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Yoko Tsuno: Eine japanische Comic-Heldin
Während der Dupuis Verlag in Belgien das allerneueste Album von Roger Leloups Heldin Yoko Tsuno vorlegt (La servante de Lucifer), nähert sich der Carlsen Verlag der Komplettierung seiner Publikation einer Gesamtausgabe in deutscher Sprache mit großen Schritten. Ebenfalls im November erscheint Band 7 mit dem Titel Dunkle Verschwörungen und legt eine längst fällige Neuauflage von drei Episoden der japanischen Elektronik-Expertin vor, deren Abenteuer vor 40 Jahren begannen.

Ende der 1960er Jahre reifte in dem Zeichner Roger Leloup (*1933 in Verviers, Belgien) der Wunsch nach Veränderung von seiner langjährigen Tätigkeit als Assistenzzeichner im Studio Hergé, wo er vor allem für die Reinzeichnung von Hintergründen zuständig und später für die Entwicklung dargestellter Flugzeuge und Autos verantwortlich war. Von seinen Kollegen Peyo (Les Schtroumpfs) und Francis (Ford T) wurde er mit offenen Armen empfangen, und während er mit Francis an dessen vielseitigen Projekten für verschiedene belgische Zeitschriften arbeitete, assistierte er dem Zeichner der Schlümpfe bei seinen Serien für das Magazin Spirou und schrieb ihm ein Szenario für die Serie Jacky et Célestin.

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In diesem Entwurf, der von Peyo verworfen wurde, spielte auch eine junge Japanerin eine tragende Rolle. Der Schlümpfe-Zeichner machte ihm den Vorschlag, die Geschichte mehr auf die Japanerin abzustimmen und sie dem Dupuis Verlag und dessen Magazin Spirou anzubieten. Er hatte gehört, dass Dupuis für eine Kooperation mit der deutschen Zeitschrift Eltern auf der Suche nach einer Serie mit einer weiblichen Hauptfigur war.

Bis eine endgültige Entscheidung über die sich anbahnende Kooperation fallen würde, bat der Verlag den jungen Zeichner stattdessen darum, einige Kurzgeschichten mit seiner Heldin zu Papier zu bringen.

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In der daraufhin am 24. September 1970 publizierten Kurzgeschichte Hold-up en Hi-Fi sind noch nicht alle Bestandteile der Serie Yoko Tsuno an ihrem Platz. Erst die langen Geschichten würden der Serie das Aussehen geben, das die Leser so schätzen. Doch über die Fähigkeiten seiner Heldin war sich Leloup bereits zu diesem Zeitpunkt im Klaren: „Es sollte um High Fidelity und das gerade entwickelte Dolby-Verfahren gehen, denn das hatte schon damals einen guten Klang! Und Yoko sollte eine ausgebildete Elektronik-Expertin sein, der ich zunächst noch den Nachnamen Shirisho gegeben hatte. Maurice Tillieux riet mir allerdings von diesem Namen ab und schlug vor, einen kürzeren zu verwenden. Ein Blick auf eine Landkarte von Japan hat mich dann auf Tsuno gebracht; so heißt eine kleine Stadt an der südöstlichen Küste Japans. ‚Tsu‘ gibt dem Namen einen etwas chinesischen Klang, und ‚No‘ ist die Bezeichnung für das traditionelle japanische Theater. Es ist also der ideale Name für eine japanische Heldin mit chinesischen Wurzeln.“ Auch nach Beendigung der Arbeit an den Kurzgeschichten, die Leloup in Zusammenarbeit mit seinem Kollegen
Roger Leloup in Yoko Tsuno Intégrale 4: Vinéa en péril, Éd. Dupuis Oktober 2007.

Maurice Tillieux gestaltete, gab es noch keine Informationen über den Fortgang der Verhandlungen zwischen dem Dupuis Verlag und der Eltern-Redaktion. So zeichnete Leloup eine Probeseite, auf der schon alle Zutaten der späteren Albumfassung von Unterirdische Begegnung enthalten sind: die futuristischen Gerätschaften, Vic, Knut sowie eine junge Japanerin mit schwarzen Haaren. Auch die Vineaner mit ihrer blauen Haut sind bereits mit von der Partie.  Außerdem legte er den Handlungsverlauf der ersten zehn Seiten fest, der ebenfalls größtenteils mit dem fertigen Album übereinstimmt.

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Während er auf die Entscheidung der belgischen und deutschen Redaktionen wartete, wurde Roger Leloup mit einer schweren Bronchitis bettlägerig. „In dieser Zeit habe ich sehr viel gelesen, unter anderem viele Bücher aus meiner Kindheit und Jugend. Dann sollte ich das Szenario fertig schreiben, und in einem Fieberwahn vermischten sich meine Ideen mit einer Geschichte, die ich mir aufgrund meines hohen Science-Fiction-Konsums früher immer vor dem Einschlafen vorgesagt habe. Zu meiner großen Überraschung war die Antwort von Dupuis auf meine Ideen durchweg positiv: Fantastisch! Weitermachen! So eine fiebrige Krankheit hat also auch ihre guten Seiten …“

Inzwischen waren nach der Publikation der ersten Kurzgeschichten zahlreiche be-geisterte Leserbriefe in der Redaktion des Spirou-Magazins eingetroffen. Von der Arbeit Leloups nun vollständig überzeugt, erteilte ihm der Dupuis Verlag den Auftrag zur Fertigstellung des langen Abenteuers – auch ohne Kooperation mit der Zeitschrift Eltern, die mittlerweile abgesagt hatte.

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Special vom: 17.12.2010
Autor dieses Specials: Volker Hamann
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