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Zum 10. Todestag einer Comic-Legende: Greg
Michel Regnier, besser bekannt unter seinem Pseudonym GREG, gehörte zu den ganz großen und produktivsten Autoren der franko-belgischen Comic-Szene. GREG war einer der wenigen herausragenden Autoren, der sowohl in dem Genre ‚Humor’ als auch in dem Genre ‚Abenteuer’ durch geniale Szenarien überzeugen konnte. Zu seinen berühmtesten Serien in Deutschland, die vor allem durch ihre Veröffentlichungen in den 1970er Jahren im legendären Comic-Magazin ZACK eine breite Leserschaft erreichten, zählten die Abenteuergeschichten des Andy Morgan (fr. Bernard Prince), der SF-Klassiker Luc Orient, die Agentenserie Bruno Brazil und der Western Comanche. Doch GREG zeigte noch viele weitere Talente: So agierte er als Roman- und Drehbuchautor, und wirkte für das Comic-Magazin TINTIN und das Verlagshaus Dargaud in führender Position. Für Dargaud verbrachte er außerdem viele Jahre in den USA.

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Michel Regnier, der am 5. Mai 1931 in Ixelles, einem Vorort von Brüssel geboren wurde, entwickelte schon sehr früh eine ‚gewisse Berufung’, Geschichten zu erzählen: Jeden Morgen, auf dem Weg zur Schule, unterhielt er seine Klassenkameraden mit diversen Erzählungen. Noch konnte niemand ahnen, dass aus dem kleinen Michel einmal einer der größten franko-belgischen Comic-Szenaristen werden sollte.

Michel war erst 12 Jahre alt, als 1943 im selbst gedruckten Journal de Nouny erste humorvolle Texte und Karikaturen von ihm erschienen. Vier Jahre später schrieb und zeichnete er mit den Abenteuern von Nestor und Boniface für die belgische Tageszeitung Vers L’Avenir seinen ersten professionellen Comic. 1948 folgte im gleichen Blatt Bill Badaboum. 1951 machte Regnier, auf Vermittlung des Spirou-Herausgebers Charles Dupuis, die Bekanntschaft von André Franquin.

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Er besuchte in der Folgezeit Kurse am Kunstinstitut Saint-Luc in Lüttich, die ihn jedoch nur wenig begeistern konnten. 1952 heiratete er Denise Stevens, mit der er zwei Kinder haben wird. Ab 1953 erschien unter dem Pseudonym ‚Michel Denys’ der Comic Le chat, von dem bis 1956 insgesamt 26 Episoden in der Zeitschrift Héroïc-Albums veröffentlicht wurden. 1954 folgten im Spirou-Magazin Caddy (Le Temple aux tigres) und Dopy et Badino (La grande Corrida). Nachdem 1955 Regniers Versuch, ein eigenes Magazin mit dem TitelLe journal de Paddy am Markt zu platzieren, nach nur fünf Ausgaben aus finanziellen Gründen fehlschlug (einer der Geldgeber für das Projekt zog sich zurück), wechselte Regnier zu Yvan Chérons Agentur International Press, das u. a. das Magazin La Libre Junior (Beilage von La Libre Belgique) belieferte; und als Goscinny, Uderzo, Hubinon und Charlier die Agentur verließen, war seine Aufgabe, die entstandenen Lücken zu füllen. Um mit der jüngsten unrühmlichen Vergangenheit abzuschließen, legte sich Michel Regnier ein neues Pseudonym zu. Er nahm die drei ersten Buchstaben seines Familiennamens und stellte ein G voran: Michel G REG.

Für International Press schrieb und zeichnete GREG eine große Anzahl von Comics wie Fifi, Toutsy, Fleurette, Luc Junior (Zeichnungen: Sirius), Randy Rifle, Bison et Ouistiti, Bronco et Pepito, Alain et Christine (Zeichnungen: Martial) und Tiger Joe (Zeichnungen: Forton).

1956 begann GREG eine längere Zusammenarbeit mit André Franquin, für dessen Serie Modeste et Pompon (dt. Mausi und Paul) er Dutzende von Gags verfassen wird. Es folgten Szenarien für die folgenden, von Franquin gezeichneten Spirou-Alben: Le prisonnier du Bouddha (1958/59, dt. Gefangen im Tal der Buddhas), Tembo Tabou (1959, dt. Im Reich der roten Elefanten), Z comme Zorglub (1959/60), dt. Der Plan des Zyklotrop), L’Ombre du Z (1960, dt. Im Banne des Z) und QRN sur Bretzelburg (1961+63, dt. QRN ruft Brezelburg).

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In dieser Phase begegnete GREG in der Tintin-Redaktion dem Zeichner Tibet (in Deutschland vor allem durch Rick Master bekannt, frz. Ric Hochet), für den er von 1957 bis 1965 mehr als tausend Seiten von Chick Bill schreiben wird. Diese Serie sollte jedoch nicht die einzige sein, die GREG für Tintin schrieb bzw. zeichnete. Es folgten u. a. Corentin und Line (Zeichnungen: Cuvelier), Chlorophylle (Zeichnungen: Macherot), Prudence Petitpas (Zeichnungen: Maréchal) und die eigenen Serien Rock Derby, Broussaille, Bolivar, Babile et Zou und Zig, Puce et Alfred.

1959 erhielt GREG von Hergé und Tintin-Herausgeber Raymond Leblanc das Angebot, für ein Zeichentrickfilm-Projekt des französischen Fernsehens eine Reihe von Tim und Struppi-Abenteuer zu adaptieren. Es wurden jeweils Kurzfilme mit einer Länge von fünf Minuten produziert. GREGs Drehbücher entfernten sich allerdings oft sehr weit von den Originalvorlagen. Insgesamt wurden sieben Alben verfilmt (Reiseziel Mond, Die Krabbe mit den goldenen Scheren, Das Geheimnis der Einhorn, Der Schatz Rackhams des Roten, Der geheimnisvolle Stern, Die Schwarze Insel und Der Fall Bienlein). Auf Grund des großen Erfolges dieser Fernsehproduktionen machte sich die Filmgesellschaft Belvision später an die Produktion der Kinofilme.

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GREG versuchte mehrfach, mit Hergé zusammenzuarbeiten. Er schrieb Szenarien sowohl für Tim & Struppi’ als auch für Jo, Jette & Jocko’Abenteuer. Hergé zeigte sich durchaus interessiert und machte einige Entwürfe. Letztendlich legte er die Projekte aber immer wieder zu den Akten. Hergé sah sich einfach nicht in der Lage, sich in Szenarien anderer Autoren hineinzufinden. Er benötigte seinen individuellen Freiraum, eine Geschichte in seinem Sinn zu entwickeln. Ebenso verfuhr Hergé mit einem Szenario von van Melkebeke und Heuvelmans für ein Tim und Struppi-Mondabenteuer.

Für Pilote kreierte GREG 1963 seine Serie Achille Talon (Text und Zeichnungen GREG, dt. Albert Enzian), die später sogar als Zeichentrickfilm zu TV-Ehren kam. Eigentlich entstanden die Achille Talon-Onepager (oder auch ‚Two-Pager’) zunächst nur deshalb, weil Goscinny, damals Chefredakteur bei Pilote, diese Geschichten brauchte, um gelegentlich ausbleibende Werbeseiten zu kompensieren.

Umso erstaunlicher, dass diese GREG-Serie eine bemerkenswerte Langlebigkeit und große Beliebtheit bei den Lesern entwickelte. Bis 1976 bestanden die Gags aus ein- oder zwei Seiten, danach folgten längere Abenteuer. Sehr schön sind die Wortspiele, literarischen Anspielungen und scharfsinnigen Dialoge, die GREG in Achille Talon einbaute und die den Reiz der Serie ausmachen.

Hauptfigur der Serie ist eben dieser Achille Talon, Urtyp des durchschnittlichen Franzosen. Sein kleiner Hut, sein großer Bauch, seine gewaltige Nase und sein Stock sind allen Fans der Serie wohl bekannt. 1965 mietete der Autor ein Appartement am Place du Roi Vainqueur in Brüssel an. Dieses wurde künftiger Sitz des Comic-Studios GREG, dessen erste Mitarbeiter Robert Pire, Jean-Marie Brouyère, Dany, Dupa, Hermann und Vicq waren. Nach der Gründung seines eigenen Studios verließ GREG International Press.

Wer weiterlesen möchte, sollte sich Zack 126 zulegen.


Special vom: 15.11.2009
Autor dieses Specials: Michael Hüster
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F.W. Tempel
Daan Jippes: Die Abenteuer von Havank
Die Korsaren des Alkibiades
Dossier Largo Winch
„Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“
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