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Jamiri und der Blick in sein Atelier
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„Ich hab mich nie an anderen Comiczeichnern orientiert“

Es kommt noch sehr selten vor, dass Comickünstler einen Blick in ihr Atelier gestatten. Dies gilt insbesondere für die heimischen Comicschaffenden. Dabei sind es gerade diese Blicke hinter die Kulisse, die es ermöglichen das Werk eines Künstlers umfassender einzuschätzen. Wie werden Ideen umgesetzt? Wie sehen die Arbeiten abseits der Comicbranche aus? Mit welchen Techniken arbeitet der Künstler? Diese und noch viele andere Fragen lassen sich am Besten eben durch einen Blick in die Innovationsküche des Comicschaffenden klären. Jamiri alias Jan-Michael Richter hat mit seinem neuesten Werk, „L'Argh pour l'Art“, diesen Schritt gewagt und ein Artbook in der Edition 52 vorgelegt. Der Wuppertaler Verlag setzt damit seine Jamiri-Reihe fort und präsentiert nach den Werken „Arsenicum Album“„Memme Fatale“, „Kamikaze D´Amour“ und „Dotcom Dummy“ bereits den fünften Jamiri-Band.

Jamiri_selbstportrait


Für Jamiri bietet sich durch den Band die einzigartige Möglichkeit seine Kunst dem Betrachter näher zu bringen. Oder, wie er es formuliert: „Auslöser für das Artbook war das Internet – die Schwarmintelligenz. Diese bildet ja eigentlich nur die gesellschaftliche Mitte ab. Oder sagen wir, oftmals das Dafürhalten des Laien. Und dieses Dafürhalten liegt manchmal eben schmerzhaft daneben!“

Um hier Aufklärungsarbeit in eigener Sache zu betreiben hat Jamiri neben unveröffentlichtem Material aus seiner frühen Schaffensperioden, Vorzeichnungen und Skizzen zusammengestellt, um Einblicke in seinen Arbeitsprozess zu geben. Außerdem bietet der Band erstmals einen Überblick über die Werke abseits von Comics: Plakate, Buch- und CD Cover, Gemälde und Zeichnungen.WAZ_Loveparade

Jamiri wurde 1966 in Hattingen geboren. Und schon in seiner Kindheit zeigt sich der Hang zu Comics: „Ich hab als Kind angefangen Asterix, Dan Cooper, Turi und Tolk usw. zu kopieren. Ich bin ja mit ZACK aufgewachsen. Das war großartig. In der Pubertät kam dann SCHWERMETALL dazu, passte gut, und ich machte Bekanntschaft mit Corben, Druillet, Alex Ross, um nur einige zu nennen.“ Aber es wäre ein Trugschluss zu glauben, dass aus dieser frühen Faszination zum Medium der Wunsch entstand selber Comics zu zeichnen. „Das Nachmachen war ja nur Spiel“, so Jamiri, „Dass ich wirklich Comiczeichner werden sollte, war eher ein Zufall. Meine Ambitionen flogen durchaus höher.“

Seine Vorbilder sucht man daher auch vergeblich in der Comicszene. „Ich hab mich nie an anderen Comiczeichnern orientiert“, so Jamiri. Seine künstlerischen Wurzeln liegen dann auch eher bei den Naturalisten und Photorealisten. Künstler wie Gottfried Helnwein, Chuck Close, Richard Estes oder Gerhard Richter stehen Pate für seinen außergewöhnlichen Zeichenstil.

Also hat Jamiri gar keinen Blick für den Comicmarkt? Falsch. Namen wie Felix Mertikat, Daniel Lieske, Thomas von Kummant, Jan Feindt oder Vincent Burmeister sind für ihn auffällige Talente auf dem deutschen Markt. Allgemein schätzt er die Situation auf dem deutschen Comicmarkt aber als nicht so positiv ein: „Was mich stört ist, dass das Feuilleton und die Comic-Kritik in Deutschland von einigen wenigen Köpfen beherrscht wird. Aber das ist auch kein Wunder, denn welcher Kulturjournalist von Rang möchte sich in Deutschland schon mit Comickünstlern befassen? Das ist ein sehr deutsches Problem und tut dem Markt nicht gut!“.

Was dem Markt aber ganz sicher gut tut, sind Bücher wie „L'Argh pour l'Art“. Einblicke in die Arbeit von Comicschaffenden lohnen sich eben immer. Und für Herbst hat Jamiri auch schon gleich einen weiteren Band, dann aber mit komplett neuen Material angekündigt. Aber bevor es soweit ist, bleibt ausreichend Zeit, das nun vorliegende Artbook zu begutachten, um – wie er in dem Vorwort schreibt „meine Arbeit möglicherweise eine Spur nachvollziehbarer zu machen. Nachvollziehbarer insbesondere für die skeptisch investigativen Foristen aus den Untiefen der Comicszene, wo sich Ahnungslosigkeit mit Meinungsfreude paart oder, genauer gesagt, für die Fraktion, die zu der Auffassung gelangt ist, es gäbe einen »Jamiri-Filter« in Photoshop“. Jamiri wäre aber nicht Jamiri, wenn es bei allen ambitionierten Ansprüchen nicht auch einen ironischen Seitenkick geben würde: „Eigentlich war es eine tolle Gelegenheit für so einen richtigen Künstlerego-Prachtband“, fügt er lächelnd hinzu.

Jamiri_Zeichnung

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Special vom: 10.04.2014
Autor dieses Specials: Bernd Hinrichs
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