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Der Zeichner Achdé im Gespräch auf der NEXTCOMIC

"Seit wie vielen Jahren hat Lucky Luke keine Kuh mehr gesehen?"
Der Zeichner Achdé im Gespräch auf der NEXTCOMIC


Achd_SB: Ein mir bekannter Zeichner (Anm.: gemeint ist Chris Scheuer) sagte einmal: "Wenn ich einen Baum zeichne, bin ich der Baum." Sind Sie Morris, wenn Sie LUCKY LUKE zeichnen?
Achdé: Nein, nein, niemals. Ich bin bloß sein Nachfolger.

SB: Wie kamen Sie zu Ihrer Arbeit an LUCKY LUKE?
Achdé: Das ist eine seltsame Geschichte. Als ich jung war, sagte ich zu meinem Lehrer: "Ich werde der Zeichner von LUCKY LUKE sein." Viele wollen das, meine Mutter meinte: "Das ist unmöglich." Eines Tages, viele Jahre später, wollte dann ein Verleger Morris zu Ehren ein Album herausbringen (Anm.: "Hommage a Morris", Ed. Gem´s, 1999). Ich machte dafür vier Seiten. Morris sind sie aufgefallen, da sie genau in seinem Stil waren. Das kam daher, dass ich als ich jung war lernte, im Stil von Morris zu zeichnen. Als ich damals zu den Verlegern ging, sagten sie immer: "Nein, wir brauchen keinen zweiten Morris." Man durfte zwar im Stil von Franquin oder Tillieux, zeichnen, aber nicht wie Morris, das war "illegal". So musste ich meinen Stil ändern, doch nun konnte ich ihn wieder verwenden.
Etwas später brauchte Morris einen Zeichner für RANTANPLAN-Comics und er erinnerte sich an den Hommageband. So bekam ich den Job. Ich war begeistert, dass ich dieses Universum berühren durfte und Morris war angetan von meiner Arbeit. Doch nach acht Monaten war Morris tot. Sechs oder sieben Monate später bekam ich dann eine Nachricht vom Verleger: Morris wollte, dass LUCKY LUKE weitergeht. Zu meiner Überraschung wurde ich gefragt, ob ich das übernehmen wolle. Zuerst musste ich etwas zur Probe machen, denn RANTANPLAN ist eine Sache, LUCKY LUKE eine ganz andere. Ich machte also die Probearbeit. Drei Monate später, als ich die Sache bereits abgeschrieben hatte, erhielt ich einen Anruf: "Wir haben gute Nachrichten für Sie, Sie sind der neue Zeichner von LUCKY LUKE." Fassungslos sagte ich es meiner Frau. Sie meinte nur: Jaja... es ist Zeit zum Essen", da Sie wusste, dass ich ständig irgendwelche Scherze auf Lager hatte. Erst nach drei Stunden akzeptierte sie es, dass es wahr ist. Und ich selbst brauchte lange, um zu realisieren, dass mein Kindheitstraum wahr geworden ist. Damals hatte ich einen Comic gezeichnet: "Lucky Joe". Den habe ich in einem Koffer gefunden, nachdem meine Mutter gestorben war. Sie hatte alles von mir aufgehoben. – Nun, das war die wunderbare Geschichte von Achdé. (lacht)

SB: Als Sie an RANTANPLAN gearbeitet haben, hatte Morris da Verbesserungswünsche?
Achdé: Wir haben ihm die Skizzen gesendet, bekamen aber keine Korrekturen, d.h. es war in Ordnung. Morris war sehr zurückgezogen. Ich habe ihn insgesamt vier mal getroffen. Wir aßen und tranken und ich war jedesmal wieder acht Jahre alt und glücklich, ein kleiner Teil seines Universums sein zu dürfen. Aber es tut mir leid, nicht mit ihm zusammengearbeitet zu haben. Ich traute mich nicht, ihn über seine Technik zu befragen. Nach seinem Tod wusste ich nur, dass er alles mit dem Pinsel machte. Das ist mein Job, ich arbeite auch mit dem Pinsel, aber sonst... Ich habe noch nicht einmal eine Originalseite gesehen – bis heute. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann den, Morris eine Stunde lang über die Schulter schauen zu dürfen.

SB: An welchen LUCKY LUKE-Bänden orientieren Sie sich?
Achdé: Ich will den Geist der 60er Jahre bis Anfang der 70er Jahre bewahren... von "Calamity Jane" bis zur letzten Goscinny-Story... Ich erinnere mich z.B. an oder "Die Postkutsche"... da war alles gut, der Band hatte das Potential, um einen Film draus zu machen. "Tortillas für die Daltons" war auch perfekt, aber auf eine andere Art, weil die Daltons so total verrückt sind.

SB: Darf ich auch was kritisieren?
Achdé: Sie dürfen (lacht), das ist normal.

SB: Ich finde Ihre Zeichnungen ganz hervorragend, besser geht´s gar nicht, aber die Texte von Laurent Gerra... Also bei "Der Mann aus Washington", da konnte ich mit der Story gar nichts anfangen (Anm.: nur das Cover fand ich lustig). Wobei mir natürlich bewusst ist, dass es enorm schwer ist, in Goscinnys Fußstapfen zu treten.

Und weil wir so gemein sind, hört dieser Textauszug ausgerechnet jetzt auf.

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Special vom: 29.04.2011
Autor dieses Specials: Gerhard Förster
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