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Erich Ohser: Der Schöpfer von Vater und Sohn

Der Name Erich Ohser – e.o.plauen – wird in der Regel mit den beliebten Geschichten des gutmütigen, schnauzbärtigen Vaters und seines pfiffigen, zu jedem Streich aufgelegten Sohnes verbunden. Der Siegeszug dieser Bildgeschichten, die im deutsch- sprachigen Comic gleich nach Wilhelm Buschs weltberühmten Max und Moritz zu nennen sind, begann im Dezember 1934 in der Berliner Illustrirten. Auch heute noch kennen viele die beiden Helden aus Zeitungen, zahlreichen Sammelbänden, Postkarten und Briefmarken oder lernten die Geschichten im Deutschunterricht kennen, in dem sie als Vorlage für Bildbeschreibungen dienten. Der Charme und der Witz dieser zeitlosen Bildgeschichten zünden auch noch in unserer heutigen stark medialisierten Welt.


Erich_OhserAber wer war Erich Ohser? Der Zeichner stammt aus Untergettengrün im Vogtland. Dort erblickte er am 18. März 1903 als Sohn von Albert Paul Richard Ohser und dessen Ehefrau Paula das Licht der Welt. Sein Vater war Zollsekretär und Grenzaufseher. Erich Ohser kam 1909 mit seinen Eltern nach Plauen, da sein Vater als Steueraufseher zur Königlichen Bezirkssteuereinnahme in die sächsische Großstadt und vogt- ländische Metropole versetzt wurde.
Dort verbrachte Erich Ohser seine Kindheit, Schul- und Jugendzeit. Von 1917 bis1920 machte er eine Schlosserlehre und schloss diese mit der Gesellenprüfung ab. Die Tätigkeit blieb jedoch ohne praktische Fortsetzung. Stattdessen besuchte Ohser 1920 zunächst als Abendschüler die Leipziger Staatliche Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe, um dann 1921 ein Studium an der Leipziger Akademie zu beginnen. Zu seinen Dozenten gehörten u.a. Walter Buhe, Fritz Rentsch, Hans Soltmann und Jan Tschichold. Ohser wurde Meisterschüler bei Hugo Steiner-Prag und schloss seinen Akademiebesuch 1927 "mit sehr gutem Erfolg" ab.1922 begegnete Ohser in Leipzig erstmals Erich Knauf, dem Redakteur der Volkszeitung für das Vogtland, mit dem ihn zeitlebens eine enge Freundschaft verbinden sollte. Erich Knauf konnte Ohser für die Mitarbeit an der Volkszeitung gewinnen. Die Tätigkeit sollte eine wichtige Erfahrung für Ohser auf dem Weg zu seinem späteren Beruf als Zeichner, Illustrator und Karikaturist darstellen. Ebenfalls in Leipzig lernte Erich Ohser 1923 den freien Journalisten und Autor Erich Kästner kennen, der damals als Redakteur arbeitete.
Die beiden wurden gute Freunde und lieferten für die Neue Leipziger Zeitung wiederholt gemeinsame Arbeiten ab, für die Kästner schrieb und Ohser zeichnete. Im Februar 1927 erschien in der Zeitung Kästners Gedicht Abendlied des Kammervirtuosen. Versehen mit einer Illustration Ohsers wurde der Beitrag im Zusammenhang mit dem 100. Todestag Beethovens als Parodie auf den Komponisten missverstanden und führte zur Kündigung der beiden. Knauf, Ohser und Kästner verließen nacheinander Leipzig, um in Berlin nach neuen Herausforderungen zu suchen. Ohser zeichnete für Kästner 1928 Umschlag und Illustrationen zu dessen erstem Gedichtband Herz auf Taille. Später folgten Umschlag und Illustrationen zu Ein Mann gibt Auskunft, Kästners drittem Gedichtband, und Umschlag sowie Vignetten zu Erich Kästners viertem Lyrikband Gesang zwischen den Stühlen.Vater_und_Sohn
Erich Knauf wurde am 1. Juli 1928 in Berlin Redakteur der Büchergilde Gutenberg. Dank der freundschaftlichen Verbindung begann Ohser, als Zeichner für die Hauszeitung der Büchergilde zu arbeiten. Im September 1929 erschienen seine ersten politischen Karikaturen in der Abendausgabe des sozialdemokratischen Parteiorgans Vorwärts. Bis zu dessen Einstellung im Jahr 1933 wurden weit über 160 weitere Zeichnungen veröffentlicht. Es folgten satirische und politische Zeichnungen u.a. für das Kunstmagazin Der Querschnitt und bis 1931 für die Monatsschrift Neue Revue.
Diese Tätigkeiten sollten Ohser später nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erhebliche berufliche Probleme bereiten.
Diese belegten ihn im Januar 1934 aufgrund seiner "früheren exponierten publizistischen Tätigkeit im marxistischen Sinne" mit einem Berufsverbot, vor allem für den politischen Schmäh, den er den Nationalsozialisten in seinen Karikaturen zugefügt hatte. Das Verbot wurde zwar, Ohsers Notizen folgend, Mitte März 1934 wieder zurückgenommen, seine beruflichen Möglichkeiten blieben künftig jedoch eingeschränkt. Auch in späteren Jahren gab es immer wieder Probleme mit seiner Berufszulassung.
Im Frühjahr 1934 suchte die Berliner Illustrirte eine Zeichenserie mit einer "stehenden Figur". Johannes Weyl, Leiter des Zeitschriften-Zentralbüros im Ullstein Verlag, der diese Idee hatte, beauftragte den Redakteur Kurt Kusenberg, im Rahmen eines Wettbewerbs interessantes Material und einen geeignete Zeichner zu finden.
Schließlich fiel die Wahl unter 32 Zeichnern auf Erich Ohser, der die einfache, aber geniale Idee zu Vater und Sohn vorgelegt hatte.
Im Ullstein Verlag erkannte man die Möglichkeiten von Vater und Sohn und war nun daran interessiert, vor dem Start der Serie sowohl die Publikationserlaubnis einzuholen als auch den langfristigen Abdruck der Serie abzuklären, denn Ohsers publizistische Position war, aus den bereits beschriebenen Gründen, nach 1933 sehr unsicher. Durch wohlüberlegtes Taktieren gelang es, für Ohser im Propagandaministerium die Erlaubnis zu erhalten, "unpolitische Zeichnungen unter einem Pseudonym zu veröffentlichen". Vater und Sohn signierte Erich Ohser daher durchgängig mit e.o.p. Er fügte seinen Initialen e. o. das "P" aus dem Namen seiner Vaterstadt Plauen hinzu. In den folgenden Jahren wurde daraus dann endgültig "e.o.plauen".
Am 13. Dezember 1934 erschien die erste Vater und Sohn- Bildgeschichte Der schlechte Hausaufsatz in der Berliner Illustrierten Nr. 50/1934. Von nun an veröffentlichte die Illustrierte wöchentlich eine weitere Folge.
Die Beliebtheit der beiden Figuren und ihrer Abenteuer wuchs ständig.
Die Redaktion und der Zeichner erhielten glänzende Kritiken und viele begeisterte Briefe von der zahlreichen Leserschaft.

Vater_und_Sohn_Der_Hausaufsatz

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Special vom: 23.12.2011
Autor dieses Specials: Michael Hüster
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Editorial von Georg F.W. Tempel
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