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Comic-Besprechung - Der Skorpion, Band 14: Das Grab eines Gottes

Geschichten:

Der Skorpion, Band 14: Das Grab eines Gottes  

Autor: Stephen Desberg

Zeichner: Luigi Critone

Übersetzer: Harald Sachse



Story:

Der Skorpion hatte sich in Kairo dem Eunuchen Tarkam angeschlossen, um mit ihm im Auftrag der geheimnisvollen Sabbatianerin, der Beraterin des Sultans von Istanbul, nach Luxor zu reisen. Von dort beginnt ein Wettrennen mit der Zeit, denn auch der russische Albino Golam ist auf der Suche nach dem geheimen und verschollenen Grab Echnatons, von Fürst Potemkin geschickt. Doch auch die Machenschaften Mejais, das Auftauchen von Räubern und hinterlistige Grabräuber erschweren immer wieder die Pläne des Skorpions und seiner neuen Freunde.



Meinung:

Die Geschichte um Armando Catalano (bzw. Trebaldi), genannt der Skorpion, wird mit diesem zweiten Band aus dem fünften Zyklus, dem Ägypten-Zyklus, fortgesetzt. Erneut spinnt Stephen Desberg eine politische Intrige, die sich diesmal sogar über mehrere Staaten erstreckt, und einige der großen Weltmächte im Nahen Osten der damaligen Zeit, dem 18. Jahrhundert, einbezieht. Doch während vordergründig alles nach altem Muster verläuft, ist der Plot meiner Meinung nach historisch gesehen durchaus komplizierter als die bisherigen Zyklen: Nach Desbergs Version erwartet das Russische Reich sehnsüchtig das Ende der türkischen Vorherrschaft in Kleinasien, um Teile des Osmanischen Reiches zu übernehmen. Hierbei nutzen sie geschickt die Hilfe einer jüdischen Geheimverschwörung zu ihren Gunsten, die versucht, Palästina für die Juden zurück zu gewinnen. Doch auch die Türken bleiben in dieser Version der Historie nicht untätig, und planen, die Juden zu diskreditieren, indem sie versuchen, deren Abstammung von einer geächteten ägyptischen Sekte nachzuweisen, was das Entstehen ihrer Religion eher nach Ägypten als nach Palästina verorten würde, und somit wäre Palästina nicht mehr interessant. Dies alles spielt im Jahr 1765, und somit rund drei Jahre vor dem Beginn des echten Russisch-Türkischen Krieges (1768 bis 1774), in dem das Osmanische Reich tatsächlich immer weiter dem Ende zuging und seine imperiale Macht verlor. Bis dahin umfasste das Reich weite Teile des heutigen Osteuropas, Griechenland, die heutige Türkei, Syrien bis nach Persien, die gesamte östliche und südliche Küstenregion des Mittelmeeres einschließlich Ägypten und Libyen. Das erklärt auch, wie sich die Sabbatianerin so frei in Ägypten bewegen kann (auch wenn sie ihre Reise tatsächlich eher inkognito durchführt, um ihre Absichten nicht frühzeitig zu verraten) — es ist eine Provinz des Osmanischen Reiches.

Diese Sabbatianerin ist dabei eine Anhängerin des historisch belegten Kultes um den selbsternannten Propheten Shabbai Zvi, einen jüdisch-osmanischen Religionsgelehrten, dessen Lehren zum Ziel hatten, dass die Juden weltweit anerkannt und aus den üblichen Ghettos entlassen werden sollten. Um eine Besiedlung Palästinas drehte sich seine Lehre meines Wissens nach nicht, das kam erst im 20. Jahrhundert auf. Er starb auch bereits rund einhundert Jahre vor dieser Geschichte hier, seine Ideen wurden von seinen Anhängern aber tatsächlich noch einige Zeit weiter verfolgt. Die Sabbatianerin ist also selbst Jüdin und dabei nach eigener Aussage Kabbalistin, und hat erstaunlicherweise wenig Probleme mit einer abweichenden Entstehungsgeschichte des jüdischen Glaubens — anders als Golam, Potemkins Scherge, der diese neuen Erkenntnisse verbittert zu unterdrücken versucht. Doch beide verbindet, dass sie sich von ihren Herren vor den Karren spannen lassen, um eigentlich nur deren Interessen zu dienen: Die Russen wollen, dass Palästina von Juden besiedelt wird, die ihrem Willen gehorchen, während Istanbul die Herrschaft über Kleinasien ungeteilt behalten will, ohne die Juden groß zu beachten. 

Potemkin ist dabei tatsächlich ebenjener mit den „Potemkin’schen Dörfern”, der Katharina die Große mit Dorfattrappen getäuscht haben soll.

Diese Vermischung realer Personen, Religionen und Kulte, mit fiktionaler Handlung sowie die Vorwegnahme historischer Begebenheiten als mögliche Folgen ebendieser Handlungen findet man neuerdings öfter in den franko-belgischen Comics, zuletzt in „Nautilus” von Mariolle und Grabowski, wo es um den Britisch-Russischen Krieg rund um Afghanistan zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging. Die Story kann somit als eine Art Parallelhistorie betrachtet werden, ohne dass die Fantasy-Effekte eines Paralleluniversums wie Steampunk oder komplett alternative Weltgeschichte aufgefahren werden müssen. Die Handlung bleibt hier im Rahmen einer Abenteuerhandlung im Mantel-und-Degen Stil, was die Lektüre angenehm leicht macht, denn: Auch wenn die historischen Fakten und Hintergründe manchem nicht unbedingt bekannt sind, kann man sie auch ignorieren und einfach nur die Abenteuerhandlung geniessen.

Der Start dieses neuen Zyklus ging auch mit dem Wechsel des Zeichners einher. Der Schweizer Enrico Marini wurde vom italienischen Newcomer Luigi Critone abgelöst, der es verblüffenderweise schafft, die Figuren und die Wirkung der Seiten komplett von seinem Vorgänger zu übernehmen, ohne ihn zu imitieren, sodass für mich beinahe kein Bruch in den Zeichnungen zu spüren war. Die einzige Veränderung ist, dass Critone die Hintergründe oft ohne Tuschestriche, mit den Couleur-Directe-Farben alleine koloriert, was den Panoramen durch diese Unschärfe in der Darstellung zugleich eine ungewohnte aber hervorragende Tiefenschärfe gibt (auch wenn sich dies im ersten Augenblick als widersprüchlich anhört). Der Zeichnerwechsel kann durchaus als gelungen bezeichnet werden. Man kennt Critone übrigens in Deutschland auch von seinem hervorragenden One-Shot „Aldobrando” (nach einem Szenario seines Landsmannes Gipi).

Allen, die bisher die Gesamtausgabe gelesen haben und somit zwangsläufig mit Band 12 aufgehört haben, kann gesagt werden, dass sich auch der neue Zyklus eindeutig lohnt, und man sich überlegen sollte, jetzt schon die Bände 13 und 14 zu lesen, und nicht noch Jahre auf einen möglichen weiteren Band der Gesamtausgabe zu warten.



Fazit:

Der fünfte Zyklus geht spannend weiter, die Zeichnungen sind erstklassig und der Plot eine gelungene Mischung aus Historie und Abenteuer. Sehr zu empfehlen.



Der Skorpion, Band 14: Das Grab eines Gottes - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Der Skorpion, Band 14: Das Grab eines Gottes

Autor der Besprechung:
Uwe Roth

Verlag:
Carlsen

Preis:
€ 14,00

ISBN 10:
3551743592

ISBN 13:
978-3551743596

48 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Erstklassige Zeichnungen, die denen des Vorgängers ebenbürtig sind.
  • Spannender Plot zwischen Historie und Abenteuer.
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
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Rezension vom: 13.04.2023
Kategorie: Der Skorpion
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