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Interview mit Eckart Breitschuh
cover98_mittel.jpg Nach „Komplott gegen Berti“ zur WM 1998 erscheint dieser Tage ein weiterer Fussballcomic aus deiner Feder, „Klinsi in Not“. Worum geht es dabei?

Oh, ich glaube, um Fussball ;o). Und um Politik, um nationale Befindlichkeiten, um Deutschland im Allgemeinen und im Besonderen. Aber vor allen Dingen darum, dass die Leser Spass haben.

Bist du Fussballfan?

Nein, ich hab überhaupt keine Ahnung von Fussball. Konzept und Text stammen von Thomas Kilchenstein und Jan Christian Müller, die im richtigen Leben Sportredakteure bei der Frankfurter Rundschau sind und auch regelmässig satirische Beiträge zum Fussballrummel veröffentlichen. Die beidern steckten auch 98 hinter „Komplott gegen Berti“, wobei damals noch Henny Nachtsheim von Badesalz und Michael Walz von Ehapa mit im Autorenteam waren.
Ich war und bin der Bildgeschichtenexperte im Team. Ich mache einen Comic draus.

Wie lief da die Zusammenarbeit?

Jan und Thomas stellten das Konzept beim Verlag vor. Sie verfassten einen groben Storyentwurf, wir trafen uns und brainstormten drüber, ein neuer Entwurf folgte, wir brainstormten wieder. Dann bekam ich nach und nach das Skript zugeschickt, teils mit ausgearbeiteten Dialogen, teils mit nur anskizzierten Szenen, die ich dann nach meinen Vorstellungen ausbaute. Die fertigen Seiten machten dann einmal die Runde, es wurde wieder besprochen, vorgeschlagen und verbessert. So entstanden nach und nach 80 Seiten Klinsi-Comic.

HPIM1856.JPG 1998 Berti, 2006 Klinsi. Wieso hat man denn zur WM 2002 nichts von euch gehört?

Na ja, dass man 2006 zur WM im eigenen Land was macht, liegt ja auf der Hand. Das Thema ist übergross in allen Medien, Storypotential durch Klinsi und seine umstrittenen Strategien ist in Fülle da. Ähnlich 1998: Frankreich war nicht weit, Vogts eine sehr kontroverse Figur.
WM 2002 war in Japan und Südkorea, die Liveübertragungen absurd zeitverschoben und durch das miese Abschneiden der Deutschen 1998 war einfach das Interesse insgesamt etwas gebremster, denke ich.

Fussballer, Trainer, Politiker- ist es schwierig, solche tatsächlichen Personen in Comicfiguren zu verwandeln?

Nö, da hab ich ja mittlerweile ein bisschen Übung. Allerdings kann so ein Realitätsbezug im Comic dich storymässig ganz schön ins Schleudern bringen. Für unsere Story war zum Beispiel entscheidend, wer eigentlich in der Regierung sitzt, wenn der Comic erscheint. Und zwar nicht nur welche Partei, sondern auch welche Personen. Das war nach Schröders Neuwahlansage natürlich ein Ratespiel. Jan und Thomas gingen von Schwarz/Gelb aus, ich war mir da nicht so sicher. Andererseits konnten wir nicht einfach die Arbeit bis nach den Wahlen liegen lassen. So schrieben und zeichneten wir erstmal um die entsprechenden Szenen herum und telefonierten regelmässig über die politischen Entwicklungen. Als dann die Regierungskonstellation endlich raus war, kamen wir mit dem Umschreiben einiger Sprechblasen davon. Die Grosse Koalition war hier, wie überall, die undramatischste aller Lösungen.

Wer ist denn die bessere Comicfigur: Berti oder Klinsi?

Schwierige Frage. Berti war eine hervorragende Comicfigur, klein, medial ungeschickt, immer mit der Tendenz zu Lächerlichkeit. Klinsi ist komplexer. Er ist zwar umstritten, hat aber dennoch einen hohen Sympathiefaktor und weiss sich, zu präsentieren.
Klinsi ist die bessere Comiccharakter. Berti ist die bessere Witzfigur.

„Komplott gegen Berti“ erschien damals bei Ehapa. Auch „Klinsi in Not“ war bei Ehapa angekündigt. Nun erscheint es im Agon Sportverlag. Wie kam es dazu?

Ehapa zog sich für uns völlig überraschend von dem Projekt zurück. Das Thema WM ist ja diesmal von juristischer Hysterie gekennzeichnet. Die Egmont-Rechtsabteilung war wohl der Meinung, unser Buch würde von Persönlichkeitsrechtsverletzungen wimmeln, worauf die Konzernleitung kalte Füsse bekam und das ganze Ding ohne weitere Diskussion kippte.
Wir haben dann allerlei Comic- und Buchverlage durchtelefoniert, sind auch überall auf Interesse gestossen, letztlich lehnten aber doch alle ab, weil die Zeit zu knapp war, um noch ein vernünftiges Marketing auf die Beine zu stellen. Wir waren drauf und dran, das Buch auf eigene Faust drucken zu lassen bzw. ganz zu beerdigen, als Thomas Kilchenstein in letzter Minute den Kontakt zu Agon aus dem Ärmel zauberte. Dort war man begeistert. Ein Comic ist für einen Sportverlag natürlich eher was Exotisches, aber „Klinsi in Not“ gefiel allen, vom Verlagschef bis zum Drucker.

Wie sehen deine anderen Comicprojekte derzeit aus?

Hauptsächlich arbeite ich derzeit mit Autor Josef Rother an „Argstein“, einer Fantasyserie für das amerikanische HEAVY METAL. Die deutsche Ausgabe des ersten Bandes wird im Oktober bei Ehapa erscheinen. Ausserdem entwickele ich gerade eine Cartoonserie unter dem Titel „Da ist ein Mann“. Die erste Folge wird demnächst auf Spiegel Online zu lesen sein.
Ich liefere weiterhin Cover und Rahmenhandlungen für Zwerchfells GRIMM-Serie, zu Erlangen 2006 erscheint Band 8. Auch das Apokalypse-Projekt (www.apokalypse-comic.de) köchelt weiter vor sich hin, im Frühjahr sind wir bei der Ausstellung „apocalypse cum figuris“ im Klostermuseum Malbork in Polen dabei.

Glaubst du, Klinsis Kicker gewinnen die WM?

Ich glaube gar nichts. Ich weiss, wer die WM gewinnt. Schliesslich bin ich der Zeichner des „Comics, der Ihnen sagt wer Weltmeister wird!“. Wer’s auch wissen möchte: Lest „Klinsi in Not“!


Special vom: 20.03.2006
Autor dieses Specials: Bernd Glasstetter
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Komplott gegen Berti - Leseprobe
Klinsi in Not - Leseproben
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