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Comic-Besprechung - Das Unglück am Djatlow-Pass

Geschichten:

Das Unglück am Djatlow-Pass

Autor: Cédric Mayen

Zeichner: Jandro (d.i. Alejandro González)

Übersetzerin: Anne Bergen



Story:

Im Februar 1959 macht sich eine Gruppe junger Russen daran, den Gipfel des Otorten im Uralgebirge zu besteigen. Aufgrund der sehr unbeständigen und weitgehend ungünstigen Wetterverhältnisse erweist sich der Aufstieg als weit schwieriger, als geplant, und als die Gruppe nicht mehr zurückkehrt, machen sich die Autoritäten auf die Suche nach ihnen. Was sie im Gebirge vorfinden, ist äußerst mysteriös und löst eine Ermittlung durch den Staatsanwalt Lew Iwanow aus, die jedoch durch den KGB und die Armee immer wieder behindert wird.



Meinung:

Die Autoren Mayen und Jandro begeben sich hier an die Umsetzung einer wahren Geschichte ins Comicformat. Tatsächlich konnten die Hintergründe dieses tragischen Ereignisses bis heute nicht abschließend geklärt werden, und so wurde diese Story zu einer der vielen Verschwörungstheorien im Internet — die allerdings auch seriöse Autoren und Wissenschaftler in ihren Bann zu ziehen wusste, sodass durchaus auch ernsthafte Bemühungen unternommen wurden, das Rätsel um den ungeklärten Tod dieser Gruppe aufzuklären. Dies wird in einem kleinen Anhang am Ende dieses Buches dokumentiert, so dass sich der Leser ein eigenes Urteil über die Geschehnisse bilden möge. Und genau hier liegt für mich der Schwachpunkt dieses Werkes: wie im Dossier zu lesen ist, gibt es inzwischen durchaus plausible wissenschaftliche Erklärungen für die möglichen Ereignisse, wenn auch keine von Ihnen den absoluten „Beweis” liefern kann, den eine Polizeiermittlung fordern würde. Doch statt sich wenigstens eine von denen als mögliches Ende der Geschichte zu wählen, bleibt hier weiterhin alles offen, und die Entscheidung für ein Ende wird auf den Leser geschoben. Und das finde ich eben ein bisschen schwach: die Autoren hätten sich aus meiner Sicht besser für eine der Varianten entscheiden sollen, gegebenenfalls mit textlichen Hinweisen (das Dossier hätte ja unverändert behalten werden können), und somit Stellung beziehen müssen. Die Entschuldigung im Anhang, man hätte quasi Niemandem vor den Kopf stoßen wollen, klingt da eher wie eine Ausrede. Schließlich ist dieses Buch, bei allem „wahren” Hintergrund, durchaus ein Werk der Fiktion, mit den intimen Gesprächen der Wanderer oder den Details aus der Mordermittlung — die sind ja auf jeden Fall erdacht. Und wenn die gewählte Variante nicht alle bekannten Details zu erklären vermocht hätte: man hätte ja elegant etwas weglassen können, zumal im Anhang an einigen Beispielen gezeigt wird, das mehrere „Fakten” im Nachhinein keine sind. Zumal man durchaus annehmen darf, dass die wissenschaftliche Forschung heute, 65 Jahre später, durchaus weiter ist als damals, sodass neue Erklärungsansätze tragfähig sind. Denn in der Nachkriegszeit und auch noch bis in die sechziger Jahre hinein, war die Wissenschaft sicherlich an die Forderung nach Fortschritt und Neuentdeckungen gebunden — und das bedeutete doch hauptsächlich, dass in Bereichen geforscht worden ist, die Gewinne abzuwerfen versprachen. Und das im Osten wie im Westen gleichermaßen. Heute können sich die Forscher dann auch mal hobbymäßig einem Mysterium widmen — 1959 sicherlich undenkbar. Und bei allem Für und Wider bleibt dann ja immer noch die dichterische Freiheit. Das ist meine Meinung.

Stattdessen präsentieren uns Mayen und Jandro hier einerseits die Mordermittlung, die einen Monat später beginnt, und weitestgehend im dunklen tappt. Und andererseits die Wanderung selbst — bis zum entscheidenden Ereignis, das eben nicht gezeigt wird, sodass der Ende des Buches eher die Verschwörungstheoretiker bedient, als die Wahrheitssuchenden. Das war so nicht beabsichtigt (sagen die Autoren), doch das ist es, wie das Buch auf mich gewirkt hat.

Dabei ist die Geschichte (oder sind die zwei Geschichten) durchaus stringent erzählt, gut choreografiert und angenehm zu lesen. Natürlich finden wir hier die üblichen Stereotypen wieder (KGB, Polizeistaat, Korruption, mögliche Vertuschungen, Spitzelei und Denunziation), und man möchte vielleicht sagen: oh, bitte, nicht schon wieder. Aber andererseits gehört dies bei einer Geschichte, die im Jahr 1959 in der UdSSR spielt, eben dazu. Ohne diese Details wäre es nicht stimmig — das ist sicherlich kein Vorurteil, sondern Geschichte. Was ich aber zum Beispiel auch vermisst habe, ist eine Erklärung, warum der Berg, an dem das eigentliche Unglück geschah, nur „Berg 1079” heißt, währen der Pass den Namen einer der Bergwanderer trägt? Ein Zufall? Wurde der Pass nachträglich nach dem Führer der Gruppe benannt? Wäre interessant gewesen, das zu erfahren.

Cédric Mayen kennen wir hier in Deutschland noch nicht, in Frankreich ist er seit ca. 2017 tätig und hat dort vornehmlich Szenarien im Bereich der Fantasy und der Jugendcomics geschrieben, aber auch eine Doku über die Michelin-Brüder, und neuerdings sogar einen Western.

Auch die Zeichnungen kann man nur als gelungen bezeichnen, sie bringen die Charaktere und die Handlung voll zur Geltung. Und die etwas düstere Kolorierung gibt ihr Übriges dazu. Alejandro Gonzáles ist ebenfalls noch nicht lange im Geschäft, dies ist seine dritte Arbeit im Bereich der Comics, vorher hat er für die Werbung und den Zeichentrick gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt bisher bei historischen Stoffen bzw. Krimis, die er in einem realistischen Stil zeichnet — und im vorliegenden Band finden wir quasi eine Mischung aus beidem.

Für Freunde von historischen Stoffen, Mystery und einfach guter Unterhaltung, ist dieser Band durchaus zu empfehlen, auch wenn er am Ende (meiner Meinung nach) ein wenig schwächelt.



Fazit:

Eine gute Umsetzung dieses inzwischen 65 Jahre alten Mysteriums um das Verschwinden bzw. den ungeklärten (und teilweise schwer erklärbaren) Tod einer Gruppe junger Bergwanderer in der UdSSR des kalten Krieges — das es inzwischen bereits in den Fokus von Verschwörungstheorien geschafft hat. Die Autoren gehen seriös mit dem Stoff um, die Zeichnungen sind gelungen, das abschließende Dossier ist sehr erhellend — doch für meinen Geschmack hätten die Autoren bezüglich der Auflösung ein bisschen mehr Stellung beziehen sollen. Trotzdem sollte man dem Buch eine Chance geben.



Das Unglück am Djatlow-Pass - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Das Unglück am Djatlow-Pass

Autor der Besprechung:
Uwe Roth

Verlag:
Splitter Verlag

Preis:
€ 25,00

ISBN 10:
3987213833

ISBN 13:
978-3987213830

104 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Gute Umsetzung dieses Mysteriums in die Comicform.
Negativ aufgefallen
  • Das Ende bleibt zu mysteriös - obwohl es inzwischen Erklärungsansätze gibt.
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(13 Stimmen)
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Rezension vom: 27.07.2024
Kategorie: Alben
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