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Comic-Besprechung - Den letzten beissen die Hunde

Geschichten:
Le der des ders
Autor:
Didier Daeninckx
Zeichner: Jacques Tardi

Story:
Der Krieg ist seit zwei Jahren vorbei und der ehemalige Soldat Varlot verdingt sich als Privatdetektiv. Ein Auftrag des Oberst Fantin, der harmlos mit der Beschattung dessen Frau beginnt, bringt Varlot auf die Spur eines Geheimnisses, welches seinen Ursprung auf den zerbombtem Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges hat und einige Leute viel kosten könnte. Wo Ruhm und Ehre auf dem Spiel stehen, ist manches Mal auch die Bereitschaft da ein Leben dafür zu opfern. Zumeist nicht das eigene. Immer tiefer verstrickt sich Varlot in ein Geflecht aus Täuschung, Erpressung, Intrige und Mord und gerät bald selbst unter Verdacht. Wenn es ihm nicht rechtzeitig gelingt das Geheimnis zu lüften und die Schuldigen zu entlarven, könnte er es bald sein, der über die Klinge springen muss.


Meinung:
Didier Daeninckx bringt man nicht mit Comics in Verbindung, auch wenn er selbst für solche gelegentlich schreibt. Den letzten beissen die Hunde ist keines davon, sondern eine Adaption eines seiner Romane durch den bekannten Jacques Tardi. Krimifreunden wird Daeninckx sicherlich bekannter sein, gerade jenen, die auch mal zu einem französischen Autor greifen (und nicht deutschen, britischen oder skandinavischen, ...). Preisgekrönt ist er allemal und gilt gar als Mitbegründer des Roman noir, angelehnt an den Film noir. Nur in Buchform will man meinen, was natürlich nicht stimmt. Um in der fremdsprachlichen Beschreibung zu bleiben, könnte man es auch hardboiled nennen. Und darunter fällt auch Den letzten beissen die Hunde (der Roman erschien auf Deutsch übrigens unter dem Titel Tod auf Bewährung).

Es überrascht nicht, dass Tardi gerade diesen Roman für eine Umsetzung gewählt hat. Die Geschichte spielt in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Gerade einmal zwei Jahre nach der großen Urkatastrophe, die von den Briten immer noch als Great War bezeichnet wird, im Deutschen aber mehr chronologisch geführt wird und als Erster Weltkrieg bekannt ist. Ein Thema mit dem sich gerade Tardi intensiv beschäftigt und künstlerisch verarbeitet hat. Dazu gehören das verstörende und aufrüttelnde Werk Grabenkrieg ebenso, wie Elender Krieg 1914 - 1919.

Die Geschichte beginnt mit einer Erpressung und verstrickt sich immer tiefer in ein Geheimnis aus dem Ersten Weltkrieg, an dessen Enthüllung mächtige Personen kein Interesse haben. Zugegebenermaßen verliert man bei den ganzen Winkelzügen und Querverbindungen zu den verschiedensten Personen und Gruppierungen etwas die Übersicht, obwohl die Hauptfigur Varlot, ganz im Sinne eines Detektivromans, den Fall Stück für Stück vorträgt und den Leser an seinen Gedanken und Ermittlungen teilhaben lässt. So klug wie der Detektiv ist man allemal, mehr aber auch nicht.

Das man dennoch bei der Sache bleibt, verdankt sich dagegen dem Umstand, dass Tardi die Handlung komplett erobert und für sich einnimmt. Seine Figuren nehmen, wie so oft, eine ausdrucksstarke Präsenz ein und sind unverwechselbar, wie Tardis Stil ohnehin. Auf der anderen Seite stellt er detailliert die Lebensumstände der Zeit dar und fängt die Atmosphäre gekonnt ein. Was aber nur den einen Part ausmacht, der Den letzten beissen die Hunde so faszinierend macht, auch wenn die Geschichte mehr und mehr zum Hintergrundrauschen gerät. Natürlich ist Tardi mal wieder in Schwarz/Weiss unterwegs, was erneut wunderbar funktioniert und den Ton angemessen nüchtern hält.

Der andere Part ist nicht das bloß graphische Einfangen der Zeit, sondern auch das Gefühl, welches Tardi durch die Geschichte rüber bringt. Ein Land im Wideraufbau, die alten Eliten um Erhalt ihres Ansehen bemüht, Anarchisten auf den Strassen und traumatisierte Soldaten, die mit ihren Gedanken den Grabenkrieg nie wirklich hinter sich gelassen haben. Auch Varlot kämpft mit seinen Erinnerungen, hat sich mit der neuen Zeit aber relativ gut arrangiert. Dennoch spürt man, dass hier ein Land nach dem Umbruch kartographiert wird, welches versucht seine Identität wiederzufinden. Verdrängung inklusive. Und immer wieder landet man im Schlamm der aufgewühlten Schlachtfelder vor Verdun und sieht dem Schrecken ins Gesicht.

Daeninckx Roman noir eignet sich hier als wunderbares Vehikel, um das Befinden der Menschen und die verschiedenen Strömungen dieser Epoche auszuloten. Da mag man es ihm verzeihen, dass alles etwas konfus vermengt wurde und sich die anfängliche Komplexität als leichte Luftnummer erweist. Das Ende ist dafür wenig klischeebehaftet, wird aber vielleicht den geneigten Leser etwas ernüchtern. Aber eine perfekte Welt wird hier nicht porträtiert und das wahre Leben orientiert sich selten an Spannungsbögen und Handlungssträngen.

Der schweizerische Verlag Edition Moderne ergänzt mit Den letzten beissen die Hunde (wieder) sein Tardi-Portfolio und veröffentlicht nach mehr als einem Jahrzehnt wieder einen von Daenincks (mit-)erdachten bandes dessinée. Allerdings als Neuauflage, denn Den letzten beissen die Hunde erschien bereits 1998 einmal. Danals allerdings mit rotem Schriftzug. So ändern sich die Zeiten. Soldat Varlot war daneben der letzte Comic mit dem Gespann Daeninckx/Tardi und ja, bei dem Namen darf es klingeln. Es ist die Geschichte des Privatdetektivs während des Krieges, auf die auch in Den letzten beissen die Hunde immer wieder zurückgegriffen wird.



Fazit:
Die Geschichte mag etwas künstlich aufgebläht sein, dass sie nicht gänzlich die Luft verliert, verdankt sich Tardi. Der nutzt die Gelegenheit um tief in die Atmosphäre der 1920er Jahre zu tauchen und ein Panorama des damaligen Paris empor zu heben, hinter dem gerade die große Katastrophe des 20. Jahrhunderts liegt. Tardi zeigt, die Gräuel sind längst nicht vergessen und eine ganze Epoche hadert hier mit ihrer Vergangenheit. In dieser Hinsicht ist der Comic eine echte Empfehlung.


Den letzten beissen die Hunde - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Den letzten beissen die Hunde

Autor der Besprechung:
Alexander Smolan

Verlag:
Edition Moderne

Preis:
€ 24,00

ISBN 13:
978-3-03731-132-5

80 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Tardi auf verwandtem Feld in Höchstform
  • faszinierendes Panorama der 1920er Jahre
  • ein Roman noir als Comic noir
Negativ aufgefallen
  • eigentliche Geschichte nur Vehikel
  • Handlung künstlich verzweigt mit losen Enden
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
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Rezension vom: 27.02.2015
Kategorie: Alben
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