helden macht und ihn treibt, sein Leben Nacht für Nacht für andere Menschen aufs Spiel zu setzen. Mit dem Hauptprotagonisten änderten sich auch das Umfeld und der Ton der Geschichten. Vorbei waren die Zeiten, in denen Daredevil als Spider-Man - Kopie gegen Monster und Schurken mit Weltherrscher-Ambitionen, wie Dr. Doom, antreten musste. Der blinde Verbrechenskämpfer operierte nun in New Yorks verruchtestem Stadtteil, Hell's Kitchen, gegen das organisierte Verbrechen - realistisch und brutal.

In Daredevils Gegnerschaft brachte Miller dringend benötigten frischen Wind. Den bereits existierenden Attentäter Bullseye entwickelte er zu einem bedrohlichen und tödlichen Erzfeind für den "Mann ohne Furcht". Selbst Marv Wolfman, einer von Millers Vorgängern und Erfinder des Charakters, gab neidlos zu: "Ich hielt Bullseye für einen guten Schurken, den Frank Miller besser machte. Ich mochte das Konzept immer, aber es gelang mir nie, ihn so einzusetzen, wie ich mir es vorgestellt hatte. Frank schaffte es." Auch der Kingpin, einer von Stan Lees unzähligen Schurken für die Spider-Man - Serie, bekam die Miller'sche Frischzellenkur verpasst. Der feiste Gangsterboss entwickelte sich unter Miller zu einem bösartigen Mastermind, der die Verbrechenssyndikate der Ostküste mit eiskalter Hand regierte und somit den absoluten Gegenpol zur Figur des Daredevil bildete: die fleischgewordene Verkörperung des Verbrechens. Den Zeitungsreporter Ben Urich, den Autor Roger MckEnzie bereits in Daredevil 153 eingeführt hatte, machte Miller ebenfalls zu einem wichtigen Handlungsträger: den Chronisten der New Yorker Verbrechensszene und einen der wenigen Freunde Murdocks.

Den wichtigsten Charakter schuf Miller aber selbst: Die Ninja-Kämpferin Elektra. Auf der einen Seite Attentäterin und somit Daredevils Gegenspielerin, auf der anderen seine große Liebe. Die Figur der Elektra wurde zu einem der beliebtesten weiblichen Marvel-Charaktere und erhielt nach einigen Mini-Serien auch eine fortlaufende, eigene Reihe. Millers Interpretation des tragischen Helden machte Daredevil zu einer der erfolgreichsten und wichtigsten Comic-Serien und die Hauptfigur zu einem der interessantesten und menschlichsten Charaktere. Den in Daredevil erstmals eingebrachten, realistischen und finsteren Blickwinkel führte der Comic-Künstler Jahre später in der Mini-Serie "Batman: The Dark Knight Returns" für DC Comics zum Höhepunkt und inspirierte damit die unzähligen düsteren Comic-Helden der 90er Jahre.


Special vom: 18.03.2003
Autor dieses Specials: Andreas Völlinger
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
1964: Die Geburt Des "Mannes Ohne Furcht"
1964-1981: Held Aus Der Zweiten Reihe
1983-1998: Berg- Und Talfahrt
1998-2003: Wiederbelebung und Gegenwart
Daredevil - Charakterprofil
Freunde & Gegner
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