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Der gemalte Willi und der Prototyp
Prototyp.jpgKnigge: Nun hast du, Volker, dir ja ein wunderbares Ventil mit "Willis Welt" für "Wilhelm Busch und die Folgen" geschaffen, wo du mal so richtig auf die Pauke hauen konntest.

Reiche: Nicht Ventil - ein Kommentar!

Knigge: Aber du hast was sehr Interessantes gemacht. Strizz ist gezeichnet und Busch hat gezeichnet. Dass Busch auch gemalt hat, wurde erst einem völlig überraschten Publikum nach seinem Tode bekannt. Auch du hast jetzt "Willis Welt" gemalt. Was hast Du für ein Verhältnis zur Malerei? Ist das dein erster gemalter Comic?

Reiche: Bevor ich mit "Strizz" anfing, habe ich "Mecki" gemacht. Das bedeutete, eine Seite pro Woche. Das bedeutete zwei Arbeitstage und dann waren noch fünf Tage übrig, an denen man ja noch irgendwie ein bisschen was tun musste. Und da habe ich wirklich richtig gemalt - nicht Comics, sondern "Kunst" sozusagen. Ich habe mich richtig eingearbeitet in das Malen auf Leinwand. Und diese Idee mit Busch, dass sich die "Max und Moritz"-Preisträger zusammentun sollen, um einen Comic-Band zu machen - das fand ich sehr nett. Gleichzeitig wurde auch die Ausstellung angekündigt. Es ist immer ziemlich kümmerlich, wenn man von Comics kleine Schwarzweiß-Originale ins Museum hängt. Der Unterschied ist nicht wesentlich zu dem, was man liest. Man hat immer den Eindruck, dass man lieber das Buch nimmt und liest. Und ich dachte, das mach ich jetzt mal anders. für die Ausstellung sollten es also richtig große Gemälde sein, vor denen man gerne steht und sie sich anschaut. Jede einzelne Seite meiner Geschichte ist 50 x 70 cm groß - richtig mit Acryl auf Malplatte. Dann kam natürlich noch die Überlegung, dass Busch Maler war. Da passt das doppelt gut.

Knigge: Volker und Ralf ... ihr habt kürzlich so eine Art Kooperation gehabt, ohne wirklich zusammenzuarbeiten. Denn du, Volker, hast nach über fünf Jahren "Strizz" im September zum ersten Mal wieder Urlaub gemacht und Ralf hat diese zwei Wochen ohne Strizz in der FAZ quasi mit deinem Strip "Der Prototyp" überbrückt. Dort hast du dich mit der Schöpfungsgeschichte befasst und davor gab des dein zweibändiges Werk "Dschinn, Dschinn", in dem du dich mit dem Islam bzw. Islamismus beschäftigt hast. Ist das Thema Religion jetzt für Dich ein neues Thema, dem du dich zukünftig mehr widmen willst?

König: Ja, auf jeden Fall. Ich bin schon seit längerem meines Schwulenthemas müde. Ich mache das seit 25 Jahren und hab zu dem Thema alles gesagt. Ich suche schon seit längerem nach etwas neuem. Religion war schon immer ein Thema, das mich auf die Palme gebracht hat. In letzter Zeit sehen wir alle an der Auseinandersetzung um den Islam, dass sich immer weiter in den Vordergrund drängt. Und für mein Dafürhalten reagiert die Gesellschaft darauf nicht mit Aufklärung, sondern ebenfalls mit Religion. Ich wohne in Köln und wenn der Katholische Kirchentag dort stattfindet, dann bin ich halt Jude. Dann ist ganz Köln voll mit Jugendlichen, die das alles ganz toll finden - und es gibt wenig, wenig Kritik, wenig Gegenstimme. Das finde ich unerträglich. Als ich als Kind in einem Alter war, wo ich was über die Welt wissen wollte, wurde ich zugeleimt mit diesen Geschichten aus der Bibel. Das war die "Wahrheit", die ich dann kannte, weil mir ja keine andere erzählt wurde. Erst als ich älter war, entdeckte ich, wie wunderbar und wie groß und wie unvorstellbar die Welt ist und wie viel größer als in diesen Mythen und Märchen. Und es macht mich sauer, dass das immer noch passiert. Neulich habe ich ein Foto gesehen von meinem Großneffen, der eingeschult wurde. Da stehen die Kinder dann und so ein Pfaffe legt da die Hände auf. Da muss ich mich fragen, was hat so ein Pfaffe bei der Einschulung von Kindern zu suchen. Was ist das denn hier? Das bringt mich auf die Palme und das sind religiöse Themen, egal welche Religion und welcher Gott ...
Religion, Satire und Humor - das ist eine schöne Einheit. Da macht sich für mich gerade eine ganze "Himmelspforte" an Möglichkeiten auf.


Special vom: 06.02.2008
Autor dieses Specials: Daniela Graf & Martin Jurgeit
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Das Faszinierende an Buschs Zeichnungen
Busch und die Gewalt
Busch und die Bigotterie
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