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Perry Rhodan - „Die größte Science-Fiction-Serie“ wird 50 Jahre alt
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Von Matthias Hofmann

Seit dem 8. September 1961 erscheint in Deutschland ununterbrochen jede Woche ein neuer Heftroman der Science-Fiction-Serie Perry Rhodan.
Utopisch-phantastische Romane waren damals der große Renner im Bereich der Unterhaltungsliteratur. In jenem Jahr flog mit dem russischen Kosmonauten Juri Gagarin der erste Mensch ins Weltall, gleichzeitig wurde die Berliner Mauer gebaut. Knapp acht Jahre später, am 20.07.1969, landeten Neil Armstrong und Edwin Aldrin auf dem Mond. Für Perry-Leser war es jedoch anders: In Unternehmen Stardust, dem ersten Band der Serie, fliegen Major Perry Rhodan, Captain Reginald Bull, Captain Clark G. Flipper und Leutnant Dr. Eric Manoli 1971 zum Mond und treffen dort sogar auf Außerirdische: die Arkoniden Crest und Thora. Verschiedene_Titelbilder
Mit ihrem projizierten Mondlandungsjahr lagen die Erfinder der Serie 1961 gar nicht mal so falsch. Fünfzig Jahre später ist die langlebige Kultserie zum Synonym für deutsche Sciencefiction geworden.

Im Mai 2011 erschien ein weiterer Meilenstein in der Geschichte von Perry Rhodan: Band Nr. 2600. Das Thanatos-Programm wurde geschrieben von Uwe Anton, der heutzutage für die Exposés und damit den groben Handlungsrahmen zuständig ist. Die Handlung spielt in allerfernster Zukunft. In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Seit dem ersten von K.H. Scheer geschriebenen Heft ist unglaublich viel passiert. Und das ist keine Floskel, denn 2600 Romanhefte mit durchschnittlich 64 Seiten, dazu hunderte von Taschenbücher oder Ablegerserien wie Atlan mit 850 Romanen, bieten einiges an Lesestoff, und besäße man eine komplette Sammlung aller Geschichten aus dem »Perryversum«, nähme man alle fünf Auflagen der Romanserie und die Nachdrucke in Form von Hardcover-Silberbänden und ähnlichem hinzu, dann dürfte man für eine komplette Dekade mit Sciencefiction-Lektüre versorgt sein.
Schlägt man den neuesten Jubiläumsband auf, der mit diversen Extras (umlaufendes Titelbild, eine Posterbeilage, zwölf Sonder-seiten über die Aktivitäten der Perry-Autoren außerhalb der Serie, Leserbriefe, etc.) ausge-stattet ist, so hat sich die Liste der Hauptpersonen auf den ersten Blick nicht sonderlich verändert. Da ist Perry Rhodan (»Der unsterbliche Terraner besucht sein altes Büro und verliert alles«.), Reginald Bull (»Rhodans Weggefährte bleibt zurück«.), und sogar der in der Anfangs-phase sehr beliebte Gucky (»Der Mausbiber eilt Perry Rhodan einmal mehr zu Hilfe«.) hat seinen Auftritt. Das war schon mal anders. In der langjährigen Geschichte der Serie war von dem namensgebenden Rhodan über viele Handlungsstränge weit und breit nichts zu sehen. Die Handlung mit ihren vielen Charakteren, Rassen, Planeten und Galaxien war so komplex geworden, dass man akribisch recherchierte Perry Rhodan-Lexika brauchte, um halbwegs durchzusteigen. Heutzutage ist die Story etwas einfacher, aber nicht simpel geworden. Chefredakteur Klaus N. Frick erklärt das mit der Kompliziertheit so: „Ohne die Komplexität würde Perry Rhodan nicht funktionieren. Wir setzen immer wieder Einstiegspunkte, damit die potenziellen Leser besser in die Handlung reinkommen. Aber es ist nun mal ein riesiges Universum, und es wäre töricht, das komplett zu verkleinern.“
Karl_Herbert_ScheerIn den Anfangstagen, in den 1960ern, war Perry Rhodans Welt noch schön übersichtlich. Sciencefiction boomte mächtig in den USA und auch in Deutschland. Die Autoren Karl-Herbert Scheer und Clark Darlton sowie Kurt Bernhardt, Cheflektor des Münchner Arthur Moewig Verlags, besprachen bereits 1960 zum ersten Mal das Gerüst einer neuen deutschen SF-Serie. Das Grundkonzept war einfach. Nach einer Gesamtidee sollten verschiedene Autoren eine zusammenhängende, chronologische Geschichte schreiben, die alle Spielarten der Sciencefiction beinhaltete. Clark Darlton erinnert sich in einem Interview mit Heiko Langhans (in Clark Darlton. Der Mann, der die Zukunft brachte, VPM) an die Botschaft des Verlegers Rolf Heyne: „[…] Geht in Klausur und bringt uns in zwei oder drei Tagen die Gesamtkonzeption der Serie, wir rechnen so mit dreißig oder fünfzig Romanen insgesamt.
Benötigt werden Namen der Hauptpersonen, ausführliche Exposés der ersten vier Romane und Kurzexposés der Bände fünf bis zehn. Dann sehen wir weiter.“ Bei Erzählungen über die Entstehung der Serie wird auch immer wieder Kurt Bernhardt kolportiert, als er von der Jahreszahl der Mondlandung erfuhr soll er gesagt haben: „Wann wollen Sie zum Mond fliegen? 1971? Das ist ja noch ewig lange“.
Perry Rhodan startete mit einer Auflage von 35.000 Exemplaren zum Preis von 70 Pfennig pro Heft. Zu den Autoren der ersten Stunde gehörten K.H. Scheer, Clark Darlton, Kurt Mahr, W.W. Shols und Kurt Brand, der später mit der Serie Ren Dhark, dem „Erben des Universums“, erfolglos Konkurrenz machte. Für das „Gesicht“ der Serie sorgte der Zeichner Johnny Bruck, der bis zu seinem Tod nicht nur 1797 Titelbilder zeichnete, sondern auch viele hundert Covermotive für die Perry-Taschenbücher, die Atlan-Romanserie oder SF-Serien wie Terra, Terra-Extra, Terra Nova, Terra Sonderband, Utopia oder Utopia-Kriminal.Frank_Borsch
1963 stieß William Voltz zur Serie. Mit Band 74 (Das Grauen) gab er sein Debüt. Er kam aus dem SF-Fandom über den Science Fiction Club Deutschland in Kontakt zu K.H. Scheer. Innerhalb kürzester Zeit wurde er zum beliebtesten Autor der Serie.
Mit Band 650 übernahm Voltz den Posten des Exposé-Autors von Scheer. Voltz prägte mit seiner humanistischen Einstellung die Serie über Jahre massiv. Scheer dagegen war als „Handgranaten-Herbert“ bekannt für seine markigen Helden, die gerne Konflikte militaristisch mit der Waffe lösten und ein eher dubioses Frauenbild an den Tag legten. Gerade Scheer war nicht unumstritten und oftmals Zielscheibe der Anhänger von hochwertiger Sciencefiction (Isaac Asimov, Arthur C. Clarke, Frank Herbert, John Brunner, Brian W. Aldiss, u.a.). Besonders in den 1970er und 1980er Jahren, als die SF-Szene politisch wurde, war auch die Perry Rhodan-Serie beliebte Zielscheibe der Kritiker, die sie als Paradebeispiel für Schundliteratur verteufelten. Sogar der Zukunftsforscher Robert Jungk soll Perry Rhodan einst griffig als „Ersatz-Hitler“ bezeichnet haben. Doch dies schadete laut Heftromanexperte Heinz J. Galle dem Ruf der Serie nicht.

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Special vom: 16.08.2011
Autor dieses Specials: Matthias Hofmann
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