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Interview mit Carl Critchlow
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Fantasy-Parodie: Thrud der Barbar

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Ganz am Anfang seiner Karriere schuf der britische Comic Künstler und Illustrator Carl Critchlow die Conan-Parodie Thrud the Barbarian. Große Muskeln, kleiner Kopf, winziges Gehirn: Thrud der Barbar hat das nächste Bier stets im Blick und löst die meisten seiner Probleme mit der Axt, seien das nun Frostriesen, Dämonen oder Nekromanten.
Nach ein paar Fanzine-Auftritten wurden die Verulkungen von Robert E. Howards Fantasy-Archetypen ab 1983 als One-Pager in White Dwarf abgedruckt, dem Hausmagazin des englischen Rollenspiel- und Tabletop-Herstellers Games Workshop. Critchlow steuerte bis 1988 fast 60 Strips zum Magazin bei, in denen er sich auf charakteristische Elemente aus GWs diversen Fantasy-Universen bezog. 2004 kehrte der Brite für eine fünf Hefte umfassende Miniserie im neuen optischen Gewand zu seinem stoischen Helden zurück, der sogar mit fünf eigenen Tabletop-Miniaturen gewürdigt würde. Ende 2013 erschien bei Titan endlich ein Hardcover-Sammelband der selbstverlegten Serie, die mit dem Eagle Award als beliebtester Kleinverlags-Titel ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus veröffentlichte der 1963 in Liverpool geborene Critchlow zahlreiche Kurzgeschichten im britischen Comicmagazin 2000AD, darunter Beiträge zu Future Shocks und Judge Dredd. Für DC arbeitete er indes an Lobo und Batman. Zudem lieferte er Illustrationen zum Trading Card Game-Klassiker Magic, dem Dark Future-Tabletop und dem World of Warcraft-RPG.
Im Interview spricht er über seine Einflüsse, Thruds Werdegang und die Entwicklung eines völlig neuen Stils.

Hallo Carl. Wie wurde aus Dir ein Künstler?
Ich habe als Kind viel Zeit mit Zeichnen verbracht und einfach versucht, solange weiterzumachen, bis mich jemand zwingt, aufzuhören und mir einen richtigen Job zu suchen. Was bisher nicht passiert ist (lacht).

Wie hast Du die Fantasy für Dich entdeckt, und wie wichtig waren Robert E. Howard, Frank Frazetta und Co. für Deine künstlerische Entwicklung?
Ich war ungefähr vierzehn oder fünfzehn, als ich in einem Buchladen über The Fantastic Art of Frank Frazetta stolperte und süchtig wurde. Von da an holte ich mir viele von Robert E. Howards Conan-Büchern, die Frazetta-Cover hatten. Zur selben Zeit kam eine Vielzahl weiterer Artbooks von Leuten wie Roger Dean und Chris Foss heraus, die ich ebenfalls kaufte, doch Frazetta hatte den größten Einfluss auf mich.

Wann erschien Thrud erstmals auf der Bildfläche, und was hatte Bryan Talbot damit zu tun?
Als ich aufs Art College ging, war mir gar nicht klar, wie viel Glück ich hatte, Bryan Talbot als Grafik-Tutor zu haben. Bryan unterrichtete Teilzeit, während er am ersten Luther Arkwright-Band zu Werke ging – dann fing er an, für 2000AD zu arbeiten, und verließ das College kurz nach mir, um sich Vollzeit Comics zu widmen.
Eine der Aufgaben, die er einst im Unterricht stellte, war, eine Story mit einem neuen, originären Comicstrip-Charakter – ich las mich zu der Zeit gerade durch die Conan-Bücher, und so wurde Thrud geboren!

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Und wie hast Du Thrud als One-Page-Strip ins White Dwarf Magazin gebracht?
Nachdem ich den ersten Thrud-Strip fertiggestellt hatte, schaffte Bryan es, ihn in Paul Duncans Fanzine Arkensword unterzubringen.
Danach lud Paul mich ein, weitere ein bis zwei Seiten umfassende Geschichten einzusenden, was ich tat. Ich war bei einem Freund, als ich eine kleine Anzeige in einer Ausgabe von White Dwarf erspähte, wo man die Einreichung von Comicstrips inserierte. Daher schickte ich die Thrud-Strips als Beispiel dafür, was ich tun könnte, und war ziemlich erstaunt, als ich eine Antwort bekam, in der sie fragten, wann ich anfangen könnte!

Muss man ein Fan von Fantasy, Rollenspielen, Tabletops und dergleichen sein, um quasi aus dem Inneren der Szene heraus eine Genre-Parodie wie Thrud zu schaffen?
Obwohl ich damals viel Science Fiction und Fantasy las, besonders eben Robert E. Howard, muss ich leider sagen, dass ich selbst nie ein Fantasy-Gamer gewesen bin. Als Mitwirkender bekam ich natürlich jeden Monat eine Ausgabe von White Dwarf zugeschickt und nahm neue Veröffentlichungen wahr und versuchte, in den Strips Bezug auf sie zu nehmen, wo mir das möglich war. Ich denke, dass es hilft, seinen Stoff zu kennen – aber ich riss keine Witze über 20-seitige Würfel, jedenfalls nicht, so weit ich mich erinnern kann (grinst).

Warum ist der Fantasy-Barbar als Archetyp ein so dankbares Ziel für Verballhornungen?
Als Bryan die ursprüngliche Aufgabe stellte, hätte ich es geliebt, einen „echten“ Conan-ähnlichen Charakter zu schaffen – doch ich sah keine Möglichkeit, wie das etwas anderes als eine blasse Imitation des Originals werden könnte, wie mir schon so viele begegnet waren. Conan ist ein genauso ikonischer Charakter wie James Bond, Tarzan oder Sherlock Holmes, sodass es schwer ist, einen originellen Dreh für so ein starkes Motiv zu kriegen – also dachte ich mir, wieso nicht das Ganze parodieren?

Was ist das schwerste an One-Pagern, die Fantasy-Muster durch den Kakao ziehen?
Für mich ist es am schwersten, mir ein tolles Ende auszudenken, egal wie lang die Geschichte ist. Aber wenn du von Haus aus bloß eine Seite hast, wird das noch schwieriger. Sobald man jedoch das Ende hat, kann man von dort aus rückwärts arbeiten!

Lass uns über die Heftserie von 2004 reden. Wieso hast Du Dich entschieden, nach all den Jahren mit einer computerkolorierten Miniserie zu Thrud zurückzukehren?
Nach ein paar Jahren, in denen ich für Games Workshop gearbeitet habe, ging ich dazu über, vollständig gemalte Comicstrips für 2000AD zu produzieren. Das war damals sehr gefragt, dank der Popularität von Simon Bisley. Schließlich endete ich als regulärer Zeichner für DCs monatliche Lobo-Serie. Ich war unglücklich mit dem Mangel an Kontrolle über das fertige Artwork, wenn ich lediglich zeichnete, und so entschied ich mich, von Grund auf einen neuen Stil zu entwickeln, der eine Computerkolorierung nutzen sollte, mit der ich damals bereits experimentierte. Zu diesem Zeitpunkt waren schon mehr als zehn Jahre seit dem letzten Thrud-Strip vergangen, doch ich wurde immer wieder nach ihm gefragt, wenn ich auf irgendwelchen Signierstunden oder Conventions war. Daher entschied ich mich, beides zu kombinieren und in erster Linie als Muster für meinen neuen Arbeitsstil einen Comic mit Thrud und der digitalen Kolorierung zu machen. Im ersten Heft der neuen Thrud-Serie nutzte ich bloß eine klare Kontur und wenig schwarze Flächen, was sich im Lauf der letzten Jahre hin zu meiner heutigen Arbeitsweise verändert hat. 

Weiter geht es in ZACK # 177 ...

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Special vom: 24.02.2014
Autor dieses Specials: Christian Endres
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F. W. Tempel
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