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Interview mit Zeichner Hannes Radke

Vom Talent-Schuppen Comicstars in die Buchhandlungen

Interview mit Hannes Radke, dem Zeichner von Justifiers - Collector

hannesradkevon Matthias Hofmann


Am Valentinstag erschien mit "Justifiers" dein erstes großes Comicalbum. Wie fühlt sich das an?

Richtig realisiert habe ich es erst, als ich es zufällig hier im örtlichen Buchladen im kleinen Hildesheim gesehen hab. Irgendwie unreal, aber ein gutes Gefühl. Mich hat auch gefreut, dass es optisch unter all den Comics etwas Besonderes ist und heraussticht (das kann aber auch an mir gelegen haben). Dass Valentinstag war, hab ich erst später herausgefunden … ist ja schon irgendwie romantisch.

Beschäftigen wir uns kurz mit den obligatorischen Fragen. Wann und wo wurdest Du geboren und was hast Du nach der Schule gemacht?

Ich wurde am 2. Juli 1985 in Hildesheim geboren. Ich habe Februar 2010 mein Design-Studium an der HAWK in Hildesheim als Bachelor of Arts abgeschlossen, doch mit dem Comiczeichnen habe ich schon lange vor dem Studium angefangen. Im Grunde habe ich Design nur studiert, um die dort erlernbaren Fähigkeiten für meine Comics zu nutzen und mich so künstlerisch weiterzuentwickeln. Da das bisher ganz gut geklappt hat, gehe ich diesen Weg jetzt weiter und habe den konsekutiven Masterstudiengang an derselben Hochschule direkt im Anschluss begonnen, um meine Fähigkeiten auszuprägen und endlich genau die Comics machen zu können, die ich immer lesen wollte.

Wer waren die Zeichner, die Du zuerst bewusst mit Namen und Stil wahrgenommen hast?

Moebius, Katsuhiro Otomo und Masamune Shirow. Die Namen habe ich mir damals gemerkt weil ich sie so mysteriös fand. Nach einiger Recherche fand ich heraus, dass sie japanischen Ursprungs sind (Moebius natürlich nicht, der ist ja ein fancy Künstlername), was interessant, aber mir auch irgendwie egal war. Comics sind Comics, woher auch immer sie kommen.

Von welchen Zeichnern konntest Du was lernen?

Vor allem von den eben genannten. Allerdings habe ich am meisten von Jerzy Joachimiak und Ingeborg Ullrich gelernt, die an meiner Hochschule unterrichten. Ja, googelt sie ruhig!
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Wie kamst Du zu Comicstars?

Ich habe am Comicstars-Wettbewerb 2009 teilgenommen, was eine tolle Erfahrung war, da man durch die Workshops und Kontakte viel lernen konnte. Ich habe viel gewonnen, ohne technisch gesehen gewonnen zu haben.

Wie sind Deine Erfahrungen mit dieser Plattform?

Ich habe einige eigene Projekte hochgeladen. Es ist enorm spannend, die direkte Rückmeldung vom Leser zu bekommen, aber auch enorm schwierig nicht in der Masse unterzugehen. Es gelten völlig andere Gesetze als im „Real Life“ und die müssen erst noch erforscht werden.

Du zeichnest auch Manga. Was gefällt Dir an dieser Art Comics am meisten?

Die Dynamik und der Lesefluss erscheinen im Durchschnitt cineastischer. Die reduzierte Form (schwarzweiß, starke Stilisierung) erlauben schnellere Produktion, und das kommt mir entgegen. Ich will nur möglichst umstandslos meine Ideen verwirklichen.

Der große Nachteil ist das Missverständnis, dass die Produktion billiger oder einfacher wäre, nur weil es schneller geht. Dabei ist der Manga ein ebenso hochindustrialisiertes Comicfeld wie das amerikanische (wenn nicht noch stärker). Philosophisch gesehen liebe ich doch Europa am meisten, Comics als Kunst und Autoren als Künstler.


Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Autor Jörg Krismann und dem Koloristen Christian Turk? Habt Ihr regelmäßige Telekonferenzen oder sowas? )

Zu Anfang haben wir noch öfter geskypet, als noch weniger Routine da war und noch mehr Missverständnisse aufgetreten sind. Jeder Künstler hat ja eine andere Vision seines Themas. Inzwischen wird es immer runder, finde ich.

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Wie lange brauchst Du für eine Seite?

Unvernünftig lange. Eine gefühlte Ewigkeit. Ich wünschte es gäbe Maschinen, die die Bilder direkt aus meinem Kopf auslesen.

Weswegen sollten die Leute den ersten Band von Justifiers kaufen?

Weil wir uns so viel Mühe gegeben haben. Außerdem ist die Menge an Liebe pro Quadratzentimeter mindestens doppelt so hoch wie beim Marktführer! Dass das Buch am Valentinstag erschienen ist, sollte für sich sprechen.

Was machst Du außer Zeichnen und Designen sonst noch so? Zeit für Hobbies?

Ich habe bei Mangatalente 2009 zwar eine Wii-Konsole gewonnen, aber ich komme nicht dazu damit zu spielen. Also nein.

Was war der letzte gute Film, den Du gesehen hast?

„Tron“ fand ich super. Aber ich glaube niemand würdigt die philosophischen Dimensionen der Geschichte, die doch einen guten Sci-Fi ausmachen. Das Original fand ich auch schon als Kind faszinierend. Klar, das Ganze ist in die vorhersehbare, aber bewährte Disney/Hollywood-Struktur gekleidet und der Hauptcharakter ist … nicht gerade erinnerungswürdig, aber alles andere: Doppelplusgut.

Gibt es schon Ideen für ein Projekt nach Justifiers?

Ich arbeite parallel an mehreren eigenen Konzepten. Aber wie die Verleger darauf reagieren werden, kann ich noch nicht einschätzen, deshalb will ich nichts versprechen. Für Selbstverlag fehlen mir leider die Mittel, deshalb hoffen wir mal, dass die Potentiale erkannt werden.

Sieht man Dich auf dem Comicfestival in München?


Vielleicht, falls ich eingeladen werde.

Danke, Hannes, für die Antworten. Ich hoffe, wir sehen in Zukunft noch viele tolle Comics von Dir.



Special vom: 10.03.2011
Autor dieses Specials: Matthias Hofmann
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Interview mit Texter Jörg Krismann
Ausführliche Rezension
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