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Empathische Rüsselmenschen | |
Empathische Rüsselmenschen Den aufrechten Kämpen von DC stand das chaotische, unendlich verästelte Marvel-Universum gegenüber. Hier wimmelte es nur so von Mutanten, Strahlenopfern, Medusen, Vampiren und melancholischen Robotern. Es war uns schon damals unmöglich, das System in seiner Gesamtheit zu überblicken. Die überschiessende Energie der Zeichner und Autoren hatte sich zu immer groteskeren Fantasiegebilden ausgeformt wie etwa dem «Man-Thing», das im Grunde nur aus einem von schwärenden Furunkeln übersäten Rüssel bestand und die Emotionen der Menschen erfühlen konnte. In den Heften wurde es treffend als «Empath» bezeichnet, weil es sich zum Ziel gesetzt hatte, alle negativen Emotionen auf ewig aus der Welt zu bannen. Im Schatten von «Spider-Man» gab es einen ganzen Tross von anderen, wiewohl ähnlich geschnitzten Kollegen mit übernatürlichen Begabungen. Da waren die «Fantastischen Vier», «Hulk», «Die Rächer», «Der mächtige Thor», «Dr. Strange», die «X-Men» sowie eine Reihe weiterer Serien, die kommen und gingen, je nach Publikumsgeschmack. Das Raffinement bestand darin, dass alle Marvel-Helden ihre kleinen Macken und Gebrechen hatten. Am Ursprung ihrer Kräfte standen Defekte, Traumata, Schocks und Unfälle, die tiefe Narben geritzt hatten. Ben Grimm zum Beispiel, das bärenstarke Krümelmonster der «Fantastischen Vier», war ein von Selbstmitleid geplagter Zyniker, den erst die Liebe einer blinden Frau von seinem Hass erlöste. Bei «Hulk» tritt uns das zutiefst entzweite Individuum entgegen, der Kopfmensch, der seine Triebe bis zu dem Punkt verdrängt, an dem sie sich zu einem zweiten Ich ausprägen, über das er keine Kontrolle mehr verfügt. Bei Marvel kam es vor, dass Androiden weinten und Superhelden dem Alkohol verfielen oder der Tablettensucht. Der Zürcher Comicexperte Michel Bodmer nannte es in einem Gespräch mit mir «die Übertragung des Soap-Opera-Prinzips ins Superheldengenre». |
Special vom: | 04.03.2001 |
Autor dieses Specials: | Roger Köppel (Text) und Vera Hartmann (Fotos) |
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