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Berlin – Geteilte Stadt: Geschichten aus der Zeit der Teilung

Berlin_Geteilte_Stadt28 Jahre lang teilte die Mauer Berlin, riss Freunde und Familien auseinander.
Die beiden Comic-Autoren Susanne Buddenberg und Thomas Henseler haben Zeitzeugen befragt und deren Erlebnisse aufgezeichnet. Fünf wahre Geschichten erzählen von einer Zeit, die noch nicht lange zurückliegt, aber heute kaum noch vorstellbar ist: Eine junge Frau versucht, mit einem falschen Ausweis die DDR zu verlassen.
Ein Flüchtling wird an der Grenze erschossen, ohne dass Rettungskräfte ihm helfen können. Eine ganze Familie versteckt sich in einem DDR-Regierungsgebäude in Mauernähe und hofft, von hier aus in den Westen zu entkommen. Ein junger Mann fotografiert heimlich die Grenzanlagen und gerät in die Fänge derStaatssicherheit. Ein Ost-Berliner Schüler erkundet nachts West-Berlin und feiert die Party seines Lebens.


Berlin – Geteilte Stadt führt an die Original-Schauplätze der Geschichten: an den Bahnhof Friedrichstraße, in die Bernauer Straße, in die Wilhelmstraße, zum Brandenburger Tor und zum ehemaligen Grenzübergang Bornholmer Straße. Die Spuren der dramatischen Ereignisse sind dort zu finden.
ZACK stellte den Autoren Thomas Henseler und Susanne Buddenberg Fragen rund um ihr neues Buch Berlin – Geteilte Stadt.


Thomas_Henseler_und_Susanne_BuddenbergMit Berlin – Geteilte Stadt legt ihr nach Grenzfall euren zweiten Comic mit DDR-Bezug vor. Was fasziniert euch an der Thematik besonders?
Angefangen hat alles mit Storyboards, die wir für Filme mit DDR-Bezug zum 20-jährigen Mauerfall-Jubiläum angefertigt haben. Da haben wir uns schon mal in die Thematik einarbeiten können. Außerdem leben wir im ehemaligen Ost-Berlin, da wo die Stadt besonders reich an Geschichte und Geschichten ist. Nur einen Steinwurf entfernt ist die Bernauer Straße, die zum Mauerbau Brennpunkt zwischen Ost- und West war, wo sich viele dramatische Szenen abgespielt haben. Dadurch, dass man heute dort noch ein Stück der Originalmauer sehen kann, kam irgendwann zwangsläufig die Frage auf, wie leben Menschen in einem Unterdrückungssystem,
wie lehnen sie sich dagegen auf, was tun sie, um ihm zu entkommen? Diese Fragestellungen greifen wir auf und verknüpfen sie mit authentischen und spannenden Geschichten. Das Schönste an der Arbeit war dann aber, die Menschen, die diese Geschichten erlebt haben, selber kennenzulernen.

Wie seid ihr auf die Storys gestoßen? Gab es bestimmte Auswahlkriterien?
Ein wichtiges Auswahlkriterium war, dass die Geschichten Jugendliche ansprechen. Die Hauptpersonen in den einzelnen Comicepisoden waren zum Zeitpunkt selbst noch Schüler oder in der Ausbildung. Es geht nicht nur um dramatische Entscheidungen und spektakuläre Fluchten, sondern auch um alltägliche Dinge, die den Alltag von Jugendlichen widerspiegeln: Abi machen, fotografieren, Musik hören und Geburtstag feiern.
Da die persönlichen Geschichten sehr eng mit den historischen Orten verknüpft sind, mussten diese Orte heute noch so weit intakt sein, dass man die Geschichten nachvollziehen kann. Mit dem Buch in der Hand kann sich der Leser auf eine Spurensuche zu Mauer und Teilung begeben. Durch die Haupthandlungsorte Bahnhof Friedrichstraße, das Lazarus-Krankenhaus an der Bernauer Straße, das Finanzministerium, das Brandenburger Tor und dem ehemaligen Grenzübergang Bornholmer Straße kann man sich gut in die Geschichten hineinversetzen.

stadtplanHabt ihr alle Beteiligten persönlich besucht? Und wie haben diese auf das Projekt reagiert?
Ja, wir haben mit allen Beteiligten persönlich gesprochen. Wir haben die Zeitzeugen gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, dass ihre Erlebnisse von uns in einem Comic erzählt werden würden. Die meisten haben zu Anfang eher zurückhaltend auf unsere Anfrage reagiert, aber anhand unserer ersten Graphic Novel Grenzfall konnten wir gut demonstrieren, wie wir arbeiten und das Ergebnis aussehen kann. Man mochte unseren sachlichen, realistischen, um Authentizität bemühten Zeichen- und Erzählstil. Die Interviewpartner haben uns auch privates Foto- und anderes Quellenmaterial zur Verfügung gestellt, so existiert zum Beispiel auch noch nach 50 Jahren die S-Bahnfahrkarte, mit der Regina Zywietz von Ost- nach West-Berlin geflüchtet ist.

Welche Dokumentationen standen euch zur Verfügung, um die Locations in eurem Buch authentisch darzustellen?
Wir haben zu Beginn des Projektes umfangreich recherchiert, besonders in der Gedenkstätte Berliner Mauer. Gerade für die zweite Geschichte im Buch – Das Krankenhaus an der Mauer –, die auch den Tod eines Flüchtlings in der Bernauer Straße zeigt, konnten wir Augenzeugenberichte, Radio-Interviews, Filmaufnahmen und Tatort-Skizzen studieren und so die Situation recht genau rekonstruieren.
Inhaltlich und historisch sind wir dabei von unseren Fachberatern unterstützt worden, da wir ja selber weder Zeitzeugen noch Historiker sind.

Das Buch ist durch sein inhaltliches Konzept mit Comics und redaktionellen Seiten u. a. sehr geeignet, im Schulunterricht als Infomaterial über die deutsche Teilung Verwendung zu finden. War das von Beginn auch Teil der Buchidee?
Natürlich hatten wir bei der Konzeption schon Jugendliche und Schüler im Blick, die die damalige Zeit nicht miterlebt hatten. Ein Comic ist leicht zugänglich. Man ist sofort in der Geschichte drin, auch dadurch, dass man die Orte und die Personen sieht und sich mit ihnen identifizieren kann. Er kann gut als Einstieg dienen, Interesse wecken, wie ein Trailer für einen Film. Wir hatten aber nicht von Anfang an gedacht, dass wir jetzt ein Schulbuch schreiben und zeichnen. Wir wollten inhaltlich einen Bogen spannen von Mauerbau bis Mauerfall, und da schien es uns wichtig, dass die reinzeichnungeinzelnen Storys noch in entsprechende Hintergrundinfos eingebettet werden, um Ausmaß, Dimensionen und größere Zusammenhänge deutlich zu machen. Eine Comic-Geschichte kann es ja meistens nur immer exemplarisch verdeutlichen. Aber es stimmt schon, die Bemerkung, dass es sich sehr gut für den Schulunterricht eignen würde, haben wir in letzter Zeit öfter gehört, und wenn das passiert, fänden wir das natürlich toll : )

Das Buch erscheint auch in englischer Sprache. Darüber dürften sich die vielen internationalen Besucher der Gedenkstätten freuen. Davon gibt es in Berlin ja so einige. Wo ist euer Buch überall zu haben? Wurde auch der Buchhandel in Berlin einbezogen?
Die Idee, auch eine englische Ausgabe zu erstellen, gab es schon ganz früh. Aber spätestens seit unserer Ausstellung zu Grenzfall haben wir gemerkt, dass es auch eine große Nachfrage gibt. Denn die Ausstellung in der Berliner Zionskirche, die im Comic eine wichtige Rolle spielt, haben viele Besucher aus dem Ausland gesehen. Sie wollten die Kirche besuchen und waren positiv überrascht, dass es dort eine Comic-Ausstellung gab, wo sie zwar die Bilder betrachten, aber leider nicht den Text lesen konnten. Am authentischen Ort hatten wir Zeichnungen aus Grenzfall den historischen Foto-Vorlagen gegenübergestellt. Ab da war klar: Unser nächstes Buch wollten wir direkt zweisprachig anbieten. Berlin – A City Divided gibt es genauso wie Berlin – Geteilte Stadt im Buchhandel. Wir haben zum Beispiel in der Buchhandlung in der Gedenkstätte Berliner Mauer mal nachgefragt und erfahren, dass es sich wohl großer Beliebtheit erfreut, so kauften schon Besucher aus Australien und Nord-Irland dort ein Exemplar.

Weiter geht es in ZACK # 165 ...

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Special vom: 22.02.2013
Autor dieses Specials: Michael Hüster
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Editorial von Georg F. W. Tempel
Ulf K. - Der dunkle Comic-Romantiker
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