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Comic-Besprechung - Jonas Fink – Gesamtausgabe 2

Geschichten:
Der Buchhändler von Prag
Text und Zeichnungen: Vittorio Giardino


Story:
Prag im August 1968. Der fast 30jährige Joans Fink hat sich in der Stadt an der Moldau eingerichtet. Er hat die Buchhandlung mittlerweile übernommen, hat seinen eigenen Angestellten, eine gutaussehende Freundin. Zu seinen Freunden aus der ehemaligen Gruppe „Odradek“ hat er auch ab und zu noch Kontakt. Alles in allem macht er den Eindruck, dass er die tiefen Schatten der 1950er-Jahre abgeschüttelt hat. Aber dann treten alte Geister wieder auf. Zunächst erfährt er, dass sich seine erste große Liebe Tatjana wieder in der Stadt aufhält und schließlich besetzen Truppen des Warschauer Paktes Prag. Für Jonas spitzt sich die Lage zu und sein geordnetes Leben gerät aus den Fugen.

Meinung:
1997 erschien in Italien der erste Band von „Jonas Fink“. Bereits ein Jahr später der zweite Teil, der den ersten Zyklus abschloss. Es dauerte 20 Jahre, bis der Italiener Vittorio Giardino 2018 noch einen einbändigen zweiten Zyklus nachschob. Bei Salleck Publications liegt der voluminöse einbändige zweite Zyklus als zweiter Teil der Gesamtausgabe vor. Am ersten Zyklus faszinierte mich vor allem die historische Authentizität der Geschichte. Giardino hat meisterlich geschichtliche Abläufe in einen spannenden Plot vermittelt. Der zweite Zyklus verlässt nicht nur die 1950er-Jahre, sondern setzt auch inhaltlich deutlich andere Schwerpunkte. Dem italienischen Künstler geht es bei „Der Buchhändler von Prag“ um eine noch detaillierte Ausbildung der Charaktere. Der so genannte „Prager Frühling“ von 1968 bildet den Hintergrund für eine Reihe von Charakterstudien. Giardino hat seinen Personen vom ersten Zyklus übernommen und sie in eine komplett veränderte Umgebung gesetzt. Wo im ersten Zyklus der Geschichte Unterdrückung, Angst und Depression herrschten, dominieren im zweiten Teil Optimismus, Aufbruchstimmung und Lebensfreude. Der italienische Künstler untersucht, wie sich seine Protagonisten unter veränderten Rahmenbedingungen verhalten. Da ist beispielsweise Jonas Fink – seine Mutter ist mittlerweile in einem Pflegeheim gelandet, sein Vater verstorben. Aus dem introvertierten Jungen ist ein Mann geworden. Er hat eine Freundin, leitet die Buchhandlung und genießt die neuen Freiheiten, die ihm die Dubcek-Regierung bietet. Alle Zeichen in Prag stehen auf Aufbruch. Seine Freundin, eine Vietnamesin, arbeitet im Krankenhaus und plant bereits ihre Rückkehr, um ihre Heimat im Kampf gegen den „us-amerikanischen Imperialismus“ nicht alleine zu lassen. Seine Welt scheint soweit geordnet und alles läuft in geordnete Bahnen. Dann tritt plötzlich Tatjana in sein Leben und gleichzeitig besetzen sowjetische Panzer Prager Straßen. Jonas Welt bricht in sich zusammen. Jonas verstrickt sich in seinem Privatleben in ein Netz aus Lügen. Es ist faszinierend zu sehen, wie viel Zeit sich Giardino beim Aufbau der Geschichte lässt. Ganz langsam, fast schleichend beginnt er und steigert mit jeder neuen Seite das Tempo – grandios! Der Comickünstler bringt seine Figuren in Position und gibt ihnen Profil. Bevor es zum Showdown mit dem Einmarsch der fremden Truppen kommt, schildert der Italiener in epischer Breite Jonas Gefühle. Er lässt den Leser teilhaben an seinem Zaudern, seinen Zweifeln, seinen Entschlüssen, dem Verwerfen derselben, seinem Frust. Soll er sich mit Tatjana treffen? Wieviel Ehrlichkeit verträgt seine Freundin? Warum ist Tatjana so abweisend? Aber Giardino betrachtet nicht nur die Helden der Geschichte. Er widmet sich ebenso den Mitarbeitern der politischen Geheimpolizei. Mit ihnen führt er auch einen Aspekt der 1950er-Jahre fort. Denn sie stehen für Unterdrückung und vor allem Bespitzelung. An ihm wird beispielshaft dargestellt, wie alte Seilschaften um ihren Einfluss während des „Prager Frühlings“ fürchteten, wie sie mit der Zerschlagung der Reformbewegung zu alter Stärke wiederfanden und am Ende doch scheiterten. Besonders an letztem Aspekt hatte der Zeichner großes Interesse Da Giardino fast alle Personen, die bereits im ersten Teil eine Rolle spielten auch im zweiten Zyklus auftreten lässt, bildet die komplexe Geschichte ein Füllhorn an Ansätzen. Vom versoffenen Monteur, der sich in dem sozialistischen System von Warten und Delegieren eingerichtet hat, bis hin zum ehemaligen studentischen Anführer, der mittlerweile als Theaterregisseur arbeitet – jeder findet seinen Platz in der Geschichte.

Fazit:
Der lang ersehnte zweite Zyklus um Jonas Fink vertieft die Charaktere des ersten Abschnittes. Ein Comicroman, der intelligente Unterhaltung bietet und die Serie für mich endgültig in den Olymp der Klassiker katapultiert hat.

Jonas Fink – Gesamtausgabe 2 - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Jonas Fink – Gesamtausgabe 2

Autor der Besprechung:
Bernd Hinrichs

Verlag:
Salleck Publications

Preis:
€ 29,90

ISBN 13:
978-3-89908-691-1

160 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Authentizität
  • Spannender Aufbau
  • Gut herausgearbeitete Charaktere
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
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Rezension vom: 06.06.2019
Kategorie: Alben
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