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Horst Gotta: Ich bin ein 100%iges Kind der Zack-Generation
Horst Gotta (Jahrgang 1961) ist heute den meisten Comic-Fans vor allem durch seine Tätigkeit für den neuen Splitter Verlag aus Bielefeld bekannt. Bereits mit 11 Jahren entdeckte er die Comic-Welt des Koralle-ZACK-Magazins für sich. Nun konnte er, wie viele andere Jungen in den 1970er-Jahren, jederzeit mit seinen Helden viele Abenteuer erleben! Vor allem die von Hermann gezeichneten Geschichten hatten es dem jungen Leser angetan, und so ist er bis heute bekennender Hermann-Fan geblieben. Die Begeisterung ließ ihn 1981/82 sogar an einer Fortführung der damals eingestellten Serie Andy Morgan arbeiten. Mit 44 Comic-Seiten in der Tasche setzte er sich ins Auto und fuhr zu Lombard nach Brüssel. Allerdings ohne Erfolg. Aber Gotta steht auch für viele andere Comic-Projekte wie Janet, Jerry Jetson, Perry Rhodan oder die aktuell bei Splitter erscheinende Wolkenvolk-Trilogie.

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ZACK: Wie und durch welchen Lesestoff bist du mit der Comic-Szene erstmals in Kontakt gekommen?


Horst Gotta: Oh, ich bin ein 100%iges Kind der ZACK-Generation, und das mit allen Voraber auch Nachteilen ... Als Endvierziger gehört meine Kindheit genau in die Ära, in der es wochentags nur ca. eine Stunde Kinderprogramm am Tag gab, und andere Unterhaltungen, wie z. B. Kinobesuche, einfach nicht regelmäßig bezahlbar waren. Zusätzlich war in dieser Zeit (Ende der 1960er) noch kein Kassettenrekorder geschweige denn ein Walkman in Sicht gewesen.  Was lag also näher, als die an jedem Kiosk verfügbaren Comics zu konsumieren? Und das tat ich auch, wie jeder andere, aber mit sehr wenig Begeisterung.

Micky Maus und Fix & Foxi waren eher akzeptiert als wirklich gewollt. Ich fühlte mich da schon immer nicht ernst genommen, in dieser bunten aber (für mich) sterilen Welt. Ja, und dann im April 1972 konnte ich das „wirkliche Leben“ durch ZACK ganz legal (mit Elternerlaubnis) jeden Donnerstag in mein Kinderzimmer holen. Ich war 11 Jahre alt und von nun an überglücklich. Konnte ich doch jetzt jederzeit in der Steppe reiten, zu den Planeten fliegen oder  Verbrecher durch die Nacht jagen! Die ZACK-Helden und ich waren eins geworden!

Wie ging das dann weiter bei dir mit den Comics?

Mit 11/12 Jahren war also gefixt, dass Comics für alle Zukunft eine große Rolle in meinem Leben spielen würden. Wie Comics entstehen (die technischen Details), war mir noch nicht bekannt, aber man konnte ja anhand der Comics selbst in etwa sehen, wie sie entstanden sein mussten. Ich bin in den Jahren 1973 bis 1975 zu einem engagierten Bleistiftzeichner und Tuscher geworden und habe immer parallel dazu (für die eigene Schublade) auch Geschichten geschrieben. Eigentlich war mein Traum vom Comiczeichner in den ersten drei Jahren durchweg glücklich, bis dieser unter Insidern bekannte Moment kam, als ZACK die Wiechmann'sche Ära erreichte. Daraus entstanden für mich zwei Dämpfer ... zuerst war mein ZACK irgendwie nicht mehr mein ZACK. Ich kaufte deshalb einige Ausgaben von Fix & Foxi (und fühlte mich dabei doch schon irgendwie zu alt dafür). Dort jedoch erschien in jeder Ausgabe eine Seite mit Zeichnungen von Lesern. Das gefiel mir, und ich dachte mir, es wäre langsam an der Zeit, auch mal etwas Gedrucktes von mir zu sehen.

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Ich schickte ein Schlumpfmotiv ein, das auch sofort abgedruckt und mit einer Sammlerfigur belohnt wurde. Dadurch angespornt, wollte ich es wissen. Ich setzte mich hin und dachte mir einen „sehr tollen“ Gaston-Einseiter-Gag aus, den ich auch sehr schön umsetzte. Ab in die Post und warten. Was geschah? Nach nicht langer Zeit kam ein „lieb“ formulierter aber eher „abwertend“ gemeinter Brief mit dem Inhalt, dass ich zwar gut zeichnen könne, aber dass man mich eher als „kleinen Betrüger“ sah.

Was war geschehen? Erst viel später verstand ich die Zusammenhänge: Ich hatte mir tatsächlich eine sehr nahe liegende Geschichte rund um Gastons fleischfressende Pflanze ausgedacht, die tatsächlich exakt die Grundidee eines anderen Gaston-Gags zum Inhalt hatte. Sie war in Deutschland noch nicht erschienen – aber natürlich schon lange zuvor in Frankreich. Daraus leitete die Redaktion wohl ab, dass ich ihnen die „geklaute“ Idee quasi unterschieben wollte. So kam es, wie es kam, und der „unschuldige Betrüger“ zeichnete ca. fünf weitere Jahre lang „nur noch für sich“! Aber den Wunsch, ein Leben lang zu zeichnen, konnte der Vorfall nicht schmälern.

Hast du dich mit deiner Ausbildung schon in Richtung Comics bewegt oder kam das erst später? Wie bist du dann zum Comic-Zeichnen gekommen?

Ich ging nach meiner Realschulzeit zuerst in eine Werbegestalterlehre (habe ich abgebrochen, weil dort zu wenig gezeichnet wurde) und dann gleich auf eine Grafische Fachoberschule. Mit dieser Hochschulreife und zwei Jahren „künstlerischer“ Fachschulausbildung sowie zwei Jahren Ausbildung als llustrator in einer Werbeagentur stand mir dann die grafische Welt offen. So verwarf ich dann auch nach kurzer Zeit den Studienplatz und widmete mich „meiner Comic-Karriere“, denn ich wollte nur zeichnen, und der Rest interessierte mich nicht. In Folge kam dann 1981/82 die Arbeit an zwei Comics, wovon ein Comic „meine Version“ der Fortführung der damals eingestellten Serie Andy Morgan war. Mit diesem Teil in der Tasche fuhr ich dann zu Lombard nach Brüssel.

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Wie viele Andy Morgan-Seiten hattest du bei deiner Reise im Gepäck und wie weit waren diese entwickelt? Gibt es diese Seiten noch?

Die Storyline und die zeichnerische Anlage hatte klassische Albenlänge – also 44 Seiten - mit einem üblichen Spannungsbogen zum letzten Drittel hin, der Einbeziehung der Natur als Storybeeinflussendes Element und ein Happy End: alles typisch „Andy Morgan“. Und alle Helden irgendwie verletzt, aber trotzdem moralisch putzmunter. Man hat ja wieder das Böse besiegt! (lacht).

Die Original-Kolorierungen sind in Brüssel geblieben und waren auch „nur“ bis etwa Seite 30 ausgeführt. Ich wusste schon um die damals übliche Produktion, und falls ich in die Serie hätte einsteigen dürfen, hätte meine erste Arbeit darin bestanden, die Kolorierung noch einmal besser auf den dann professionell erstellten Aquarellbögen neu auszuführen. Ich selbst kolorierte aus Kostengründen am Leuchttisch, und das war etwas unsauberer in den Rändern. Die Tuschezeichnungen liegen irgendwo in meinem Archiv, und seit meinem Umzug vor zehn Jahren bin ich auf der Suche nach ihnen. Aber sie sind sicher noch da! Dummerweise fehlt mir aber wohl für immer der ursprüngliche Text, denn das Manuskript ist fort, und das Lettering war auf den kolorierten Bögen ausgeführt. Wenn ich mal wirklich Zeit habe (ein guter Joke), möchte ich einiges davon wieder zusammensuchen.

Worum sollte es in der Andy Morgan-Geschichte gehen?

Es war örtlich die direkte Fortführung des letzten Hermann-Abenteuers, in dem Andy und Barney – nach dem Zurückbringen der Mary-November aus dem Eismeer – sich auf den Weg in die Zivilisation machten. Dabei übernehmen sie einen „kleinen“ Frachtjob, der quasi nur auf dem Wege liegt, aber sie gleich darauf in ein weiteres Abenteuer stürzen wird. Denn die alte, halb verfallene Fabrikhalle am Rande eines Fjordes ist alles andere als eine reguläre Fabrik. Sie ist der Stützpunkt einer kriminell organisierten Tarnfirma.

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Mit welchen Eindrücken bist du aus Brüssel zurückgekehrt?

Zwei Redakteure haben mich den ganzen Tag lang „betreut“ und zeigten mir quasi alles, was es damals zu sehen gab. Ich war bestimmt sechs Stunden im Verlag, und der größte Moment war sicher der Gang in das Zimmer von Raymond Leblanc und das darauf folgende Händeschütteln mit „Mister Tintin“. Man machte mir schon von Anfang an klar (und ich selbst wusste das natürlich auch schon irgendwie), dass man Andy Morgan nicht so einfach anders vergeben konnte und wollte. Aber mein Engagement hinterließ Eindruck, und genau das wollte ich auch erreichen. Ich hatte es einfach „wissen wollen“, denn 1982 sollte, nach meinen Lehrjahren, endlich der Start in die Comic-Karriere erfolgen.

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Special vom: 24.01.2011
Autor dieses Specials: Michael Hüster
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F.W. Tempel
Die Jerry Spring Gesamtausgabe
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