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Comic-Besprechung - Harlem
Geschichten:Harlem
Autor und Zeichner: Mikaël
Übersetzerin: Tanja Krämling
Story:
Die schwarze Unterweltskönigin Stefanie „Queenie” St. Clair hat in den 1930er Jahren das Monopol auf das illegale Wettgeschäft im New Yorker Stadtteil Harlem. Doch sowohl die existierenden weißen Mafiagruppen, meist Iren, die korrupte Polizei des Viertels, als auch nachstrebende neue Organisationen wie die italienische Cosa Nostra machen Ihr zu schaffen und bedrängen sie in Ihrer Position. Und als dann der neue jüdische Gangster Dutch Schultz auf den Plan tritt, eskalieren die Ereignisse im vorher so sicher scheinenden Revier der Wettkönigin mit französischen Wurzeln. Doch sie weiß sich zu wehren, auch wenn sie mit ihrer zuweilen sturen Haltung selbst in den eigenen Reihen auf Widerstand stößt. Ein Mafiathriller mit historischem Hintergrund.
Meinung:
Mikaël, der seine Karriere im Jahr 2001 mit Jugendcomics begann, wechselte nach einigen Jahren in das Erwachsenengenre, und hat seitdem eine Reihe von Werken ganz unterschiedlichen Inhalts veröffentlicht, überwiegend, wie im vorliegenden Fall, Zweiteiler. Das reicht von einem düsteren Western bis zu einer Kriegsgeschichte aus dem zweiten Weltkrieg, und nach „Giants”, einer Geschichte über den Hochhausbau in New York in den 30er Jahren, hat er mit „Harlem” zum zweiten Mal eben dieses Setting gewählt.
Die Handlung basiert auf einem historisch wahren Hintergrund, die Figur der Stefanie St. Clair hat wirklich existiert, und Dutch Schultz und Lucky Luciano natürlich auch. Auch die Situation des illegalen Wettgeschäfts, deren „Erfinderin” Madame St. Claire war, sowie ihr Wohnort in Harlem Heights sind historisch belegt. Hierauf basierend, schafft es der Autor, uns mit einer interessanten und spannenden Geschichte zu unterhalten, die er aus der Sicht eines Außenseiters erzählt, nämlich des weißen Reporters Robert Bishop, der als Liebhaber einer von St. Clairs Freundinnen Zugang zu dieser ansonsten hermetisch verschlossenen Unterwelt erhalten hat. Das erinnert mich ein wenig an die klassischen Abenteuerromane des 19. Jahrhunderts von Stevenson, Defoe oder Karl May, wo dem Text immer als Einführung eine Rahmengeschichte vorangestellt wurde nach dem Schema: „Dies stammt aus dem Tagebuch von… und basiert auf einer wahren Begebenheit”, weil dies das Publikum so verlangte — rein „erfundene” Geschichten galten als Unsinn (weshalb meiner Meinung nach die seit einiger Zeit gärende Diskussion um die „Unglaubwürdigkeit” Karl Mays am Thema vorbei geht: es hätte damals die Leser schockieren können, dass er selbst trotz Ich-Erzählung nie in Amerika war, aber für die heutige Rezeption ist das doch wohl nicht mehr aktuell, finde ich). Hier allerdings ist es nicht so explizit verwendet wie bei den oben genannten Klassikern, es ist eher ein interessanter Kniff, um immer wieder ein wenig Distanz zur Erzählung zu schaffen. Denn bei allem Drama und aller Ungerechtigkeit ihr gegenüber vergisst man so vielleicht doch nicht so schnell, dass die Hauptperson eine Verbrecherin ist, die eben genau die Ärmsten aus ihrem eigenen Viertel um die letzten Ersparnisse gebracht hat.
Die Geschichte ist als typische Mafiastory mit genau den Zutaten gewürzt, die man erwarten kann — eben da sie auch historisch belegt sind, als wären: Rassenhass, Gangsterkriege, Prohibition, Polizeikorruption und -willkür. Und immer wieder taucht der Jazz als Element auf, das mal die Handlung unterstützt, mal konterkariert, und wer diese Art von Musik kennt, hat vielleicht wie ich beim Umblättern das eine oder andere Mal einen der Klassiker im Ohr.
Die Zeichnungen sind in einem realistischen Stil ausgeführt, manchmal ein bisschen eckig, aber immer auf den Punkt gebracht, und Mikaël arbeitet viel mit Schatten, was zusammen mit der meist düsteren Farbgebung ein bisschen an die bekannten Mafiaverfilmungen erinnert. Die vereinzelt eingebauten Traum- bzw. Erinnerungssequenzen kontrastieren dagegen sehr schön in ihren Blautönen mit den eingestreuten gelben Einsprengseln. Auch optisch ist das Buch also schön aufgemacht und hat mir sehr gefallen.
Am Ende dieses Doppelbandes spendiert uns der Verlag einen 16-seitigen Bonusteil mit Skizzen und Charakterstudien als Bleistiftskizzen, aber zum Glück auch mit dem sehr gelungenen Cover des zweiten Teils — das Cover von Teil eins wurde ja bereits für den Umschlag verwendet.
Fazit:
Eine interessante und spannende Mafiageschichte aus dem New York der 1930er Jahre, diesmal aus der Sicht der schwarzen Gangster in Harlem, einer Gruppe, die in den bekannten Mafiafilmen eher als Nebenbemerkung abgehandelt wurde. Der Autor baut seinen Plot auf historischen Personen und Begebenheiten auf, und packt das gesamte Setting auch zeichnerisch in das passende Ambiente. Als Genrewerk erfährt der Leser, wie zu erwarten, natürlich keine absoluten Neuheiten mehr, trotzdem weiß die Story nicht zuletzt aufgrund der originellen Ausgangsidee, zu unterhalten. Für Fans des Genres ganz sicher zu empfehlen, doch auch, wer sich einfach für diesen Abschnitt der amerikanischen Geschichte interessiert, wird einiges Interessante erfahren.

Harlem
Autor der Besprechung:
Uwe Roth
Verlag:
Splitter Verlag
Preis:
€ 25,00
ISBN 10:
3987210524
ISBN 13:
978-3987210525
128 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

- Originelle Ausgangssituation, die so noch nicht gezeigt wurde.
- Das Ambiente der 30er Jahre wird gut eingefangen.
- Nicht nur für Fans des Mafia.Genres zu empfehlen.


Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
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Rezension vom: | 05.10.2023 | ||||||
Kategorie: | Alben | ||||||
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