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Walter Trier: Buchillustrator, Werbegrafiker & Pressezeichner
2011 jährt sich der Todestag des Buchillustrators Walter Trier (1890-1951) zum 60. Mal. Der Künstler ist dem an Literatur interessierten Leser vor allem durch seine Zusammenarbeit mit dem Kinderbuchautor Erich Kästner bekannt. Für diesen illustrierte Walter Trier ein Dutzend Kinderbücher und darüber hinaus noch einige weitere Buchumschläge. Doch Triers Werk umfasst weitaus mehr als nur die Illustrationen zu diesen Kästner-Publikationen: im Berlin der Weimarer Republik, im Exil in London und als Emigrant in Kanada schuf Trier ein umfangreiches und vielfältiges Werk, bestehend aus populären Buchillustrationen, politischen Grafiken, Arbeiten für die Werbeindustrie und die Unterhaltungsbranche. In den letzten Jahren sorgte Isabel Kreitz dafür, dass der Name Walter Trier auch mit dem Comic in Verbindung zu bringen ist. Sie adaptierte für den Cecilie Dressler Verlag die Kästner-Bücher Der 35. Mai und Pünktchen und Anton ganz in der Tradition von Originalillustrator Walter Trier.

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Doch wer war dieser Walter Trier, den Erich Kästner einst anerkennend als „einen deutschen Kleinmeister aus Prag“ bezeichnete? Walter Tier stammte aus Prag, ebenso wie Kafka, Werfel, Kisch und Max Brod. Dort erblickte er am 25. Juni 1890 als Sohn von Heinrich und Lucie Trier das Licht der Welt. Sein Vater war Handschuhfabrikant.
Er war das jüngste von insgesamt sechs Kindern der Familie Trier, die jüdischer Herkunft war. Von 1900 bis 1904 besuchte Walter Trier die Nikolander Realschule und anschließend die Kunstgewerbeschule in Prag. Die Ausbildung führte ihn schließlich 1907 nach München, wo er zunächst an der privaten Malschule von Heinrich Knirrs ein Studium begann. Er setzte dieses im Folgejahr an der Münchner Akademie von Franz von Stuck fort. 1909 schloss er seine Ausbildung ab. Eine erste Arbeit von Trier erschien im gleichen Jahr unter dem Titel Stolz im Simplicissimus, einer der führenden deutschen satirischen Wochenzeitschriften. Außerdem lieferte Trier in den Jahren 1910/11 humoristische Zeichnungen und politische Karikaturen für die Jugend, einer Zeitschrift der Münchener Kunst- und Literaturszene.

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Für den künftigen beruflichen Lebensweg des Künstlers war das Jahr 1910 wegweisend: Er schloss Verträge mit dem Verlag von Dr. Otto Eysler (Herausgeber der Lustigen Blätter) und dem Verlag der Gebrüder Ullstein (u. a. Berliner Illustrierte Zeitung, die Modezeitschrift Die Dame, die Kinderzeitschrift Der heitere Fridolin, der Uhu). Für die Zeitschriften dieser Verlage wird er 25 Jahre lang als Zeichner, Werbegrafiker und Illustrator tätig sein. Da beide Verlage in Berlin beheimatet waren, verlegte Tier seinen Wohnsitz in die Hauptstadt. 1912 entstand die einfache Signatur „TRIER“, mit der der Künstler künftig seine Werke kennzeichnete. Während der Zeit des Ersten Weltkriegs beteiligte sich auch Trier mit politischen Karikaturen an der Propaganda des Reiches.

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Die 1917 für das Kränzchen Bilderbuch entstandenen zwölf lustigen Bilder mit erklärenden Reimen gelten als Triers erste Kinderbuchzeichnungen. Eine wichtige Publikation des Künstlers war im Jahr 1922 Triers Panoptikum. Diese bestand aus einer Zusammenstellung von 20 Bildern, und kann als künstlerische Selbstauskunft von Trier verstanden werden. Die Umschlaggrafik zeigt ein Selbstbildnis des Künstlers inmitten einer märchenhaften Kinder- und Tierwelt.

Während seiner langen Schaffenszeit illustrierte Trier immer wieder vor allem Kindergeschichten, Kinderbücher und Bücher über Spielzeug. Bis 1928 entstanden unter anderem Der gesunde Kranke (Text von Ludwig Fulda, 1919), Alte Kasperlstücke (Text von Artur Lokesch, 1920), Till Eulenspiegel (Text von Paul Benndorf, 1921), Märchen (Text von Else Hofmann, 1921), Spielzeug (Vorwort und Begleittexte von Oskar Seyffert, 1922), Fritzchen und die Anderen (Text von Charlie K. Rollinghoff, 1925), drei Fridolin-Bücher (Texte: Wilhelm Meyer, Pseudonym „My“, 1926) und Kampf der Tertia (Text: Walter Speyer, 1928).

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Mit dem Jugendbuch Kampf der Tertia begann für Trier eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendbuchverlag Williams & Co. von Edith Jacobsohn. Die Verlegerin war es auch, die 1929 den freien Journalisten Erich Kästner, der u. a. für die Weltbühne arbeitete, dazu bewegte, sein erstes Kinderbuch zu schreiben. Außerdem konnte sie Walter Trier als Illustrator für das Buchprojekt gewinnen. Das äußerst erfolgreiche Ergebnis dieses „Teamworks“ war Emil und die Detektive. Weitere erfolgreiche Werke von Kästner/Trier sind u. a.: Arthur mit dem langen Arm (1930), Das verhexte Telefon (1930), Pünktchen und Anton (1931), Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee (1932), Das fliegende Klassenzimmer (1933), Emil und die drei Zwillinge (1935), Till Eulenspiegel (1938), Die Konferenz der Tiere (1949), Der  gestiefelte Kater (1950) und Münchhausen (1951).

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Als Werbezeichner fertigte Trier z. B. Sammelbilderreihen und drei Sammelalben mit dem Titel Bergmanns Bunte Bücher für die Dresdner Zigarettenfirma „Haus Bergmann“ (HB, 1932/1933) an. Die Motive zeigen u. a. berühmte Clowns, Sportkarikaturen, die Bremer Stadtmusikanten, der Kampf um den Pol, Zwerg Nase und Porträts von Schauspielern. Im Mai 1933 wurden auch von Trier illustrierte Bücher bei einer Bücherverbrennung Opfer der Flammen. Die politische Lage wurde für Trier und seine Familie in Berlin immer schwieriger, weshalb die Familie in der Folgezeit diverse Reisen in die Schweiz, nach Frankreich, Spanien und die Tschechoslowakei unternahm.

Mark Twains Die Abenteuer des Tom Sawyer und Huckelberry Finn war 1935 schließlich das letzte von Trier illustrierte Kinderbuch vor seiner Emigration nach London. Im gleichen Jahr endete seine Tätigkeit für die Verlage Eysler und Ullstein. Nach Prag, München und Berlin war London ab 1936 das neue Domizil der Triers. Dort zeichnete Walter Trier die Titelblätter für Lilliput – the Pocket Magazine for Everyone. Herausgeber war Stefan Lorant, der von 1928 bis 1933 Chefredakteur der Münchener Illustrierten Presse war. Lilliput war ein neu gegründetes Blatt deutscher Emigranten. Das Besondere an den Titelblättern, auf jedem Blatt immer nur ein Pärchen mit Hund in immer wieder neuen Variationen abzubilden, war Triers Idee. Während der Londoner Zeit arbeitete Trier natürlich auch als Illustrator für englischsprachige Bücher sowie Kinderbücher und gestaltet politische Karikaturen und Flugblätter gegen den Nationalsozialismus u. a. für das Britische Informationsministerium. 1943 erschien Walter Triers erstes Kinderbuch unter dem Titel Dandy the Donkey, zu dem er neben den Illustrationen auch die Texte verfasste.

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Special vom: 24.10.2010
Autor dieses Specials: Michael Hüster
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F.W. Tempel
Der Mann von Neuengland
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