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Rückblick auf den Mai von Henning Kockerbeck
Im Mai hatte ich mich von den Superlativen überzeugen lassen. Sweet Tooth von Jeff Lemire sei, hieß es aus allen Ecken, mindestens eine der besten Serien Nordamerikas zur Zeit. Nachdem ich den ersten Band gelesen habe, muss ich sagen: Die Serie wird dem Hype nicht gerecht. Das ist aber kein Verschulden des Comics, sondern eher der schon überdrehten Erwartungen, die Meinungen und Beispielseiten bei mir geweckt hatten. Das hätte wohl kein "sterblicher" Comic erfüllen können.

SWEETTOOTH1"Sweet Tooth" jedenfalls ist ein richtig guter Comic, der insbesondere durch seine Gegensätze überzeugen kann. Einerseits ist die Geschichte grausam und brutal. Da bekommt jemand mal eben eine Kugel nicht nur in, sondern durch den Schädel, und die Geschichte und mit ihr der Leser tun es wie mit einem Achselzucken ab. Auf der anderen Seite ist da der kleine, unschuldige Gus. Wenn der Junge mit dem Hirschgeweih einem richtigen Hirsch gegenübersteht, kraftstrotzend und stolz, wird so richtig deutlich, wie schmächtig Gus eigentlich ist. Und trotzdem entsteht zwischen ihm und dem muskelbepackten Jepperd eine interessante Dynamik. Der Mann könnte sich das Kind wortwörtlich unter den Arm klemmen und losmarschieren, aber er macht sich die Mühe den Jungen zu überzeugen. Dabei ist Jepperd sonst nicht zimperlich, ganz im Gegenteil.

Die Zeichnungen gehen ein gutes Stück weit weg vom realistischen Stil ins Charakterisierte. Das soll heißen, man sieht den Figuren ihren Charakter deutlich an. Ihr äußeres Erscheinungsbild nimmt das Innere ein Stück weit voraus. Einzelne Bilder erinnern an Kirchenfenster, so einerseits klar und andererseits kraftvoll sind sie. Auf der anderen Seite ist das, was darauf gezeigt wird – häufig schlichter Mord – weniger das, was man in Ikonographien findet.

Lemire verwendet einen etwas abgedroschenen Kunstgriff, um die Veränderungen in Gus' Seelenleben darzustellen: Er schildert die Träume des Jungen. Das gibt ihm noch weiter Gelegenheit, eine Welt voller bizarrer Symbolik darzustellen – als gäbe es im Wachzustand nicht schon genügend davon. Das Ergebnis, im Wachen wie im Träumen, überzeugt jedoch.

Zusammengefasst kann man sagen, auch wenn "Sweet Tooth" sich nicht als der Über-Comic entpuppt hat, als der er oft gehyped wird, seinen Platz auf meiner Lese/Futter-Liste vom Mai hat er locker gerechtfertigt.
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Special vom: 01.06.2012
Autor dieses Specials: Henning Kockerbeck
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