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Zeitreisen

Der geistige Vater der Zeitreise

Das „Siebenschläfer“-Motiv trägt in sich bereits Wesensmerkmale des Zeitreisens. H. G. Wells gehört zusammen mit Jules Verne zu den Begründern der modernen Science-Fiction, also dem literarischen Genre dem Ideen wie die Zeitreise entsprungen sind. Mit seinen Romanen, wie beispielsweise „Die Zeitmaschine“ (1895), legte er die Grundbausteine für alle nachfolgenden (Comic)Künstler, die sich mit Zeitreisen befassen. Danach zeichnet sich eine Reise in der Zeit dadurch aus, dass ein Zeitreisender rückwärts oder vorwärts auf der Zeitachse die Gegenwart verlassen und erneut zurück-kehren kann.

„Valerian und Veronique“

Die franko-belgische Science-Fiction-Serie stammt von den Comicschaffenden Pierre Christin und Jean-Claude Mézières. „Valerian und Veronique“ handelt von den gleichnamigen Agenten des so genannten „Raum-Zeit-Service“, der sich in der Hauptstadt „Galaxity“, in der fiktiven Zukunft, befindet. Durch die technische Ermöglichung eines „Raum-Zeit-Sprungs“ können die Protagonisten in andere Jahrhunderte und Orte des Weltalls reisen.

In der neunten Ausgabe von „Valerian und Veronique“ („Trügerische Welten“, 1978) lässt ein Unbekannter aus dem Weltall vergangene Epochen aus der Historie wiederentstehen. Eine Historikerin der Zukunft beauftragt Valerian und Veronique den Urheber dieser Scheinwelten zu enttarnen und die vergangenen Epochen für Forschungszwecke zu bereisen. So werden die Zeiten des Kolonialismus, des Imperialismus und schließlich des Kapitalismus erforscht.

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(c) 1988, 1998 Dargaud

In der Episode „Gastmahl mit Tücken“ (1) findet Valerian seinen Freund Slaine tödlich vergiftet in dessen Raumschiff. Damit er ihn doch noch retten kann, macht der Agent des „Raum-Zeit-Service“ einen kleinen Zeitsprung in die jüngere Vergangenheit, um herauszufinden was die Ursache dafür war und diesen zu warnen. 24 Stunden in der Zeit zurück gereist, trifft der Valerian seinen Freund mit Bauchschmerzen an, und erfährt, dass dieser bei einem Festmahl auf dem Planeten eines fremden Volkes zu Gast war. Valerian muss also noch ein Stück weiter in die Vergangenheit zurück, um seinen Freund davon abzuhalten, bei den Fremden zu essen, damit dieser überlebt.

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(c) 1979 Dargaud 16/22 Nr. 54

Zeit hat in den Beispielen der Comics „Valerian und Veronique“ eine zentrale Bedeutung, da die Story in der hoch technisierten Zukunft spielt, in der eine eigene Agentur für Zeitreisen existiert. Diese dienen einmal der wissenschaftlichen Erforschung der Zeitgeschichte. Oder, in einem anderen Fall, der Erforschung und Verhinderung der Todesursache einer Person in der Vergangenheit. In diesem Fall handelt es sich nicht um eine weit zurück liegende Vergangenheit, sondern der Zeitpunkt liegt lediglich 24 Stunden von der Gegenwart der Erzählzeit zurückversetzt. Das Zeitreisen ist in diesem Comic zum Alltag geworden, zumindest im Hinblick auf die Agentur des „Raum-Zeit-Services“. Visuell werden die Sprünge in der Zeit durch konzentrische Kreise um den Raumschiffen angedeutet.

„Mickey und Goofy“

Auch in zahlreichen Episoden des „Lustigen Taschenbuchs“ wird das Thema „Zeitreise“ aufgegriffen. Die Protagonisten sind Mickey und Goofy, die die Zeitmaschine des Professors Marlin nutzen, um in die Vergangenheit zu reisen.
In der Geschichte „Die Geheimwaffe des Pharao“ (2) reisen Mickey und Goofy, mit Hilfe der Zeitmaschine, 3300 Jahre zurück, nach Ägypten. Dort wollen sie den vermissten Professor Marlin suchen, der seine Fernbedienung für die Zeitmaschine im alten Ägypten verloren hat und deswegen nicht mehr in die Gegenwart zurückkehren kann.

Ein weiteres Beispiel ist „Zu Besuch im alten Rom“ (3). Durch ein Versehen ist Professor Marlin in das alte Rom geschickt worden. Deshalb reist Goofy in die Zeit des alten Roms zurück, um ihn zu suchen. Der Unwissende tritt durch zeitlich bedingte kulturelle Unterschiede in Fettnäpfchen und es entstehen etliche Missverständnisse, bis er den Professor findet.

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(c) Disney

Auch in der Episode „Die Geschichte steht Kopf“ (4) dreht sich alles um das Zeitreisen. Mickey und Goofy sind von einem Auftrag in der Vergangenheit zurück. Doch Goofy hat sein Allzweckgerät dort vergessen und dadurch die Geschichtsschreibung verändert. Deshalb reist er mit Mickey erneut in die Zeit zurück, um so die Fehler wieder auszubügeln.

Die Zeitreisen-Episode „Das Geheimnis der Etrusker“ (5) handelt davon, dass Mickey und Goofy mit dem Auftrag nach Caeres um 474 vor Christus in die Vergangenheit geschickt werden, herauszufinden, ob das Gerücht stimmt, dass die Etrusker die Speise „Ravioli“ erfunden haben. Das gelingt den beiden auch. Durch einen Zufall geben sie der damals neuen, und noch unbenannten Speise, ihren heutigen Namen.

In „Das rätselhafte Truthahnbild“ (6) sollen Mickey und Goofy in der Vergangenheit klären, inwiefern es sein kann, dass ein Kunstwerk aus einer gegenwärtigen Ausstellung in Venedig, einen Truthahn abbildet, obwohl dieser Vogel 1484 in Europa noch unbekannt gewesen ist. Sie finden jedoch nichts heraus und kehren in die Gegenwart zurück, wobei sie das Foto eines Truthahns verlieren, das sich ein Künstler dann als Vorlage für sein Bild hernimmt.

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(c) Disney

Zeitreisen dienen in den Geschichten des „Lustigen Taschenbuchs“ oft dazu, um Antworten auf wissenschaftliche Fragen in der Vergangenheit zu sammeln. Dabei kommt es nicht selten durch das Einwirken der Gäste aus der Gegenwart zu konfusen Veränderungen der Zeitgeschichte. Oder aber, die Protagonisten treffen auf Missverständnisse aufgrund der zeitgemäßen Unterschiede der gerade dominanten Kultur. Manchmal stellt sich sogar heraus, dass erst das Nachforschen zu den Forschungsproblemen geführt hat. Das Mittel zur Zeitreise ist stets eine Zeitmaschine. Die Erzählungen drücken hier wie auch bei „Valerian und Veronique“ den Wunsch der Menschheit aus, die Zeit über die Gegenwart hinaus erlebbar zu machen, zum Beispiel um Fehler in der vergangenen Zeit rückgängig zu machen oder um Erlebnisse aus der Vergangenheit noch einmal zu erleben.

„Wolverine“

Die Graphic Novel „Wolverine: Netsuke“ (2003) stammt von George Pratt. Auch dieser Autor und Zeichner verwendet das Motiv der „Zeitreise“. Die Erzählung handelt von Logan alias Wolverine. Der Protagonist pilgert jedes Jahr nach Japan, um dort das Grab seiner verstorbenen Geliebten, Mariko Yashida, zu besuchen. Vor seiner erneuten Anreise erscheint ihm Mariko im Traum mit der Bitte, sie zu ihren Ahnen zurückkehren zu lassen. Hier stellt sich das Rätsel, inwiefern Logans Liebe, nach Marikos Tod hinaus, immer noch deren Seele vom Übergang ins Jenseits abhält. Logan findet eine Schatulle mit einem „Netsuke“. Durch dessen Berührung erwacht er im nächsten Augenblick mitten auf einem Schlachtfeld, zwischen Leichenbergen, im alten, feudalen Japan. In dieser Vergangenheit rettet er in Gestalt eines Samurais eine Frau, die auch Mariko heißt. Doch nach einem langen Aufenthalt im alten Japan, befindet sich Logan plötzlich wieder in der Gegenwart. Er gelangt zu der Erkenntnis, dass noch drei weitere „Netsukes“ in der Schatulle fehlen. Nachdem er auch diese gefunden hat, reist er, diesmal bewusst, wieder in die Vergangenheit. Logan stellt außerdem fest, dass die als persönlich lang empfundene Zeit in der Vergangenheit, in seiner Gegenwart von sehr kurzer Dauer gewesen ist.

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(c) Wolverine Netsuke Band 1 erschienen beim Panini Verlag

Das Motiv „Zeit“ erscheint in „Wolverine: Netsuke“ als Schlüssel zur Lösung, des an den Protagonisten gestellten Rätsels. Nur die Brücke zur Vergangenheit, bringt Logan Selbsterkenntnis und Mariko Seelenfrieden. Das „Medium“ oder „Zeitportal“ zur Reise ist das „Netsuke“, ein kleiner, aus Holz oder Elfenbein kunstvoll geschnitzter Knebel, der dazu dient Geldbörsen oder Ähnliches zu sichern, die mit einer Schnur am Gürtel eines Kimonos befestigt werden. Außerdem erscheint hier ein Kernelement der „Siebenschläfer“-Legende umgekehrt: indem nämlich die subjektiv lang wahrgenommene Zeit Logans im alten Japan in der Gegenwart nur von kurzer Dauer war.
Vergleich

Im Gegensatz zu den geplanten Zeitreisen bei den „Lustigen Taschenbüchern“ oder in „Valerian und Veronique“ gerät Logan zunächst, beim ersten Berühren des „Netsukes“, unabsichtlich in die Vergangenheit. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Aufgabe bei „Wolverine: Netsuke“ nicht von gegenständlicher Natur ist wie in den Fällen der beiden anderen Comics, wo zu wissenschaftlichen Zwecken in der Zeit gereist wird, sondern von immaterieller Natur, zur Selbstfindung und Erlösung. Diese Vergeistigung ist eine ähnliche Entwicklung wie sie bereits bei den Comics mit dem Motiv des „Siebenschläfers“ festgestellt wurden. Eine weitere Differenz zu den vorherigen Comics stellt auch das Mittel zur Zeitreise dar, dass hier kein technisches Hilfsmittel, sondern ein Kunstgegenstand ist.

(1) Christin, P.; J.-C. Mézières: Gastmahl mit Tücken. In: 16/22, Bd. 12: Valerian und Veronique. Jenseits von Raum und Zeit. Hamburg (Carlsen) 1984, S. 5-20.
(2) O.V.: Die Geheimwaffe des Pharaos. In: Walt Disneys Lustiges Taschenbuch, Nr. 166. Auf König Mi-das’ Spuren. Leinfelden-Echterdingen (Ehapa) o.J., S. 62-131.
(3) O.V.: Zu Besuch im alten Rom. In: Walt Disneys Lustiges Taschenbuch, Nr. 166 (wie Anm. 2), S. 164-195.
(4) O.V.: Die Geschichte steht Kopf. In: Walt Disneys Lustiges Taschenbuch, Nr. 180. Die rätselhaften Zwillingsvölker. Leinfelden-Echterdingen (Ehapa) o.J., S. 57-96.
(5) O.V.: Das Geheimnis der Etrusker. In: Walt Disneys Lustiges Taschenbuch, Nr. 180 (wie Anm. 4), S. 165-208.
(6) O.V.: Das rätselhafte Truthahnbild. In: Walt Disneys Lustiges Taschenbuch, Nr. 181. Der Traum vom großen Onkel. Leinfelden-Echterdingen (Ehapa) 1993, S. 128-163.



Special vom: 30.11.2009
Autor dieses Specials: Marco Behringer
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Das "Siebenschläfer" Motiv
Zeitanomalien
Zeit als Schicksal
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