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Interview mit Volker Hamann und Matthias Hofmann
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Der wahre Comicfan liest nicht nur Primärliteratur, also Comics, sondern interessiert sich auch dafür, was hinter den Kulissen der Neunten Kunst passiert. Er möchte mehr erfahren über Autoren, Zeichner, Hintergründe und Entstehungsgeschichten rund um seine Lieblingslektüre. Darüber hinaus sind Neuigkeiten aus Verlagen und der Szene von Interesse, um einen Überblick über den Markt und die Branche zu bekommen.
Seit den 1970er Jahren gibt es schon immer deutschsprachige Magazine und Sekundärliteratur, die ihre Leser kompetent informieren.
Einzig an einem kontinuierlichen Erscheinen krankten die Periodika mitunter stark.
Seit Juni 2012 ist das anders. Seit da publiziert der Verlag Edition Alfons pünktlich auf den Tag genau das vierteljährlich erscheinende Comicfachmagazin ALFONZ – Der Comicreporter. Mit dem frischen Blatt ergänzte der Kleinverlag aus Barmstedt sein Portfolio, das seit 1984 vorwiegend aus dem Magazin Reddition bestand, das als Themenheft mit Dossiers zu Kreativen, Verlagen und Genres konzipiert ist. Zusammen mit dem Jahrbuch Comic Report und dem im November 2014 neu lancierten, edel aufgemachten Magazin Camp (Untertitel: Magazin für Comic, Illustration und Trivialkultur) ist die Edition Alfons inzwischen Marktführer für Comicsekundärliteratur in Deutschland. Drei dieser Publikationen werden von Volker Hamann (VH) und Matthias Hofmann (MH) herausgegeben und verantwortlich zusammengestellt. Michael Hüster unterhielt sich für ZACK mit den beiden Magazinmachern.

Wie seid ihr eigentlich „zusammengekommen“? volker_mathias_fotos
MH: Ich war schon eine Zeitlang mit der Idee zu einem Comic Jahrbuch schwanger gegangen, als ich ein Konzept erarbeitete und Volker auf dem Comic-Salon 2010 in Erlangen darauf ansprach.
Irgendwie hat es menschlich und kreativ sofort „gefunkt“. Es ist schon unheimlich, denn wir ergänzen uns in der Arbeitsweise nahezu ideal, bewerten Probleme ähnlich und ziehen kontinuierlich an einem Strang, auch wenn wir vom Wesen her durchaus unterschiedlich sind.
Inzwischen sind wir sehr gute Freunde geworden. Wir sind in ständigem Austausch und setzen dadurch viel journalistische Energie und eine Fülle von Ideen frei. Das ist eine wahre Freude und motiviert ungemein. Das gilt auch, wenn wir auf Reisen, bei Verlagen oder auf Messen sind. Das macht alles unheimlich viel Spaß. So wie damals bei Winnetou und Old Shatterhand, Starsky und Hutch oder anderen „Buddies“, die sich super verstanden haben …

Insgesamt habt ihr aktuell vier Publikationen am Start: Reddition, Comic Report, ALFONZ und Camp. Daneben gibt es noch das Onlinemagazin CRON.
VH: Stimmt.

Wann fiel die Entscheidung, neben der schon lange erfolgreich am Markt positionierten Reddition weitere Printprodukte an den Start zu bringen?
VH:
Es gab mal Überlegungen eines Fachhandelvertriebes und eines großen Verlages, ein Informationsmagazin über Comics in Deutschland zu installieren. Dafür habe ich verschiedene Konzepte ausgearbeitet und gesehen, dass hierfür aufgrund der schleppenden Erscheinungsweise und teilweise lustlosen Zusammenstellung der damals veröffentlichten Magazine eine Notwendigkeit besteht. Leider war letztendlich keiner bereit, das Geld für ein solches Magazin zur Verfügung zu stellen. Zur selben Zeit aber hatte ich mit Matthias gerade die erste Ausgabe vom Comic Report herausgebracht (eine Publikation, die ihm sehr am Herzen liegt und die er maßgeblich konzipiert hat) und das Onlineportal CRON (www.comic-report.de) gestartet. Und da sprangen uns die Themen und Ideen nur so ins Gesicht. Deshalb wollten wir ein eigenes Magazin machen, um diese Informationsflut zu bändigen und in eine gut gemachte Zeitschrift zu bringen – was uns, schaut man sich die Beteiligung und Resonanz der ALFONZ-Leserumfragen aus 2012 und 2014 an, offensichtlich gut gelungen ist. Ganz ähnlich ging es dann bei Camp. Auch im Bereich der Sekundärliteratur über nostalgische Themen folgten wir nicht immer mit Begeisterung den Bemühungen von Sprechblase & Co. Wir wollten zeigen, dass es auch deutlich fokussierter geht und einen höheren Anspruch an Präsentation und Themenauswahl haben kann.
MH: Eigentlich ist so eine Entwicklung ganz natürlich. Es gibt ja im Print kaum eine regelmäßige und damit verlässliche sekundäre Auseinandersetzung mit den Comics in Deutschland, wenn man die Publikationen der Edition Alfons ausblenden würde. Das sieht alles wie „Hand in den Mund“ oder nach „Schublade voll“ aus. Und, das wird auch oft übersehen: Es gibt heutzutage wenig Orte, wo Autoren über Comics schreiben können und das auch nur ansatzweise und pünktlich mit Geld bezahlt wird.

War die Marktsituation mit nur sehr unregelmäßig erscheinenden Magazinen der Hauptgrund, neue Publikationen zu platzieren? Welche Gründe gab es noch?
VH:
Nicht die Marktsituation war entscheidend, also die Wirtschaftlichkeit einer regelmäßigen Zeitschrift über Comics, denn die ist in Deutschland nach wie vor sehr bescheiden, wagt man einen Vergleich mit Frankreich oder den USA. Vielmehr ist es die pure Begeisterung für Comics und ihre Macher, die mich jeden Tag aufs Neue dazu bringt, mir Gedanken über eine angemessene, also faire und mit ausreichend Wissen und Fachkenntnis gespickte Berichterstattung zu machen. Und wenn wir in Deutschland schon massenhaft Comics aus dem Ausland lizenzieren und gleichzeitig eine eigene Kreativszene etablieren wollen, sollten die Informationen dazu auch Hand und Fuß haben und ein ganzes Stück über Blog- und Thread-Wissen hinausgehen. Für die (schnelle) Verbreitung einer Meldung gibt es in unserer Zeit keine effektivere Möglichkeit als das Internet, aber richtiges Hintergrundwissen, neue Sichtweisen und ehrliche Meinungen sind nur selten (und gratis) im Netz zu finden.

Gab es von Beginn an das Konzept mit den jetzt laufenden vier Publikationen oder hat sich das erst nach und nach entwickelt?
VH:
Das hat sich fast von selbst entwickelt (siehe oben), weil alle Publikationen von den Lesern gut angenommen wurden und wir immer noch Potenzial gesehen haben, um noch breiter und ausführlicher über Comics auf dem deutschen Markt berichten zu können.

Wie unterscheiden bzw. ergänzen sich Reddition, Comic Report, ALFONZ und Camp?
VH:
Während die Reddition als monographisch angelegte Einzelpublikation angelegt ist, sich also an einem Thema möglichst umfassend und erschöpfend austobt, bildet der Comic Report den Comicmarkt des vergangenen Jahres ab und wirft Schlaglichter auf im zurückliegenden Jahr wichtige Comics, Autoren und Verlage. ALFONZ ist dann so etwas wie der populäre und sehr umtriebige kleine Bruder, also eine Informationszeitschrift für Comics und ein breites Publikum, das sich schnell über den aktuellen Markt und die aktuellen Neuheiten auf den neuesten Stand bringen möchte. Mit Camp dagegen greifen wir unsere konzeptionellen Ideen von Artikeln und deren Struktur auf und fassen den Zeitrahmen erheblich weiter, gehen also auch mal sehr weit in die Vergangenheit zurück. Zu Stil und Ausrichtung der Artikel kann Matthias ja vielleicht etwas sagen?
MH: Mit Camp haben wir ein Projekt gestartet, bei dem Comics nur einen Teil ausmachen. Hier wollen wir bewusst eine neue Leserschicht erschließen. Das wird sich über die nächsten Jahre weiterentwickeln.
Wenn ich in die Trickkiste der Bildersprache greifen müsste, würde ich sagen, dass Camp ein schillernd schöner Schmetterling wird, der aber momentan erst noch eine interessant gefärbte Raupe ist, die sich noch verpuppen wird, um dann durch die Lüfte zu fliegen und die Leser zu faszinieren, inhaltlich, aber vor allem auch optisch.
Die Texte sollten sich von der Art auch weiterentwickeln. Hintergrundartikel werden neben Satiren, Glossen oder Memoiren stehen. Das wird für alle ein sehr spannendes Projekt.
VH: … was offenbar sehr gut bei den Lesern angekommen ist, denn die erste Ausgabe ist nahezu vergriffen, und sogar der Bahnhofsbuchhandel hat bereits zwei Mal Exemplare nachbestellt, um gut frequentierte Verkaufsstellen erneut beliefern zu können.

Wie steht CRON im konzeptionellen Kontext zu den Magazinen?
MH
: Mit einem Jahrbuch, aber auch mit einem gedruckten Magazin wie ALFONZ, das „nur“ alle drei Monate erscheint und deshalb etwas träge ist und natürlich auch eine gewisse Vorlaufzeit hat, ist es heutzutage schwierig, brandaktuell mit dem Internet zu konkurrieren.
Außerdem ist der Platz begrenzt.
Uns wurde recht schnell klar, dass man bei der Fülle an Themen locker noch eine Onlineplattform aufschalten kann, was wir dann auch gemacht haben. Auf Comic Report Online (CRON) gibt es daher knackige Kurzinterviews, Nachrichten, Rezensionen, etc. – die wir vergleichsweise spontan und schnell veröffentlichen. Noch stärker gilt es für unsere Facebook- und Twitter-Seiten. Das macht die Internetpräsenz insgesamt ein bisschen „direkter, frecher, ungefilterter“ im Vergleich zur Edition-Alfons-Print-Familie, aber das ist so beabsichtigt. Wenn wir mehr Ressourcen hätten, würden wir das gerne noch erweitern und eine richtige Redaktion aufbauen, aber das ist bei den aktuellen Marktgegebenheiten nicht drin. Besonders an den Finanzen krankt es leider bei allen Comicportalen im Internet, beim einen mehr, beim anderen weniger. Was sage ich, das ist generell im Internet ein Problem, weil die Leser gerne alles umsonst bekommen wollen.

Weiter geht es in ZACK # 190 ...

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Special vom: 25.03.2015
Autor dieses Specials: Michael Hüster
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Editorial von Georg F. W. Tempel
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